La forza del destino” by Giuseppe Verdi libretto (German)

Personen

Marchese von Calatrava (Bass)
Leonora de Vargas; seine Tochter; (Sopran)
Don Carlo de Vargas; sein Sohn; (Bariton)
Alvaro; Inkaspross (Mestize); (Tenor)
Preziosilla; eine junge Zigeunerin; (Mezzosopran)
Pater Guardiano; Franziskanermönch; (Bass)
Fra Melitone; Franziskanermönch; (Bariton)
Curra; Leonoras Kammerzofe; (Sopran)
Ein Alkalde; (Bass)
Mastro Trabuco; Maultiertreiber; später Hausierer; (Tenor)
Ein Chirurg; im spanischen Heer; (Tenor)
Maultiertreiber, spanische und italienische Landleute, spanische und italienische Soldaten, Ordonnanzen, italienische Rekruten, Franziskanermönche, Greise, Kinder, Bettler. Spanisches und italienisches Landvolk, Marketenderinnen, Bettlerinnen. (Chor)
Wirt, Wirtin, Bediente der Schenke, Maultiertreiber, spanische und italienische Soldaten aller Waffengattungen, Trommler, Trompeter, Landvolk und Kinder, ein Seiltänzer, Hausierer.

Ouvertüre

ERSTER AKT

Sevilla

Ein getäfelter Saal im Geschmack des 18. Jahrhunderts
mit Damasttapete, Familienbildern, Wappen; alles ist in
nachlässigem Zustand. Im Hintergrund zwei Fenster,
das linke ist geschlossen, das rechte, offene, eine
Balkontür, durch die man den Mond am klaren
Nachthimmel sieht, der die Baumwipfel in sein helles
Licht taucht. Zwischen den Fenstern ein großer
geschlossener Schrank, der Kleider, Wäsche, usw.
enthält. An den Seiten je zwei Türen.
(Der Marchese von Calatrava, eine Leuchte in der
Hand, will Leonora, die einen nervösen Eindruck macht,
gute Nacht sagen. Curra tritt von links ein.)


MARCHESE
Gute Nacht, Leonora... Begib dich zur Ruhe.
Warum steht diese Tür noch auf?
(Er schließt die Tür.)

LEONORA (für sich)
Mir ist so bang!

MARCHESE
Warum sagst du kein Wort?
Weshalb so traurig?

LEONORA
Vater... Verzeih...

MARCHESE
Im Frieden dieser Auen
Wirst du dein Leid vergessen!
Du weißt, daß dieser Fremde deiner unwert...
Schenk Vertrauen dem Vater, der heiß dich liebt;
Leg dein Geschick ohne Sorge in meine Hände!

LEONORA
Mein Vater!...

MARCHESE
Mein Kind, was quält dich? Nicht weinen!

LEONORA (fürsich)
Diese Qualen!

MARCHESE
Leonora...

LEONORA
(wirft sich impulsiv in die Arme ihres Vaters)
Geliebter Vater!

MARCHESE
Möge dich Gott behüten.
Schlaf wohl, mein Kind.

LEONORA
Mein Vater...
(Der Marchese nimmt den Leuchter und geht in seine
Gemächer. Curra schließt hinter ihm die Tür und kehrt zu
Leonora zurück, die weinend in den Sessel gesunken ist.)


CURRA
Ich glaubte schon, er bliebe hier bis morgen!
Rasch die Tür wieder auf...
Nun kann er kommen. Dann fliehen wir.
(Sie nimmt aus dem Schrank eine Reisetasche und
verstaut darin Kleider und Wäsche.)

LEONORA
Warum kann denn mein Vater
Den Wunsch meines Herzens nicht begreifen?
O Gott, was soll ich denn nur tun?

CURRA
Was sagst du?

LEONORA
Jedes Wort, das er sprach,
Hat wie ein Dolchstoß mein Herz durchbohrt...
Wär er geblieben,
ich hätt es ihm gesagt...

CURRA (von ihrer Arbeit ablassend)
Und morgen läg in seinem Blute
der edle Don Alvaro,
oder man brächt ihn in den Kerker
und hängt ihn am Galgen auf.

LEONORA
Schweige!

CURRA
Und dieses alles,
weil er ein Weib geliebt, das ihn nicht liebte.

LEONORA
Ich ihn nicht lieben!?
Willst du daran zweifeln?
Heimat, Familie, Vater,
Kann mehr ich für ihn opfern?
Ich Ärmste! Gott allein kennt meine Leiden!
Bald werd ich fern der Heimat sein,
Muß sie für immer meiden,
Der gnadenlose Schicksalsruf der Liebe
Zwingt mich zu scheiden...
Traurig wird jeder Tag vergehn;
Und wird mein Herz verzagen,
Wer hilft mir dann, der Seele Last,
Die Qual der Reue zu ertragen? usw.
Leb wohl, mit Tränen scheide ich,
Geliebte Heimat, auf ewig!
Nie wird meine heiße Sehnsucht
Nach dir vergehn.
Teure geliebte Heimat, leb' ewig wohl!

CURRA
Kannst du mir denn nicht helfen!? Bald ist er da.

LEONORA
Wenn er nicht käme?
(sieht auf die Uhr.)
So spät schon! Mitternacht ist vorüber!
(beglückt)
Nein, nein! Er kommt nicht mehr!...

CURRA
Hörst du nichts kommen?
Sie sind unten am Tore!

LEONORA
Er ist es!

CURRA
War ich doch sicher, er würde kommen!

LEONORA
O Himmel!

CURRA
Nur keine Angst!
(Don Alvaro tritt vom Balkon her ein und eilt in
Leonoras Arme.)


DON ALVARO
Ach, auf ewig. holder Engel,
Sind wir beide nun verbunden,
Und die seligste der Stunden
Füllt mit Jubel mir das Herz.

LEONORA
Don Alvaro!

DON ALVARO
Gott. du zitterst ja!

LEONORA
Schon naht der Morgen.

DON ALVARO
Tausend Hindernisse
Gab's zu überwinden,
Deshalb komme ich so spät.
Soll die Liebe uns verbinden,
Laß ich nie die Hoffnung schwinden,

Daß Gott selbst in seiner Gnade,
Kehrt in Freude alles Leid.
(zu Curra)
Wirf die Kleider in den Garten! Schnell doch!

LEONORA (zu Curra)
Nein. warte!

DON ALVARO (zu Curra)
Nein. rasch...
(zu Leonora)
Folge mir,
Flieh mit mir aus diesem Kerker.

LEONORA
Ach, ich wag es nicht zu tun!

DON ALVARO
Zwei schnelle Pferde tragen uns fort von hier;
Bringen uns sicher in fremde Lande.
Dort wird ein Priester uns bald vereinen,
Und Gottes Gnade segne den Bund.
Wenn dann die Sonne, einst Perus Gottheit,
Die meine Ahnen gläubig verehrten,
Mit ihrem Glanze die Welt erleuchtet,
Sieht sie uns beide selig vereint.

LEONORA
Es ist so spät schon.

DON ALVARO (zu Curra)
Du mußt dich eilen!

LEONORA (zu Curra)
Wart noch ein wenig.

DON ALVARO
Ach, Leonora.

LEONORA
Bis morgen...

DON ALVARO
Was sagst du?

LEONORA
Hör meine Bitte.

DON ALVARO
Weshalb?

LEONORA
Und morgen flieh ich mit dir.
Eh wir auf immer von hier entfliehen,
Möcht ich den Vater noch einmal sehen;
Du wirst die Bitte mir gern gewähren!
Ja, denn du liebst mich... Du mußt mich hören...
Alvaro, du weißt, ich lieb dich von Herzen
Und bin so glücklich, unendlich glücklich...
Freude erfüllt mir das Herz. Wir bleiben...
Ja, mein Alvaro, ich lieb dich!
(Tränen ersticken ihre Stimme.)

DON ALVARO
Du fühlst im Herzen Freude und weinst dabei?
Ist dir vor Freude die Hand so grabeskalt?,
Alles versteh ich! Alles, mein Fräulein...

LEONORA
Alvaro! Alvaro!

DON ALVARO
Leonora... Ich weiß es zu ertragen!
Daß aus Mitleid du mit mir gingst,
Das möge Gott verhüten! Nimm deine Freiheit...
Denn die Hochzeitsfackeln,
Sie leuchteten uns beiden nur zum Tode...
Wenn du, wie ich, nicht liebtest und bereutest . .

LEONORA
Ich bin die Deine, Alvaro,
Ich bin dein fürs ganze Leben!
Ja! Mit dir, Geliebter, gehe ich
Bis an der Welten Ende,
Mit dir vereint ertrage ich,
Was auch das Schicksal sende;
Denn dir gilt meine Liebe.
Auf ewig bin ich dein!
Es scheidet unsre Liebe ja nur der Tod allein.

DON ALVARO
Bin dein für alle Ewigkeit,
Nur dir gehört mein Leben!
Und bis zum letzten Atemzug
Würd ich es für dich geben!
Mein einzig Glück auf dieser Welt
Wird Leonora sein!
Es scheidet unsre Liebe
Ja nur der Tod allein!
(Sie eilen zum Balkon. Man hört das Öffnen und
Schließen von Türen.)


LEONORA
Welch ein Geräusch?

CURRA (lauscht)
's ist jemand auf der Treppe!

DON ALVARO
Schnell fort!

LEONORA
Schnell fort!

DON ALVARO und
LEONORA
Es scheidet unsre Liebe
Ja nur der Tod allein!

LEONORA
Zu spät!

DON ALVARO
Bewahre nur die Ruhe!

CURRA
Heil'ge Jungfrau!

LEONORA (zu Alvaro)
Verbirg dich dort!

DON ALVARO (eine Pistole ziehend)
Nein! Ich muß dich jetzt verteidigen.

LEONORA
Nicht mit der Waffe...
Willst du meinen Vater erschießen?

DON ALVARO
Nein, eher mich selber...

LEONORA
Alvaro!
(Nach mehrmaligem heftigen Klopfen tritt der
Marchese von Calatrava wütend mit gezogenem Degen
ein; ihm folgen zwei Diener mit Leuchtern.)


MARCHESE
Schändlicher Lump! Und du, du Dirne!

LEONORA (sich ihm zu Füßen werfend)
O hör, mein Vater . .

MARCHESE
Der bin ich nicht mehr...

DON ALVARO (zum Marchese)
Nur ich bin der Schuldige, hier steh ich!
(ihm die Brust darbietend)
Nun, so rächt Euch doch!

MARCHESE (zu Don Alvaro)
Ich will Euch gleich beweisen,
Wie man den Mann behandeln muß,
Der mir das Haus besudelt!

DON ALVARO
Was soll das heißen?

MARCHESE (zu Leonora)
Fort mit dir...
(zu den Bedienten)
Ergreift den Lumpen!

DON ALVARO (erneut die Pistole ziehend)
Wehe dem, der mir zu nah kommt ...

LEONORA (stürzt auf ihn zu)
Alvaro, Gott, halt ein!

DON ALVARO (zum Marchese)
Ihr allein dürft mich töten.

MARCHESE
Den Tod von diesen Händen?
Am Galgen durch des Henkers Hand
Wirst du dein Leben enden!

DON ALVARO
Marchese von Calatrava!
Rein, wie es Gottes Engel sind,
Ist Euer Kind, das schwör ich!
Ich nur bin schuldig.
Und wagt Ihr, an meinen Worten zu zweifeln,
So biet ich Euch mein Leben. Seht, ich bin wehrlos...
(Er wirft die Pistole weg, wobei sich beim Aufschlag
auf den Boden ein Schuß löst, der den Marchese
tödlich verwundet.)


MARCHESE
Ich sterbe!

DON ALVARO (verzweifelt)
Wahnsinn des Schicksals!

LEONORA (eiltzu ihrem Vater)
Zu Hilfe!

MARCHESE (zu Leonora)
Faß mich nicht an...
Entweih mit deiner Nähe nicht mein Sterben.

LEONORA
Vater!

MARCHESE
Du sollst verflucht sein!
(Er bricht in den Armen der Diener zusammen.)

LEONORA
Himmel, erbarm dich!

DON ALVARO
O Grauen!
(Die Diener tragen den Marchese in seine Gemächer,
während Don Alvaro die unglückliche Leonora mit sich
auf den Balkon zieht.)


ZWEITER AKT

Erste Szene

Das Dorf Hornachuelos
Große Küche einer Schenke zu ebener Erde. Seitwärts
ein gedeckter Tisch, auf dem eine Lampe brennt.

(Der Wirt und dessen Frau sind eifrig beschäftigt, das
Essen zu richten. Der Alkalde sitzt am Feuer, ein
Student am Tisch. Einige Maultiertreiber, darunter
Mastro Trabuco, Bauern und Bäuerinnen.)


CHOR
Holla! Für heute ist's genug!
Laßt alle Arbeit ruhn!
Erholt euch hier beim Wein,
Und fröhlich wolln wir sein.
Wir haben endlich Ruhe!
Die Tiere sind im Stall.
(Die Wirtin setzt eine große Suppenschüssel auf den
Tisch.)

ALKALDE (setzt sich an den Tisch)
Nun kommt zum Essen!

ALLE (nehmen am Tisch Platz)
Zum Essen!

DON CARLO (für sich)
Ich finde weder Schwester noch Verführer...
Schändliche!

CHOR (zum Alkalden)
Der Alkalde soll erst beten.

ALKALDE
Der Herr da kann es besser!

DON CARLO
Meinetwegen...
In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti.

CHOR (setzen sich hin)
Amen.

LEONORA
(erscheint ängstlich in der halboffenen Türe des
Zimmers zur Rechten)
Er ist es! Ja! Mein Bruder!
(Sie geht. Die Wirtin hat inzwischen den Reis ausgeteilt
und setzt sich ebenfalls. Später wird ein anderes
Gericht aufgetragen. Trabuco hält sich abseits, immer
auf seinem Sattel hockend.)


ALKALDE (kostet)
Schmeckt's Euch?

DON CARLO (ißt)
Ausgezeichnet .

CHOR
Es will sagen: ,.Friß mich doch!"

DON CARLO (zur Wirtin)
Tu das epulis accumbere Divum.

ALKALDE
Latein kann sie gar nicht, aber sie kann kochen!

DON CARLO
Bravo die Köchin!

ALLE
Sie lebe!

DON CARLO
Und Ihr, Mastro Trabuco?:

TRABUCO
Ich esse nichts!

DON CARLO
Ihr fastet?

TRABUCO
So ist es.

DON CARLO
Und was ist mit dem Burschen, den Ihr brachtet?
(Preziosilla kommt mit tänze linden Schritten herein.)

PREZIOSILLA
Kampf allerwege!

ALLE
Preziosilla!

DON CARLO und
CHOR
Komm doch zu mir!

ALLE
Du sollst die Zukunft uns prophezein!

PREZIOSILLA
Wer strebt nach Ruhm und Ehren?

ALLE
Jeder von uns.

PREZIOSILLA
Dann macht euch auf und geht nach Italien, wo die
Flammen des Krieges heftig entbrannten.

ALLE
Tod den Deutschen!

PREZIOSILLA
Ewige Geißel Italiens und seiner Väter.

ALLE
Wir sind dabei!

PREZIOSILLA
Ich ziehe auch mit euch!

ALLE
Er lebe!

PREZIOSILLA
Es wirbelt die Trommel,
Es stampfen die Pferde,
Es speien Kartaunen Verderben und Tod!
Wie schlägt dem Soldaten
Im Kampfe das Herz!
Wie herrlich zu siegen!
Es lebe der Krieg!
Es lebe der Krieg!

ALLE
Es lebe der Krieg!

PREZIOSILLA (wendet sich von einem zum andern)
Mir sagt deine Hand:
Du wirst bald Korporal;
Du Hauptmann, du Oberst,
und du General!
Dann braucht ihr euch nach Schönen
Nicht länger zu sehnen,
Sie kommen in Scharen,
Dann habt ihr die Wahl!
Wie herrlich zu siegen!

ALLE
Es lebe der Krieg! Er lebe!

DON CARLO (hält Preziosilla die Hand hin)
Was hält das Glück bereit für den Studenten?

PREZIOSILLA (seine Hand lesend)
Du bist ein Unglückskind, dir geht es schlecht...

DON CARLO
Was sagst du?

PREZIOSILLA (ihn forschend ansehend)
Ich gaukle dir nichts vor.
(dann, leise)
Doch du, das sehe ich,
Bist kein Student...
Doch keine Sorge, nein, nein, nein,
Ich bin verschwiegen!
Denn mir ist das vollkommen gleich,
Ob du ein Bettler oder reich,
Tra la la la!

ALLE
Es lebe der Krieg, usw.
(Pilger nahen und überschreiten die Szene.)

CHOR DER PILGER (aus der Ferne)
Ewiger Vater und Gott,
Erbarme dich!
Erbarme dich!
Sohn des Vaters, o Gott,
Heiliger Geist,

Erbarme dich!
Heilige Dreifaltigkeit,
Erbarme dich!

ALLE (sich erhebend, ihre Hüte abnehmend)
Wer kommt da?

ALKALDE
Es sind die Pilger, sie ziehn zum Jubiläum.

LEONORA (immer noch an der Tür)
Könnt ich nur fliehen!

DON CARLO und MAULTIERTREIBER
Wir lassen sie vorbeiziehn.

ALKALDE
Wir beten mit!

ALLE
Wir beten mit!
(Sie stehen vom Tisch auf und knien nieder.)
Auf Knien flehen wir dich an:
Erhalt uns deine Gnade!
Und vor der Hölle Qualen
Bewahre uns voll Huld, o Gott!
Erbarme dich!

LEONORA (für sich)
Errett mich aus des Bruders Hand.
Hilf mir, erbarme dich, rette mich
Vor dem Bruder, er trachtet mir nach dem Leben,
Errette mich! Erbarmen!
Erbarme dich!

(Leonora zieht sich in ihr Zimmer zurück und schließt
die Tür. Alle nehmen ihre Plätze am Tisch wieder ein.
Eine Flasche wird herumgereicht.)


DON CARLO
Freunde, nun laßt uns wieder trinken!

ALLE
Bravo!

DON CARLO (hebt sein Glas)
Jetzt wird gelebt! Die Ewigkeit hat Zeit!

ALLE (einander zutrinkend)
Halleluja.

DON CARLO
Ist Trabuco schon im Himmel?

TRABUCO
Mir scheint, hier ist die Hölle!

DON CARLO
Und jenes junge Herrchen, das Ihr führtet,
Reiste zum Jubiläum?

TRABUCO
Vielleicht.

DON CARLO
Nun sagt, ist's ein Hähnchen oder Hühnchen?

TRABUCO
Kümmert mich das? Ein jeder zählt das gleiche!

DON CARLO
Sehr philosophisch!
(wendet sich an den Alkalden)
Und Ihr, was meint Ihr von dem Herrchen?
Warum ißt er nicht mit?

ALKALDE
Ich weiß nicht.

DON CARLO
Er verlangte Wasser nur und Essig,
Ha, ha, sich zu erfrischen .

ALKALDE
Mag sein.

DON CARLO
Ist's wahr, daß er hübsch
und ohne Bart ist?

ALKALDE
Gab nicht Obacht.

DON CARLO (für sich)
Bring nichts heraus!
(zu Trabuco)
Nur noch ein Wort:
Saß der Herr seitwärts
Oder rittlings auf dem Maultier?

TRABUCO (die Geduld verlierend)
Ach, geht doch!

DON CARLO
Sagt, woher kam er?

TRABUCO
Ich weiß nur:
ich bin bald im Paradiese.

DON CARLO
Warum?

TRABUCO
Weil mich schon das Fegefeuer brennt...

DON CARLO
Wo wollt Ihr hin?

TRABUCO
In den Stall; ich will schlafen bei den Tieren,
die verstehn nicht lateinisch
und lassen mich in Frieden.
(Die Vorigen ohne Trabuco.)

ALLE
Haha! Er verschwindet!

DON CARLO
Weil dem Fremden der Schnurrbart fehlt,
will ich ihm mit Farbe einen malen.
Da gibt es was zu lachen!

ALLE
Bravo, bravo!

ALKALDE
Die Fremden stehn in meinem Schutz! Ich verbiet es!
Dürfte ich wohl erfahren,
wo du herkommst,
wo du hinwillst und wie dein Name?

DON CARLO
Ist es nur das? Gern will ich euch berichten.
Don Pereda, so lautet mein Name,
Ich studierte in Salamanca,
Und ich wäre längst schon Doktor beider Rechte,
Hätt in Salamanca ich mein Studium beendet.
Doch ich lernte Don Vargas dort kennen,
Und er lud nach Sevilla mich ein.
So verließ ich mit ihm Salamanca;
Wir beschlossen, treue Freunde zu sein.
Doch ein fremder Galan seiner Schwester
Tötete den Vater, als er sie entführte,
Und Don Vargas, ein Jüngling von Ehre,
War zur Rache entschlossen...
Bis nach Cadiz verfolgten wir die beiden,
Doch entkommen waren Schwester und Galan.
Tief zu Herzen ging mir des Freundes Leiden,
Denn wie ein Bruder war ich ihm zugetan.
Später hörte der Freund, seine Schwester
Sei zugleich mit dem Vater gestorben,
Und nach heftigem Kampf mit den Dienern,
Sei der Fremde im Dunkel entflohen.
Doch Don Vargas, er schwor, ihn zu finden,
Und so trennte die Freunde das Geschick.
Nach Amerika verfolgte er den Frevler,
Ich aber kehrte zum Studium zurück.

ALLE
Wahrlich, schaurig ist diese Ballade.
Solche Freundschaft belohne das Glück.

ALKALDE
Zum Wohlsein!

PREZIOSILLA (schroff)
Ermordet ward der Marchese?

DON CARLO
Nun ....

PREZIOSILLA
Und der Mörder entführte die Tochter?

DON CARLO
Ja.

PREZIOSILLA
Und mit dem Freunde zogst du nach Cadiz,
Um ihn zu suchen, doch erst nach Sevilla?
Das mag dir glauben, wer es will! Doch keine Sorge,
Ich bin still... Tra la la la!
(Alkalde erhebt sich und sieht auf die Uhr.)

ALKALDE
's ist spät, ihr Leute; da ihr nun gespeist habt, sagt
euer Dankgebet! Dann zu Bett!

PREZIOSILLA,
DON CARLO und
CHOR
Wir gehen! Gehn wir schlafen.
Gute Nacht! Gute Nacht!

ALLE
Gehn wir. Seid fröhlich, Mautiertreiber!
Es ist die Stunde der Ruhe.

DON CARLO
Ich bin Don Pereda, so lautet mein Name, usw.

ALKALDE
Zum Wohlsein!

PREZIOSILLA
Ha-ha-ha! Das mag dir glauben, wer es will!
Doch keine Sorge, ich bin still...

ALLE
Gute Nacht! Wir gehen!

Zweite Szene

Umgebung von Hornachuelos
Kleiner ebener Platz am Abhang eines steilen Gebirges.
Rechts Abgründe und Felsen, im Hintergrund die
Fassade der Kirche „Madonna degli Angeli", links die
Klosterpforte. Heller Mondschein beleuchtet die Szene.

(Leonora tritt ein; sie trägt Männerkleidung.)

LEONORA
Am Ziele! Dank dem Himmel!
Der letzte Zufluchtsort ist dies. Ach endlich!
Ich zittre...
Von meinem düstren Schicksal erfuhren
viele Leute, mein eigner Bruder erzählt es!...
Ob er mich wohl erkannte? Himmel! Mein Bruder
sagte, Alvaro habe sich gerettet!
Er ist entkommen in der Nacht, da ich selber,
ich, mit Vaterblut befleckt die Hände,
auf der Flucht ihn verloren!
Alvaro lebt noch, verließ und vergaß mich!
Weh mir! Mein Herz will mir versagen!
(Sie fällt auf die Knie.)

Jungfrau Maria, gnadenreich,
Vergib mir meine Sünden,
Verbann aus meinem Herzen
Des Undankbaren Bild.
In dieser stillen Einsamkeit
Laß meine Schuld mich söhnen...
Mein Gott und Herr, erbarm dich mein,
Erbarm dich gnädig meiner Not!
(Man hört eine Orgel den Morgengesang der Mönche
begleiten.)
Der feierliche Chorgesang...
(erhebt sich)
Der Orgel sanfte Klänge,
Sie steigen auf zum Himmel,
Wie des Weihrauchs heilge Düfte,
Sie schenken meiner Seele
Glauben und Trost und Frieden!

CHOR DER
MÖNCHE (von innen)
Venite, adoremus er procedamus ante Deum,
Ploremus, ploremus coram Domino, coram
Domino qui fecit nos.


LEONORA (sie tritt ab )
Ob ich wohl schon wagen kann,
Zu dieser frühen Stunde?
Doch folgt vielleicht mein Bruder mir.
O arme Leonora, zagst du?
Vertrau dem Diener Gottes hier, er weist dich nicht
zurück, nein...
Mein Gott und Herr, erbarm dich meiner Qual, Gott,
Steh mir bei! Erbarm dich mein!

MÖNCHE
Ploremus, ploremus coram Domino qui fecit nos.
(Leonora zieht an der Glocke des Klosters. Das
Fensterchen in der Tür geht auf. Lichtschein fällt auf
Leonoras Gesicht, die erschrocken stehen bleibt. Fra
Melitone spricht immer von innen.)


MELITONE
Wer seid Ihr?

LEONORA
Meldet mich dem Prior.

MELITONE
Kommt Ihr zum Jubiläum?
Um fünf wird erst geöffnet!

LEONORA
Ich will zum Prior! Hört Ihr denn nicht?

MELITONE
Ich höre nie vor fünf Uhr!

LEONORA
Mich sendet Pater Cleto.

MELITONE
Wie, der Heilge! Und weswegen?

LEONORA
Es eilt mir.

MELITONE
Und warum?

LEONORA
Ich brauche Hilfe...

MELITONE
Üble Sache!
Komm herein, ich will öffnen.

LEONORA
Ich darf nicht!

MELITONE
Nicht? Traf Euch der Bann der Kirche?
Nun gut, so macht, was Ihr wollt und wartet draußen.
Ich meld Euch. Komm ich nicht wieder,
Wünsch ich gute Nacht.
(Er schließt das Fensterchen.)

LEONORA
Doch wenn er mich zurückweist?
Rühmt man nicht seine Güte? Bestimmt hilft er auch
Mir. Jungfrau Maria, steh du mir bei!
(Pater Guardiano erscheint zusammen mit Fra
Melitone.)

GUARDIANO
Wer verlangt mich?

LEONORA
Ein Pilger.

GUARDIANO
Sprich denn.

LEONORA
Ein Geheimnis...

GUARDIANO
Entfern dich, Melitone.

MELITONE (im Abgehen, für sich)
's ist ein Geheimnis!
Und nur die Heilgen dürfen alles erfahren!
Die andern sind nicht reif dafür...

GUARDIANO
Was hast du da zu brummeln?

MELITONE
O nichts! Ich bemerkte nur,
Daß die Türen wieder knarren.

GUARDIANO
Geh, gehorche.

MELITONE (für sich)
Das nennt sich nun ein Prior!
(Er geht ins Kloster zurück.)

GUARDIANO
Niemand stört uns. Sprich offen.

LEONORA
Vor Euch steht eine Frau.

GUARDIANO
Eine Frau! Zu dieser Stunde!
Was wollt Ihr?

LEONORA
Ohne Eltern, verlassen, betrogen,
Von der Welt und vom Himmel verstoßen,
Fleh ich weinend Euch an auf den Knien:
Rettet mich vor den Qualen der Hölle!

GUARDIANO
Welche Hilfe erwartet Ihr hier?

LEONORA
Pater Cleto schrieb Euch doch von mir!

GUARDIANO
Sendet er Euch?

LEONORA
Ja.

GUARDIANO (überrascht)
Dann seid Ihr
Also Leonora di Vargas!

LEONORA
Ihr zürnt mir?

GUARDIANO
Nein. Willkommen im Zeichen des Kreuzes.
Nur in ihm findet Frieden die Seele.
(Leonora kniet am Fuß des Kreuzes, küßt es und kehrt
wieder zum Pater Guardiano zurück.)

LEONORA
Leichter trag ich meine Qualen,
Da das Kreuz ich vor mir sehe.
Der Verdammnis düstre Bilder

Schwinden hin in seiner Nähe...
Meinen Augen sind entschwunden
Meines Vaters blutge Wunden,
Nimmer hör ich, wie er sterbend
Seine Tochter laut verflucht.

GUARDIANO
Satans Macht muß hier vergehen,
Der die Gläubigen versucht.

LEONORA
Darum zeigt mir jene Zelle,
Wo vor mir schon andre litten.

GUARDIANO
Wie? Du wüßtest?

LEONORA
Cleto sagt es.

GUARDIANO
Und du wolltest?

LEONORA
Gott mich weihen.

GUARDIANO
Gibst du dich auch keiner Täuschung hin?
Fühlst du morgen nicht schon Reue,
Und die ungebrochne Jugendkraft
Quält die Seele dir aufs neue?

LEONORA
Leichter trag ich meine Qualen, usw.

GUARDIANO
Wehe dem, der sich verleiten läßt!
Kannst du lesen in der Zukunft,
Ob du morgen denkst wie heute?
Dein Geliebter?

LEONORA
Ach, nur durch Zufall
Schoß er meinen Vater tot.

GUARDIANO
Und dein Bruder?

LEONORA
Ach, mein Leben
Ist durch seinen Schwur bedroht!

GUARDIANO
Bessre Zuflucht
Bietet dir gewiß ein Kloster.

LEONORA
Ein Kloster? Nein!
Wenn Ihr mich abweist trotz meiner Reue,
Schrei in den Felsen ich laut um Hilfe.
Dort in der Wildnis finde ich Zuflucht,
Die wilden Tiere verstehn mein Leid.
Herab vom Himmel kam eine Stimme:
„Hier unterm Kreuze findest du Gnade..."
Und Ihr verstoßt mich? Laßt hier mich bleiben!
Wollt Ihr mir rauben den letzten Trost?

GUARDIANO
Preis dir und Ehre, du Allerbarmer,
Schützer der Schwachen, Vater der Armen,

Der du allmächtig über uns thronst,
Dein heilger Wille soll geschehn in Ewigkeit!
Du bist entschlossen?

LEONORA
Entschlossen!

GUARDIANO
So nehme Gott dich auf.

LEONORA
In seiner Güte!

GUARDIANO
Nur ich kenn deinen Namen.
Dort im Fels ist eine Höhle;
Da sollst du wohnen.
Ich bring dir selber dein kärgliches Brot
Zum nahen Quell alle sieben Tage.

LEONORA
So gehn wir.

GUARDIANO (zur Tür gewandt)
Melitone?
(zu Melitone, der erscheint)
Laß alle Brüder mit entflammten Kerzen
Am Hochaltar sich versammeln,
Vor Gottes ew'gem Antlitz dort zu beten...
(Melitone verschwindet.)
Allein wirst du beim Morgenrot
Zur Klause dich begeben,
Doch soll zuvor des Himmels Brot
Dir Seelenstärke geben.

Dann nimm das schlichte Büßerkleid;
Bleibe im Herzen rein.
Zu tragen deine Einsamkeit,
Mög Gott dir Kraft verleihn.
(Er geht ins Kloster und kommt wieder zurück mit einer
Franziskanerkutte über dem Arm, die er Leonora
überreicht.)


LEONORA
Gnade des Himmels
Fleh ich auf mich hernieder!
Vertrauen und Zuversicht
Beleben mich nun wieder!
Schon fühle ich in meiner Brust
Das Leben neu erblühn.
Nun jauchze laut, du Engelschor:
Der Herr hat mir verziehn.
Dank dir, o Herr!

GUARDIANO
Dann nimm das schlichte Büßerkleid, usw.

LEONORA
Nun jauchze laut, du Engelschor:
Der Herr hat mir verziehn, usw.
(Sie gehen in das Pförtnerzimmer. Die breite Kirchentür
geht auf. Man sieht im Hintergrund den erleuchteten
Hochaltar. Orgelklänge ertönen. Vom Chor kommen in
zwei langen Reihen die Mönche mit brennenden
Kerzen. Später Pater Guardiano, hinter ihm Leonora in
Mönchskleidung. Die Mönche bilden einen Halbkreis.
Leonora wirft sich vor Pater Guardiano auf die Knie, er
breitet feierlich die Hände über sie.)


GUARDIANO
Der ew'ge Name des Vaters im Himmel, Er sei
gepriesen.

CHOR
Er sei gepriesen.

GUARDIANO
Ein reuig Herz sucht zur Büßung der Sünden
In der Öde Zuflucht und Frieden.
Die heilge Klause will ich ihm öffnen.
Ihr alle kennt sie.

CHOR
Sie ist bekannt.

GUARDIANO
Ihr dürft der Klause niemals euch nahen!
Wollt ihr's versprechen?

CHOR
Wir bleiben fern.

GUARDIANO
Und auch den Weg,
Der zu ihr hinaufführt, den sollt ihr meiden!

CHOR
Wir meiden ihn.

GUARDIANO
Wer die Verbote schmählich mißachtet,
Wer nach des Fremdlings Geheimnis trachtet
Und seinem Namen, der soll verflucht sein in Ewigkeit!

CHOR
Der soll verflucht sein in Ewigkeit!
Es möge des Himmels Flammenstrahl den Frevler
schlagen, der solch Gebot will zu brechen wagen!
Des stillen Grabes Ruh soll nie er finden,
Und seines Leibes Staub gehör den Winden.
Streut seine Asche in alle Winde.

GUARDIANO (zu Leonora)
Erhebe dich,
Geh zur Klause.
Du siehst hinfort kein lebendes Wesen.
Durch ein Glöckchen gibst du uns Kunde,
Wenn Gefahren dich bedrohen,
Oder sich nahet deine letzte Stunde.

CHOR und
GUARDIANO
An deiner Seite
Sollst du uns dann sehen,
Den letzten Trost
Der Seele zu spenden.

LEONORA
An deiner Seite
Sollst du uns dann sehen,
Den letzten Trost
Der Seele zu spenden.

ALLE
An deiner Seite, usw.
(Leonora küßt Pater Guardianos Hand und geht allein
zur Eremitenklause. Nachdem die Mönche ihre Kerzen
ausgelöscht haben, ziehen sie sich in die Kirche zurück.
Pater Guardiano bleibt an der Pforte stehen; hebt
segnend seine Arme in die Richtung in der Leonora
verschwand.)


DRITTER AKT

Erste Szene

Bei Velletri in Italien
Wald. Tiefdunkle Nacht. Don Alvaro in der Uniform
eines spanischen Grenardierhauptmannes kommt
langsam aus dem Hintergrunde. Von rechts hört man
Stimmen hinter der Szene.


STIMMEN
Beim Spiel gilt Schlauheit, nur Schlauheit...

ERSTE STIMME
Ich hab den Buben!

ZWEITE STIMME
Gewonnen!

ERSTE STIMME
Ich hab die Dame!
Ich den König.

ZWEITE STIMME
Verloren!

DON ALVARO
Mein Dasein ward für mich zur Hölle.
Vergebens wünsch ich mein Ende.
Sevilla! Leonora!
Welch ein Erinnern! O Nacht,
In der mein Glück ich verloren!
Mir gab das Leben nichts als Leiden, nur Unheil!
Es wollte einst mein Vater unsre Heimat

Von fremdem Joch befreien,
Er nahm zum Weib der Inka letzte Tochter.
Nach der Krone trachtete kühn sein Mut.
Es war ein Fehlschlag! Im Gefängnis geboren,
In der Fremde erzogen, leb ich nur, weil niemand
ahnt, daß ich königlicher Abkunft. Meine Eltern!
Sie träumten vom Throne, starben durchs Beil des
Henkers!
Wie lang soll ich das Leben noch ertragen!?
Du darfst im Schoß der Ewigkeit
Oben im Himmel weilen,
Du darfst die höchste Seligkeit
Dort mit den Engeln teilen.
O blick auf mich hernieder,
Geliebte, denke mein, laß mich in meinem Elend,
Meinem Jammer nicht allein!
Nicht ganz verloren sein!
Ich sehne meinen Tod herbei,
Dann endet alle Qual.
Leonora erbarm dich mein, o du mein Engel.
Erbarm dich meiner Not!
Erbarm dich mein!

DON CARLO (hinter der Szene)
Verdammter Schurke!

STIMMEN
Stirb!

DON ALVARO
Welch ein Schreien?

DON CARLO
Zu Hilfe!

DON ALVARO
Ja, ich komme!

STIMMEN
Stirb! Stirb!
(Alvaro eilt nach der Seite, von der die Rufe ertönen;
man hört Degenklirren; einige Offiziere eilen in
regelloser Flucht über die Szene. Don Alvaro kehrt mit
Don Carlo zurück.)


DON ALVARO
Sie fliehn! Seid Ihr verwundet?

DON CARLO
Nein, ich dank Euch mein Leben.

DON ALVARO
Wer waren sie?

DON CARLO
Feige Mörder.

DON ALVARO
Hier dem Lager so nah?

DON CARLO
Ich will's gestehn: ein Streit beim Spiele.

DON ALVARO
Verstehe... Im Haus dort drüben?

DON CARLO
Ja.

DON ALVARO
Doch sagt mir, wie kommt ein Mann von Stande
In eine solche Spelunke?

DON CARLO
Fremd noch bin ich,
kam gestern erst her mit Befehl vom Generale!
Ohne Euch wäre ich tot.
Nun sagt mir: wem verdank ich mein Leben?

DON ALVARO
Dem Zufall . .

DON CARLO
Hört meinen Namen zuvor
(beiseite)
doch nicht den wahren!:
(zu Don Alvaro)
Don Felice de Bornos, Adjutant unsres Herzogs.

DON ALVARO
Ich bin Hauptmann bei den Grenadieren:
Don Federico Herreros.

DON CARLO
Der Stolz des ganzen Heeres!

DON ALVARO
Zu gütig...

DON CARLO
Gewährt mir Eure Freundschaft!
Ich bitte und hoffe.

DON ALVARO
Und ich bin stolz, mich Euren Freund zu nennen!
(Sie reichen sich die Hand.)

DON ALVARO und DON CARLO
Als Freunde sind wir verbunden
Auf ewig, welch Schicksal uns auch droht!
Verbunden fürs ganze Leben;
Es trennt uns nur der Tod!
(Hinter der Szene hört man Rufe und den Klang einer
Trompete.)

CHOR
Zum Kampfe!

DON ALVARO und
DON CARLO
Nun gilt es! Zum Kampfe!

DON CARLO
Euch zur Seite zieh ich in den Kampf,
Um es Euch an Kühnheit gleich zu tun.

DON ALVARO
Werd ich Zeuge von Eurem Mut,
Wird mein Blick voller Stolz auf Euch ruhn.

CHOR
Zum Kampfe!
(Beide eilen fort.)

Zweite Szene

Ein Raum in der Nähe von Velletri
Es ist Morgen. Empfangsraum eines höheren Offiziers
der spanischen Truppen in Italien, unfern Velletri. Man
hört den Lärm der nahen Schlacht.
(Ein Militärarzt und einige Ordonnanzen treten ein und
eilen zum Fenster.)

SOLDATEN
Seht, wie sie kämpfen!

CHIRURG (schaut durch das Fernrohr)
Brave Grenadiere!

SOLDATEN
Herreros führt sie.

CHIRURG
Gott! Er ist verwundet!
Sie müssen weichen!
Der Adjutant bringt sie zum Stehen...
Sie formieren sich zum Angriff!.
Jetzt fliehen unsre Feinde!
Der Sieg ist unser!

STIMMEN (hinter der Szene)
Es lebe Spanien!
ANDERE
STIMMEN
Es lebe Italien!

ALLE
Sieg!

CHIRURG
Sie bringen den verwundeten Capitano.
(Don Alvaro wird verwundet und ohnmächtig auf einer
Bahre von vier Grenadieren hereingetragen. Neben ihm
auf der einen Seite der Arzt, auf der anderen Don Carlo,
staubbedeckt, mit bekümmertem Gesichtsausdruck. Ein
Soldat legt ein Felleisen auf ein Tischchen.)


DON CARLO
Sachte... Setzt nieder. Bereitet schnell sein Lager.

CHIRURG
Nur Ruhe.

DON CARLO
Ist's gefährlich?

CHIRURG
Die Kugel in der Brust macht mir Bedenken.

DON CARLO
Ihr müßt ihn retten.

DON ALVARO (kommt zu sich)
Sagt, wo bin ich?

DON CARLO
Bei deinem Freunde.

DON ALVARO
Es geht mit mir zu Ende.

DON CARLO
Nein! Treue Pflege wird dich heilen... Deinen
Heldenmut lohnt der Orden von Calatrava.

DON ALVARO
Von Calatrava! Nein! Nie...

DON CARLO (für sich)
Wie? Warum erschrak er denn bei meinem Namen?

DON ALVARO
Felice...

CHIRURG
Nur nicht sprechen...

DON ALVARO
Ein einzig Wort...

DON CARLO (zu dem Chirurg)
Verlaßt uns, Herr Chirurgus.
(Der Chirurg zieht sich in den Hintergrund zurück.
Alvaro winkt Carlo dicht zu sich.)

DON ALVARO
Die Stunde ist heilig,
Drum schwör, was ich fordre,
Getreu zu erfüllen!

DON CARLO
Ich schwör es.

DON ALVARO
Such hier an dem Herzen .

DON CARLO
Diesen Schlüssel!

DON ALVARO (zeigt auf das Felleisen)
Dort drin wirst du finden ein Bündel von Briefen.
Ich hab es versiegelt. Es birgt ein Geheimnis;
Das sterbe mit mir. Du sollst es verbrennen.

DON CARLO
Ich schwör es, mein Freund.

DON ALVARO
Nun sterb ich in Frieden
In meines Freundes Armen . .

DON CARLO
Vertraue dem Himmel. vertraue auf Gott.

DON ALVARO und DON CARLO
Leb wohl'.
(Der Chirurg und die Ordonnanzen bringen den
Verwundeten in den Schlafraum.)


DON CARLO
O Gott'. So jung zu sterben!
So unverzagt. so tapfer!
Grausames Los! Wer kann sich ihm vergleichen?
Was schreckte ihn an meinem Namen?
Ob er erfahren des Hauses tiefe Schmach?
Himmel... Ich ahne: ist er wohl der Verführer?...
In meinen Händen! Und lebt noch!
Wenn ich mich täuschte? Mag der Schlüssel reden!
(Er öffnet hastig das Felleisen und zieht ein
versiegeltes Päckchen hervor.)

Hier die Briefe! Was tu ich?
(Er hält inne.)
Hab ich ihm nicht geschworen?

Daß ich noch lebe,
Verdanke ich seinem Mut! Das ist vergolten!
Ist er der verfluchte Indianer,
Der mein edles Blut geschändet?
Ich erbreche das Siegel! Hier sieht es niemand! Ha!
Seh ich's nicht selber?
(Er wirft das Päckchen weg.)
In meinen Händen halt ich mein Schicksal!
Doch der Versucher, er bleibe mir ferne!
Ich kam zu rächen unsere Ehre,
Nicht neuen Makel zu häufen auf mich.
Ich schwur dem Freunde als Mann von Ehre:
Drum bleibe unentschleiert das Geheimnis.
Nie darf ich wagen. daran zu denken,
Es wäre Verrat an dem Freunde und mir.
Sollt ich nach anderen Beweisen suchen?
Ich wag's.
(Er durchsucht das Felleisen.)
Hier ist kein Siegel...
's ist ein Bild... Von einem Bilde
war nicht die Rede... Drum laß sehen...
Gott! Leonora!
Ja, es ist Don Alvaro! Jetzt soll er leben,
Um dann durch mich zu sterben!...
(Der Chirurg tritt ein.)

CHIRURG
Freudige Botschaft: gerettet!
(geht ab)

DON CARLO
Gerettet! O Wonne! Ah! Er wird leben!
O welche Freude weckt das Wort
in meinem Herzen! Meine Rache

soll er fühlen! O wie grausam
wird sie sein!
Leonora, sag, wo weilst du?
Bist mit ihm du noch verbunden,
Der die Ehre dir geschändet, der aus
Deines Vaters Wunden dich mit rotem Blut befleckt?
Ah! Die Rache wär vollendet,
Könnte ich mit meinem Degen
Dich zugleich mit dem Verräter
Ganz dem Gott der Hölle weihn!
(Eilt schnell fort.)

Dritte Szene

Feldlager bei Velletri
Links vorn ein Trödlerladen, rechts eine Bude mit
Lebensmitteln, Getränken und Früchten. Ringsum
Soldatenzelte, Krämerbaracken, usw. Es ist Nacht. Die
Bühne ist leer.

(Eine Patrouille kommt, vorsichtig das Gelände
absuchend.)


CHOR
Auf Wache wir gehen,
Den Feind zu erspähen...
Man hört keinen Laut...
Kein Lichtschein zu sehen,
Und rings in den Zelten
Liegt alles im Schlaf.
Auf Wache wir gehen.
Bald künden Trompeten
Den nahenden Tag...
So kommt! 's ist alles still!

(Langsam graut der Morgen. Don Alvaro tritt, in
Gedanken verloren, ein.)


DON ALVARO
Ist mir niemals beschieden
Nur eine Stunde Ruhe?
Die Qual der Seele, ich ertrage sie nicht mehr!
Ruhe und Frieden such ich vergebens!
(Don Carlo tritt auf)

DON CARLO
Mein Hauptmann...

DON ALVARO
Wer ruft mich?
(Er erkennt Carlo.)
Du, laß für deine treue Pflege dir danken!

DON CARLO
Seid Ihr nun genesen von eurer Wunde?

DON ALVARO
Ja.

DON CARLO
Kräftig?

DON ALVARO
Wie früher.

DON CARLO
Sogar für ein Duell?

DON ALVARO
Mit wem?

DON CARLO
Habt Ihr denn keine Feinde?

DON ALVARO
Wer hat die nicht... Doch was soll das?
Ich kann nicht begreifen...

DON CARLO
Nicht? So habt Ihr nie gehört
Von dem Indianer Alvaro?

DON ALVARO
Ich bin verraten! Du Schurke!
Pflegst du so deine Schwüre zu halten?

DON CARLO
Nicht brach ich das Siegel,
Dies Bild gab mir Kunde: Vor Euch steht
Don Carlo di Vargas als Rächer!

DON ALVARO
Mit wütendem Drohen
Kannst du mich nicht schrecken..

DON CARLO
Nun zieht Euren Degen und stellt Euch zum Kampfe...

DON ALVARO
Ich fürchte den Tod nicht und weiß mich zu wehren,
Doch nicht gegen dich, dem als Freund ich verbunden.

DON CARLO
O schweigt! Dieses Wort wird durch Euch nur entweiht.

DON ALVARO
Ein unselger Zufall entriß dir den Vater,
Und sie, Leonora, blieb rein wie ein Engel!
Nun schauen sie beide dort vom Himmel nieder!
Sie mögen bezeugen, daß ich ganz frei von Schuld.

DON CARLO
Leonora wär tot?

DON ALVARO
In jener unseligen Nacht
Ward im Kampfe ich tödlich verwundet,
Ich suchte sie, ein Jahr lang verfolgt ich ihre Spur.
Doch bald schien mir sicher: Leonora sei tot.

DON CARLO
Wie schändlich gelogen!
Die Schwester fand Hilfe bei nahen Verwandten:
Ich suchte vergehens...

DON ALVARO
Wo war sie?

DON CARLO
Entflohen .

DON ALVARO (glückselig)
Sie lebt! O Freund!

DON CARLO
Ja, sie lebt!

DON ALVARO
Wie freudig schlägt mir das Herz!
Kannst du ermessen, was das bedeutet?

Ach, fühlst du nicht die Seligkeit,
Die mir die Nachricht bereitet?
Carlo! Sie lebt! O Seligkeit! O Freude!

DON CARLO
Leonora lebt, doch bald trifft sie der Tod!
Sie lebt, doch bald trifft sie der Tod!

DON ALVARO
Nein, wenn sie noch am Leben ist,
Sollst unsern Bund du segnen!
Eilen wir beide gemeinsam zu suchen,
Wo Leonora weilt.
Daß ich von edler Abkunft bin,
Schwör ich mit heilgen Eiden.
Leuchtend erstrahlt mein Adel!
Glaub mir, er ist dem deinen gleich.

DON CARLO
Wahnsinn! Wahnsinn! Für alle Zeiten
Wird des Vaters Gruft uns trennen!
Glaubst du im Ernst, ich könnte
Bruder nennen, der alles mir geraubt?
Ob hohen oder niedern Stamms,
Noch heute mußt du sterben,
Dann stirbt auch Leonora,
Weil sie ihr Blut verriet.

DON ALVARO
Was sagst du?

DON CARLO
Leonora stirbt.

DON ALVARO
O schweige!

DON CARLO
Ja, Leonora folgt dir zur Hölle!

DON ALVARO
Du stirbst als erster hier auf dieser Stelle!

DON CARLO
Rache! Und wehe Leonora,
Gibt mein Degen dir den Tod!
Denn soll er ihr Herz durchbohren,
Noch von deinem Blute rot!

DON ALVARO
Rache! Glaube nur:
Banditen schafft mein Degen harte Not!
Deine Stunde hat geschlagen.
Auf, bereite dich zum Tod!

DON ALVARO,
DON CARLO
Auf! Zum Tod!
(Sie ziehen die Degen und kämpfen wutentbrannt
miteinander. Die Lagerwache eilt herbei, um sie zu
trennen.)


CHOR
Halt! Auseinander!

DON CARLO (wutentbrannt)
Nein! 's geht um Leben und Sterben

CHOR
Macht diesem Kampf ein Ende!

DON ALVARO (für sich)
Herrgott! Erbarm dich meiner müden Seele!

DON CARLO
Ich schwur ihm Tod!

CHOR (zu Don Carlo, der sich zu befreien sucht)
Laß ihn!

DON CARLO (zu Alvaro)
Du Mörder meines edlen Vaters!

DON ALVARO
Was soll nun werden? Die Güte Gottes
Erleuchte gnadenvoll meinen Geist...
Im Kloster, in Einsamkeit, am heilgen Altare
Wird Trost und Vergessen der Seele zuteil.
(Er tritt ab. Alle verlassen nach und nach die Szene. Die
Sonne geht auf. Der Weckruf, Trommeln und
Trompeten erklingt. Die Szene belebt sich allmählich.
Spanische und italienische Soldaten aller
Waffengattungen kommen aus den Zelten, putzen
Gewehre, reinigen Uniformen, usw. Marketenderinnen
bieten Getränke, Früchte, Brot, usw. feil. In einer Bude,
erhöht stehend, betätigt sich Preziosilla als
Wahrsagerin. Äußerst lebhaftes Treiben.)

CHOR
Trommeln wirbeln, Pfeifen schallen
Und die Donnerbüchsen knallen!
Froh im Winde weht das Banner!
Jauchzend, jubelnd folgt man ihm nach!
Ein Soldat hat keine Sorgen,
Fragt nach gestern nicht und morgen,

Seine einzigen Gedanken
Gelten nur dem heutgen Tag.

PREZIOSILLA (zu den Frauen)
Herbei, ihr hübschen Mädchen,
Und zeigt mir eure Hände!
Ich mach euch das Geheimnis
Der Zukunft offenbar!
(zu den Soldaten)
Heran, ihr wackern Krieger,
Ich will euch ehrlich sagen,
Wem seine Liebste treu ist,
Und wem sie untreu war.

CHOR
Geht doch zu der Prophetin!
Sie will euch ehrlich sagen,
Wem seine Liebste treu ist
Und wem sie untreu war.
Herbei, herbei, ihr Leute.

SOLDATEN
Gebt uns zu trinken, ihr Mädchen!
(Marketenderinnen reichen ihnen Getränke)
SOLDAT
Auf unsere Gesundheit!

ALLE (trinken)
Prosit!
(Die allgemeine Aufmerksamkeit richtet sich auf den
Hausierer Trabuco, der aus seinem Laden links
herauskommt, um den Hals einen Kasten mit
Trödelkram tragend.)


TRABUCO
Wer möchte kaufen billige Waren,
Scheren, Nadeln, duftende Seifen?
Doch habt ihr Leute etwas zu bieten,
Kauf ich selber zu gutem Preis.
SOLDAT
Hier ist ein Halsband; was gibst du mir?

EIN ANDERER
Ich hab 'ne Kette; schau her! Was zahlst du?

EIN ANDERER
Ohrringe hab ich; kaufst du sie ab?

ALLE (zeigen ihm Uhren, Ringe usw.)
Sag, was du zahlen willst...

TRABUCO
Was ich da sehe,
Ist lauter wertloser Plunder.

ALLE
Wertloser Plunder ist deine Visage!

TRABUCO
Nicht gleich so aufgeregt! Ich nehm's ja schon...
Für jedes Stück zahl ich dreißig Soldi.

ALLE
Du bist ein Gauner!

TRABUCO
Nur nicht so hitzig! Man darf doch handeln!
Ich zahl was drauf, und dann sind wir einig.
Gebt mir die Sächelchen.

ALLE
Erst die Moneten!
Laßt einmal sehen, ob sie auch echt sind!...

TRABUCO
Erst eure Ware... dann die Bezahlung.

ALLE (geben ihm die Sachen)
Da nimm.

TRABUCO (nimmt die Sachen an sich und zahlt)
Gib her! Nur weiter, nur weiter!

ALLE (treiben ihn weg)
Nimm! Pack dich!

TRABUCO (für sich, ins Fäustchen lachend)
So haut man Dumme übers Ohr!
(laut)
Wer möchte kaufen billige Waren.
(Er geht nach der anderen Seite des Lagers. Die Vorigen,
dazu bettelnde Bauern mir Kindern an der Hand.)

BAUERN
Ach, erbarmt euch unsrer Not,
Geht uns doch ein Stückchen Brot!
Unser Haus der Krieg zerstörte,
Unser Feld der Feind verheerte!
(Die Vorigen und einige frisch eingezogene jammernde
Rekruten.)

REKRUTEN
Von unsern Müttern, die weinen und klagen,
Riß uns ein grausames, hartes Geschick!
Kaum kann die Liebste die Trennung ertragen.
Schickt uns doch wieder nach Hause zurück!

MARKETENDERINNEN
(fröhlich umringen sie die Rekruten und schenken
ihnen Wein ein.)

Nur nicht weinen, arme Knaben,
Statt der Mütter und der Bräute
Findet ihr hier brave Schwestern,
Die euch trösten Tag und Nacht!
Wir sind auch nicht zu verachten!
Darum trocknet eure Tränen.
Warum sich nach andern sehnen,
Wenn auch hier die Liebe lacht?!

PREZIOSILLA
(tritt unter die Rekruten und nimmt einige am Arm und
sagt im Spaß:)

Es ist wahrlich eine Schande!
Diese Buben, sie benehmen sich wie Narren!
Sehn die Mädchen eure Tränen,
Lachen sie euch alle aus.
Laßt von mir euch prophezeien:
schaut euch um in diesem Kreise,
Und ihr findet mehr als eine,
Die euch süßen Trost gewährt.
Auf, nun, fasset Mut!

ALLE
Wir sind wirklich liebe Schwestern!
Warum sehnt ihr euch nach andern,

Wenn euch hier die Liebe lacht?
Die Buben sollen leben!
(Die Marketenderinnen nehmen die Rekruten ungeniert
am Arm, und es beginnt ein lebhafter allgemeinerTanz.
Melitone tritt auf; der in den Tanzwirbel mitgerissen
und im ersten Augenblick gezwungen wird, mit den
Marketenderinnen zu tanzen. Es gelingt ihm endlich,
sich zu befreien, und er ruft im Predigtton:)


MELITONE
Ho, ho! Heißa juchhei! Hier geht's ja hoch her!
Ist denn so etwas möglich? 's ist nicht zu glauben!
Eure armen Seelen mit frommem Trost zu ölen,
Dazu kam ich her! Was seh ich?
Ist dies ein Lager von Christen?
Seid ihr denn Türken?
Sah man wohl jemals weit und breit, daß man
Den heilgen Sonntag so entweiht? Mächtiger ziehen
Die Bouteillen euch an, als die Bataillen!
Statt Buße zu tun in Sack und Asche,
Leert ihr weidlich dem Wandrer Pack und Tasche!
Und lieber als Messen und Litaneien
Sind eure Karessen und Liebeleien!
Statt durch Gebet euch zu stählen im Glauben,
Denkt ihr an Sengen. an Stehlen und Rauben!
Und jedes Bistum verwandelt eure Wut in eitel
Wüsttum. Nicht sicher ist der Kelch im Tabernakel!
Alles geht durcheinander!
Und woher kommt's?
Pro peccata vestra, von euren vielen Sünden.

SOLDATEN
Halt deinen Schnabel!

MELITONE
Ihr verhöhnt die heilgen Feste
Durch Raufen und durch Saufen!

ITALIENISCHE SOLDATEN
Verdammte Kutte!

SPANISCHE SOLDATEN
Mach nur weiter, Pfaffe!

MELITONE
Ich kenn euch längst! Ihr alle seid ja Ketzer:
Einer wie der andere!
Alle schwimmt ihr in Lastern und in Sünden.
Doch Geduld! Seinen Lohn wird jeder finden!
Euch ist gesichert lange schon die Stelle
In dem ewigen Flammenpfuhl der Hölle!

ITALIENISCHE SOLDATEN (umzingeln ihn)
Laufe! Laufe!

SPANISCHE SOLDATEN (verteidigen ihn)
Nein, zum Himmel!

ITALIENISCHE SOLDATEN
Geh zum Teufel!
(Sie trachten danach ihn zu schlagen, aber er
entkommt ihnen, immer weiter predigend.)


PREZIOSILLA
(zu den Soldaten, die ihm nachlaufen)
Ach, laßt den Schwätzer laufen!
Mit Pfaffen sich zu raufen! Welche Torheit!
Ihr hört nicht! So muß der Trommel Klang ihn retten.

(Sie ergreift die erstbeste Trommel und trommelt. Die
Soldaten laufen eiligst herbei, dazu der ganze Troß.)


PREZIOSILLA und CHOR
Rataplan, rataplan, rataplan, heil dem Sieger.
Dem Soldaten weist die Trommel zur Ehre di Bahn!
Rataplan, rataplan, rataplan, heil dem Sieger.
Jedem Sieger gehen wirbelnd, die Trommeln voran!
Rataplan, auf zum Kampfe!
Rataplan, trommeln schützen in jeder Gefahr!
Rataplan, und zu Boden sinkt
Die Fahne der feindlichen Schar!
Rataplan, pfui dem Feigling, der im Kampfe
Zur Flucht sich hat gewandt!
Rataplan, doch wer wacker sich geschlagen,
Wird nach Jahren noch von Enkeln genannt.
Rataplan, rataplan, heil dem Sieger,
Der im Kampfe den Lorbeer gewann!
Rataplan, rataplan, nach dem Siege
Grüßt die Trommel den tapfersten Mann.
Rataplan, rataplan!
(Alle eilen fort.)

VIERTER AKT

Umgebung von Hornachuelos

Erste Szene

Im Kloster „Madonna degli Angeli". Ein baufälliger
Säulengang umgibt einen kleinen Hof mit Orangen,
Oleander und Jasmin. Links das Tor zur Landstraße;
rechts eine Tür mit der Aufschrift: Clausura.
(Pater Guardiano geht, versunken in seinem Brevier
lesend, auf und ab. Von links tritt eine Schar Bettler
aller Altersstufen auf, primitive Näpfe, Teller und
Schüsseln in den Händen.)


CHOR DER BETTLER
Habt doch Barmherzigkeit...
Laßt nicht so lang uns stehen,
Wir müssen wieder gehn.
Barmherzigkeit!
(Fra Melitone kommt von rechts, eine große weiße
Schürze vorm Bauch, und schleppt mit Hilfe eines
Laienbruders einen großen Kessel herbei. Der
Laienbruder geht wieder ab.)


MELITONE
He! Seid ihr in der Schenke? Ruhe!
(teilt die Suppe aus.)

BETTLER (drängelnd und stoßend)
Hier, mir zuerst.

MELITONE
Ruhe! Ruhe! Ruhe! Ruhe!

DIEALTEN MÄNNER
Das nenne ich Portionen.
So viel bekam ich nie!
Seht nur, die kriegt gleich dreimal...

EINE BETTLERIN (zu Melitone)
Ich will vier . .

BETTLER
Sie will vier!

DIE BETTLERIN
Ja! Ich habe doch sechs Kinder...

MELITONE
Warum hast du denn sechs?
DIE
BETTLERIN
Mir schenkte sie der Himmel.

MELITONE
Ach was, der Himmel... Das wär anders,
Wenn man sich mehr kasteite, mit einer scharfen
Geißel den Rücken sich zerbläute.
Und zu der Jungfrau Ehre des Abends
Fleißig sänge ein keusches Miserere...

GUARDIANO
Sei still...

MELITONE
Ist mit der Armut die Fruchtbarkeit gepaart?
Fast könnte es so scheinen!

GUARDIANO
Behandle sie als Christ.

DIE ALTEN MÄNNER
Ist wohl von dieser Brühe noch etwas für uns übrig?

MELITONE
Die gute Gabe Gottes
Bezeichnet ihr als Brühe?

BETTLER (ihre Teller hinhaltend)
Gib her, Pater, gib her, usw.

MELITONE
Gesindel, geht zum Henker
Und laßt das laute Schreien,
Sonst soll euch hier mein Löffel
Den Buckel benedeien! usw.

GUARDIANO
Hab Geduld!

BETTLERINNEN
Barmherziger und milder war Pater Raffael!

MELITONE
Ja, ja, doch nach acht Tagen
Entsagte er auf immer
Den Armen und der Suppe,
Und blieb auf seinem Zimmer;
Er lud auf meinen Rücken
Die Plackerei und Mühe,
Und ich hab alle Tage
Den Ärger mit der Brühe!

GUARDIANO
Es ist die erste Christenpflicht,
Den Bittenden zu Geben.

MELITONE
Diesen Leuten, die das Betteln
Zum Daseinszweck erheben?
Gebt acht auf unsern Glockenturm,
Die stehlen wie die Raben.
Und nennen dann noch „Brühe",
Ja „Brühe" Gottes Gaben...
Gesindel!
Und nennen dann, usw.

BETTLERINNEN
Oh, der Pater Raffaele! usw.
MÄNNER
Er war ein Heiliger, ein Engel! usw.

MELITONE
Hört doch nur auf zu schreien!

BETTLER
Ein Heiliger! Ein Heiliger!
Ja, ja, ja, ja, ein Heiliger! usw.

MELITONE
(stößt mit einem Fußtritt den Kessel um)
Hört zu: Den Rest da schenk ich euch,
Doch haltet euren Schnabel! usw.
Fort, und verlaßt den Klosterhof,
Sonst könnt ihr was erleben!
Verlaßt den Klosterhof, usw.

Zu eurem Ahnherrn Lazarus
Könnt ihr in Frieden gehn.
Marsch fort, Gesindel, und läßt euch nie mehr sehn!
Schert euch fort! Jetzt hab ich es endlich satt!
Zu eurem Ahnherrn Lazarus, usw.

BETTLER
Oh, der Pater Raffaele!
Er war ein Engel! Er war ein Heiliger! usw.

MELITONE
Zu eurem Ahnherrn Lazarus, usw.

BETTLER
Der Pater Raffaele!
Er war ein Engel! Ein Heiliger! usw.

MELITONE
Fort, und verlaßt den Klosterhof!.
...Ihr Gesindel! Marsch, hinaus! usw.
(Wütend treibt der Mönch alle aus dem Klosterhof,
dann holt er ein Taschentuch aus seinem Ärmel,
trocknet sich damit die Stirn. Am Tor wird heftig
geläutet.)

GUARDIANO
Wer mag das sein? Geh öffnen...
(Er tritt ab. Fra Melitone öffnet die Türe. Don Carlo, in
einen großen Mantel gehüllt, tritt ohne Zögern ein.)

DON CARLO (herablassend)
Seid Ihr der Pförtner?

MELITONE (für sich)
Was soll die dumme Frage!
(laut)
Ihr seht ja: ich öffne...

DON CARLO
Lebt hier ein Pater Raffael?

MELITONE (für sich)
Was will er?
(laut)
Wir haben zweie!
Einer ein Weinfaß, mächtig,
schwerhörig wie ein Maulwurf, der andere
hager, dunkel, mit Augen...
(für sich)
Was für Augen!
(laut)
Welchen meint Ihr?

DON CARLO
Den aus der Hölle.

MELITONE (für sich)
Das ist er... Das ist er...
(laut)
Wen soll ich melden?

DON CARLO
Einen Kavalier...

MELITONE (für sich)
Ein Prahlhans! Wie der sich aufbläst!
(Fra Melitone tritt ab.)

DON CARLO
Umsonst, Alvaro, suchtest du hier im Kloster,
Im Gewande des Mönches Schutz vor dem Rächer
Deiner Tat. Den Weg zu diesem Kloster hat mir mein
Haß gezeigt und der heiße Durst nach Rache, und
Keinen gibt's auf der Welt, der uns noch trennte!
Dein Blut, allein dein Blut kann die Schande tilgen,
Die meine Ehre befleckte. Ja, fließen soll dein Blut!
Ich schwör's beim Himmel!
(Don Alvaro, in eine Mönchskutte gehüllt, tritt ein.)

DON ALVARO
Mein Bruder...

DON CARLO
So erkennst du mich?

DON ALVARO
Don Carlo! Du! Du lebst noch!

DON CARLO
Dich such ich seit fünf Jahren,
Und endlich, endlich hab ich dich gefunden...
Mit deinem Blute büßt du mir
Die Schande meines Hauses!
Es steht im Buch des Schicksals:
Du stirbst durch meine Hand!
Wenn aus dem Krieger ein Mönch nun ward,
Der Waffen nicht mehr trägt:
Heut mußt du doch den Degen ziehn!
Wähle: einer ist für dich!

DON ALVARO
Ich war ein Weltkind, ich weiß es...
Jetzt aber zeigt mein Büßerkleid,

Daß ich mein ganzes Leben
Fortan der Reu geweiht.
Drum zwing mich nicht, ich kämpfe nicht.

DON CARLO
O glaub nur nicht, ich ließe mich erweichen!
Du Feigling, komm und kämpf mit mir!

DON ALVARO (wutentbrannt)
Ein Feigling! Ich ein Feigling! Nein! Nein!
(versucht sich zu beherrschen)
Steh du mir bei, mein Heiland!
(zu Don Carlo)
All dein Drohen und dein Schmähen
Mag im Windeshauch verwehen,
Sei mein Bruder und verzeih!
Verzeihe mir, verzeih!
Kannst du kränken einen Menschen,
Der vom Schicksal so geschlagen?
Laß gemeinsam uns es tragen,
[Vergib, was einst geschah!

DON CARLO
Du wagst, Bruder mich zu nennen.
Du entehrtest meine Schwester,
Die du schnöde dann verlassen
Und gestürzt in tiefes Leid!

DON ALVARO
Unbefleckt blieb ihre Ehre!
Schenke Glauben dem Schwur des Priesters!
Wie ich sie auf Erden liebte,
Lieben Wesen reiner Sphären,

Und mir ahnt, daß Leonora
Mich mit gleicher Reinheit liebt.

DON CARLO
Dieses mönchische Gewinsel
Kann die Wut in mir nicht töten.
Nimm die Waffe, du Verräter,
Und stell dich endlich mir zum Kampf!

DON ALVARO
Rührt dich nicht mein heißes Flehen,
Spricht mein Jammern nicht zu dir,
Sieh, was nie ein Mensch gesehn:
Auf den Knien lieg ich hier.
(Er kniet vor Don Carlo.)

DON CARLO
Ha! Den Makel deiner Herkunft
Zeigst du klar mit solcher Haltung!

DON ALVARO (zornig aufspringend)
Ohne Makel ist mein Adel!

DON CARLO
Ja, vielleicht bei den Mulatten!

DON ALVARO (seiner selbst nicht mächtig)
Diesen Schimpf sollst du mir büßen!
Gib mir den Degen!
(Er greift nach einem Degen.)
Zum Kampfe!

DON CARLO
Also endlich!

DON ALVARO (ruhiger)
Nein... Nein... Die Hölle soll nicht siegen...
Geh, verlaß mich...
(Er wirft den Degen fort.)

DON CARLO
Hältst du mich für einen Narren?

DON ALVARO
Geh!

DON CARLO
Willst du Feigling es nicht wagen,
Dich im Kampf mit mir zu schlagen,
Nun, so fühle deine Schande...
(Er schlägt ihm ins Gesicht.)

DON ALVARO (voller Wut)
Ha, der Degen soll entscheiden!
Rache!
(Er rafft den Degen auf)

DON CARLO
Rache! Dein harrt der Tod!

DON CARLO und
DON ALVARO
Ach! Rache!
Dein harrt der Tod!
(Beide stürmen hinaus.)

Zweite Szene

Vor Leonoras Klause
Tal zwischen unersteigbaren Felsen, von einem
Gießbach durchflossen. Links im Hintergrund führt eine
Tür zu einer Behausung. Die Sonne geht unter.
Langsam bricht die Dunkelheit herein, der Mond geht
in vollem Glanze auf.

(Leonora, bleich, entstellt, kommt in tiefinnerer
Erregung aus ihrer Behausung.)


LEONORA
Frieden, mein Heiland,
Schenke mir Frieden!
Ach, diesem Jammer erliegt mein armes Herz!
Seit wieviel Jahren
Quält sich meine Seele
In Leid und bittrem Schmerz.
Ich liebte ihn!
War er doch schön und edel,
Wie keiner auf der Welt!
Ich lieb ihn noch: aus dem gequälten Herzen
Wird nie sein Bild entfliehn! O welch ein Los!
Ich denke sein bei Tag und Nacht...
Wenn hienieden auch
Schwere Schuld uns trennt.
Alvaro, ich lieb dich,
Doch steht im Buch des Schicksals,
Daß ich dich nie mehr seh.
Mein Herrgott! Laß mich sterben;
Denn die Ruhe gibt einzig mir der Tod.
Erlöse mich aus dieser Not
Und ende dieses Daseins Qual.

(Sie geht zu einem Felsen, auf der die Nahrung liegt,
die Pater Guardiano für sie hinterlassen hat.)
Nahrung, du scheinst mir nur gesendet,
Mein Elend zu verlängern! Das sind Menschen!
Wer wagt, die heilge Klause zu entweihen?
Wer es auch sein mag, er soll verdammt sein!
(Sie kehrt in die Behausung zurück, die sie hinter sich
verschließt.)

DON CARLO (hinter der Szene)
Ich sterbe... Ich will beichten...Helft meiner Seele...

DON ALVARO (tritt mit gezücktem Degen ein)
Nun floß erneut das Blut eines Vargas...

DON CARLO
Ich will beichten...

DON ALVARO (den Degen fortwerfend)
Nein, ich bin nicht würdig,
Doch ich ruf den Eremiten...
(Er läuft zu der Klause und klopft an die Tür.)
Gebt einem Sterbenden den letzten Trost.

LEONORA (von drinnen)
Ich darf nicht!

DON ALVARO
Mein Bruder! Im Namen unsres Herrn!

LEONORA
Ich darf nicht!

DON ALVARO (stärker klopfend)
Die Zeit drängt...

LEONORA (die Glocke läutend)
Zu Hilfe! Zu Hilfe!

DON ALVARO
Ihr müßt helfen!
(Leonora erscheint in der Tür.)

LEONORA
Ihr Verwegnen. entflieht dem Zorne des Himmels!

DON ALVARO
Ist es möglich? Die Stimme! Nein, nein...
Es ist Täuschung...

LEONORA (Alvaro erkennend)
Alvaro!

DON ALVARO
Du! Leonora...

LEONORA
Bist du's Alvaro?
Endlich seh ich dich wieder...

DON ALVARO
Fliehe vor mir, denn meine Hände
triefen vom Blute... Sieh dorthin...

LEONORA
Ich versteh nicht...

DON ALVARO (zeigt zum Wald hin)
Dort liegt ein Mann, der stirbt...

LEONORA
Bist du sein Mörder?

DON ALVARO
Alles versuchte ich, den Kampf zu meiden,
Ich lebte nur der Buße.
Er kam ins Kloster, reizte mich, so kam es...

LEONORA
Wer war es?

DON ALVARO
's war dein Bruder!

LEONORA
Mein Bruder!
(Sie eilt in den Wald.)

DON ALVARO
Grausames Schicksal, kannst du so meiner spotten?!
Noch lebt Leonora, aber ich fand sie wieder an diesem
Tag, da ich vergossen hab das Blut des Bruders.

LEONORA (hinter der Szene)
Ah!

DON ALVARO
Wer schreit da? Leonora!?
(Leonora, gestützt von Pater Guardiano, tritt
verwundet auf)
Bist du verwundet?

LEONORA (sterbend)
Sogar im Sterben konnt er nicht verzeihen.
Er rächte meine Schuld mit meinem Blute.

DON ALVARO
Ist die Rache des Himmels denn noch nicht vollendet!?
Ich fluch dem Himmel!

GUARDIANO (ernst)
Bruder, in Demut beuge dich vor deinem Gott,
Der gerecht und heilig,
Der uns führt zu ewgen Freuden
Über die Pfade des Leidens...
Zähme dein Wüten und lästre Gott nicht mehr,
Flehe zum Herrn um Gnade.
Sieh! Schon schwebt dieser reine Engel
Zum Throne unsres Herrn... Beuge dich!

LEONORA
Büße und bete!
Am Thron des Herrn fleh ich um Gnade.

DON ALVARO
Verdammt bin ich, verworfen auf ewig!
Uns trennt ein Strom von Blut für alle Zeit...

LEONORA
Büße und bete!

GUARDIANO
Wirf dich auf die Knie!

LEONORA
Am Thron des Herrn fleh ich um Gnade. Bete!

DON ALVARO
Aus deinen Worten spricht unser Herrgot selbst zu mir...
(Er stürzt vor ihr auf die Knie.)

GUARDIANO
Wirf dich auf die Knie!

DON ALVARO
Leonora, ja, mir hat Gott vergeben,
Der Himmel hat vergeben die Schuld!

LEONORA und GUARDIANO
Himmel! Gelobt seist du, o Herr!

LEONORA (zu Alvaro)
Freudig geh ich voran zu Gott
In seinen ewgen Frieden...
Da enden Streit und Rache,
Nur noch die Liebe bleibt.

DON ALVARO
Du läßt mich hier allein zurück
Und fliehst in bessre Welten! Weh mir!
Und ich allein bin an all dem Elend schuld!
Ach Geliebte, hab mit mir Erbarmen!

GUARDIANO
Heilig durch ihre Leiden
Schwebt sie zu Gottes Thron empor...
An ihrem Tod
Zeigt sich die Gnade unsres Herrn!

LEONORA
Ich seh dich wieder, Alvaro...

DON ALVARO
Ach. verlaß nicht nicht, Leonora, ach, nein...

GUARDIANO
An ihrem Tod, usw.

LEONORA
Alvaro, ich werde... Ah!
(Sie stirbt.)

DON ALVARO
Sie stirbt.

GUARDIANO
Sie ging zu Gott!

 

 

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