Das Rheingold” by Richard Wagner libretto (German)

Personen

Woglinde (eine Rheintochter) - hoher sopran
Wellgunde (eine Rheintochter) - hoher sopran
Flosshilde (eine Rheintochter) - tiefer sopran
Alberich (Nibelunge) - hoher baß
Fricka (Göttin der Ehe) - tiefer sopran
Wotan (Göttervater) - hoher baß
Freia (Göttin der Jugend) - hoher sopran
Fasolt (ein Riese) - hoher baß
Fafner (ein Riese) - tiefer baß
Froh (ein Gott) - tenor
Donner (ein Gott) - hoher baß
Loge (Halb-Gott des Feuers) - tenor
Mime (Nibelunge) - tenor
Erda (Urmutter Erde) - tiefer sopran

Vorspiel un erste Scene

In der Tiefe des Rheines
(Auf dem Grunde des Rheines. Grünliche Dämmer-
ung, nach oben zu lichter, nach unten zu dunkler. Die
Höhe ist von wogendem Gewässer erfüllt, das rastlos
von rechts nach links zu strömt. Nach der Tiefe zu
lösen die Fluthen sich in einen immer feineren
feuchten Nebel auf, so daß der Raum in Manneshöhe
vom Boden auf gänzlich frei vom Wasser zu sein
scheint, welches wie in Wolkenzügen über den nächt-
lichen Grund dahin fließt. Überall ragen schroffe
Felsenriffe aus der Tiefe auf, und grenzen den Raum
der Bühne ab; der ganze Boden ist in ein wildes
Zackengewirr zerspalten, so daß er nirgends voll-
kommen eben ist, und nach allen Seiten hin in
dichtester Finsterniss tiefere Schlüfte annehmen läßt.)

(Hier wird der Vorhang aufgezogen. Volles Wogen
der Wassertiefe. Woglinde kreist in anmuthig
schwimmender Bewegung um das mittlere Riff.)


Woglinde
Weia! Waga! Woge, du Welle,
walle zur Wiege! wagala weia!
wallala, weiala weia!

Wellgunde
(von oben)
Woglinde, wach'st du allein?

Woglinde
Mit Wellgunde wär' ich zu zwei.

Wellgunde
(taucht aus der Fluth zum Riff herab)
Lass' seh'n, wie du wach'st!

Woglinde
(entweicht ihr schwimmend)
Sicher vor dir!
(Sie necken sich, und suchen sich spielend zu fangen.)

Flosshilde
(von oben)
Heiaha weia! wildes Geschwister!

Wellgunde
Flosshilde, schwimm'! Woglinde flieht:
hilf mir die Fließende fangen!
(Flosshilde taucht herab und fährt zwischen die Spielenden.)

Flosshilde
Des Goldes Schlaf hütet ihr schlecht!
Besser bewacht des schlummernden Bett,
sonst büßt ihr beide das Spiel!
(Mit munterem Gekreisch fahren die beiden
auseinander: Flosshilde sucht die eine, bald die
andere zu erhaschen; sie entschlüpfen ihr und ver-
einigen sich endlich um gemeinsam auf Flosshilde
Jagd zu machen. So schnellen sie gleich Fischen von
Riff zu Riff, scherzend und lachend.)

(Aus einer finstern Schlucht ist während dem
Alberich, an einem Riffe klimmend, dem Abgrunde
entstiegen. Er hält noch vom Dunkel umgeben an,
und schaut dem Spiele der Rheintöchter mit stei-
gendem Wohlgefallen zu.)


Alberich
Hehe! ihr Nicker!
(Die Mädchen halten, sobald sie Alberichs Stimme
hören, mit dem Spiele ein.)

wie seid ihr niedlich, neidliches Volk!
aus Nibelheims Nacht naht' ich mich gern,
neigtet ihr euch zu mir!

Woglinde
Hei! wer ist dort?

Wellgunde
Es dämmert und ruft!

Flosshilde
Lugt wer uns belauscht!
(Sie tauchen tiefer herab und erkennen den Nibelung.)

Woglinde, Wellgunde
Pfui! der Garstige!

Flosshilde
(schnell auftauchend)
Hütet das Gold!
Vater warnte vor solchem Feind.
(Die beiden andern folgen ihr, und alle drei ver-
sammeln sich schnell um das mittlere Riff.)


Alberich
Ihr, da oben!

Rheintöchter
Was willst du dort unten?

Alberich
Stör' ich eu'r Spiel,
wenn staunend ich still hier steh'?
tauchtet ihr nieder, mit euch
tollte und neckte der Niblung sich gern.

Woglinde
Mit uns will er spielen?

Wellgunde
Ist ihm das Spott?

Alberich
Wie scheint im Schimmer ihr hell und schön!
Wie gern umschlänge der Schlanken eine mein Arm,
schlüpfte hold sie herab!

Flosshilde
Nun lach' ich der Furcht:
der Feind ist verliebt!

Wellgunde
Der lüsterne Kauz!

Woglinde
Laßt ihn uns kennen!
(Woglinde läßt sich auf die Spitze des Riffes hinab,
an dessen Fuße Alberich angelangt ist.)


Alberich
Die neigt sich herab.

Woglinde
Nun nahe dich mir!
(Alberich klettert mit koboldartiger Behendigkeit,
doch wiederholt aufgehalten, der Spitze des Riffeszu.)


Alberich
(hastig)
Garstig glatter glitsch'riger Glimmer!
wie gleit' ich aus!
Mit Händen und Füßen nicht fasse noch halt' ich
das schlecke Geschlüpfer!
Feuchtes Naß füllt mir die Nase:
verfluchtes Niessen!
(Er ist in Woglindes Nähe angelangt.)

Woglinde
(lachend)
Pruhstend naht meines Freiers Pracht!

Alberich
Mein Friedel sei, du fräuliches Kind!
(Er sucht sie zu umfassen.)

Woglinde
(sich ihm entwindend)
Willst du mich frei'n, so freie mich hier!
(Alberich kratzt sich den Kopf.
Woglinde taucht zu einem andern Riff auf.)


Alberich
O weh! du entweich'st?
Komm doch wieder!
Schwer ward mir, was so leicht du erschwingst.
(Woglinde schwingt sich auf ein drittes Riff in größerer Tiefe.)

Woglinde
Steig' nur zu Grund,
da greifst du mich sicher.

Alberich
(hastig hinab kletternd)
Wohl besser da unten!

Woglinde
Nun aber nach Oben!

(Sie schnellt sich rasch aufwärts
nach einem höheren Riff zur Seite.)


Wellgunde, Flosshilde
(lachend)
Ha ha ha ha ha ha!

Alberich
Wie fang' ich im Sprung den spröden Fisch?
Warte, du Falsche!
(Er will ihr eilig nachklettern.)
(Wellgunde hat sich auf ein tieferes Riff auf der
anderen Seite gesenkt.)


Wellgunde
Heia, du Holder!
hörst du mich nicht?

Alberich
(sich umwendend) Rufst du nach mir?

Wellgunde
Ich rathe dir wohl:
zu mir wende dich, Woglinde meide!
(Indem Alberich hastig über den Bodengrund zu
Wellgunde hin klettert.)


Alberich
Viel schöner bist du als jene Scheue,
die minder gleißend und gar zu glatt.
Nur tiefer tauche, willst du mir taugen.

Wellgunde
(noch etwas mehr sich zu ihm
herabsenkend)

Bin nun ich dir nah'?

Alberich
Noch nicht genug!
Die schlanken Arme schlinge um mich,
daß ich den Nacken dir neckend betaste,
mit schmeichelnder Brunst an die schwellende
Brust mich dir schmiege.

Wellgunde
Bist du verliebt
und lüstern nach Minne,
lass' seh'n, du Schöner, wie bist du zu schau'n?
Pfui! Du haariger, höckriger Geck!
Schwarzes, schwieliges Schwefelgezwerg!
Such dir ein Friedel, dem du gefällst!
(Alberich sucht sie mit Gewalt zu halten.)

Alberich
Gefall' ich dir nicht,
dich fass' ich doch fest!

Wellgunde
(schnellzum mittleren Riffe auftauchend)
Nur fest, sonst fließ' ich dir fort!

Woglinde, Flosshilde
(lachend) Ha ha ha ha ha ha!

Alberich
(Wellgunde erbos't nachzankend)
Falsches Kind! Kalter, grätiger Fisch!
Schein' ich nicht schön dir,
niedlich und neckisch, glatt und glau,
hei! so buhle mit Aalen,
ist dir eklig mein Balg!

Flosshilde
Was zankst du, Alp?
Schon so verzagt?
Du freitest um zwei: früg'st du die Dritte
süßen Trost schüfe die Traute dir!

Alberich
Holder Sang singt zu mir her!
Wie gut, daß ihr eine nicht seid:
von vielen gefall' ich wohl einer:
bei einer kies'te mich Keine!
Soll ich dir glauben, so gleite herab!

Flosshilde
(taucht zu Alberich hinab)
Wie thörig seid ihr, dumme Schwestern,
dünkt euch dieser nicht schön!

Alberich
(hastig ihr nahend)
Für dumm und häßlich darf ich sie halten,
seit ich dich holdeste seh'.

Flosshilde
O singe fort so süß und fein,
wie hehr verführt es mein Ohr!

Alberich
(zutraulich sie berührend)
Mir zagt, zuckt und zehrt sich das Herz,
lacht mir so zierliches Lob.

Flosshilde
(ihn sanft abwehrend)
Wie deine Anmuth mein Aug' erfreut,
deines Lächelns Milde den Muth mir labt!
(Sie zieht ihn zärtlich an sich.) Seligster Mann!

Alberich
Süßeste Maid!

Flosshilde
Wärst du mir hold!

Alberich
Hielt' ich dich immer!

Flosshilde
(feurig)
Deinen stechenden Blick,
deinen struppigen Bart,
o säh' ich ihn, faßt' ich ihn stets!
Deines stachligen Haares
strammes Gelock,
umflöß' es Flosshilde ewig!
Deine Krötengestalt,
deiner Stimme Gekrächz',
o dürft' ich staunend und stumm
sie nur hören und seh'n!
(Woglinde und Wellgunde sind nahe herab
getaucht.)


Woglinde, Wellgunde
(lachend)
Ha ha ha ha ha ha!

Alberich
(erschreckt auffahrend)
Lacht ihr Bösen mich aus?

Flosshilde
(sich plötzlich ihm entreissend)
Wie billig am Ende vom Lied!
(Sie taucht mit den Schwestern schnell auf.)

Woglinde, Wellgunde
(lachend)
Ha ha ha ha ha ha!

Alberich
(mit kreischender Stimme)
Wehe! ach wehe! o Schmerz! o Schmerz!
Die dritte, so traut, betrog sie mich auch?
Ihr schmählich schlaues, lüderlich schlechtes Gelichter!
Nährt ihr nur Trug, ihr treuloses Nickergezücht?

Rheintöchter
Wallala! Wallala!
lalaleia! leialalei! heia! heia! ha ha!
Schäme dich, Albe!
schilt nicht dort unten!
höre was wir dich heißen!
Warum, du Banger, bandest du nicht
das Mädchen, das du minn'st?
Treu sind wir, und ohne Trug
dem Freier, der uns fängt.
Greife nur zu, und grause dich nicht,
in der Fluth entflieh'n wir nicht leicht:
Wallala! lalaleia! leialalei!
heia! heia! ha hei!
(Sie schwimmen auseinander, hierher und dorthin,
bald tiefer bald höher, um Alberich zur Jagd auf sie zu reizen.)


Alberich
Wie in den Gliedern brünstige Gluth mir
brennt und glüht!
Wuth und Minne, wild und mächtig,
wühlt mir den Muth auf!
Wie ihr auch lacht und lügt,
lüstern lechz' ich nach euch,
und eine muß mir erliegen!
(Er macht sich mit verzweifelter Anstrengung zur
Jagd auf: mit grauenhafter Behendigkeit erklimmt er
Riff für Riff, springt von einem zum andern, sucht
bald dieses bald jenes der Mädchen zu erhaschen, die
mit lustigem Gekreisch stets ihm ausweichen.)

(Er strauchelt, stürzt in den Abgrund, und klettert
dann hastig wieder in die Höhe zu neuer Jagd.)

(Sie neigen sich etwas herab. Fast erreicht er sie,
stürzt abermals zurück, und versucht es nochmals.)

(Alberich hält endlich, vor Wuth schäumend
athemlos an, und streckt die geballte Faust nach den
Mädchen hinauf.)


Alberich
Fing' eine diese Faust!
(Er verbleibt in sprachloser Wuth, den Blick auf-
wärts gerichtet, wo er dann plötzlich von dem
folgenden Schauspiele angezogen und gefesselt wird.)

(Durch die Fluth ist von oben her ein immer
lichterer Schein gedrungen, der sich an einer hohen
Stelle des mittelsten Riffes allmählich zu einem
blendend hell strahlenden Goldglanze entzündet; ein
zauberisch goldenes Licht bricht von hier durch das Wasser.)


Woglinde
Lugt, Schwestern!
Die Weckerin lacht in den Grund.

Wellgunde
Durch den grünen Schwall
den wonnigen Schläfer sie grüßt.

Flosshilde
Jetzt küßt sie sein Auge,
daß er es öffne.

Wellgunde
Schaut', er lächelt in lichtem Schein.

Woglinde
Durch die Fluthen hin
fließt sein strahlender Stern!

Rheintöchter
(zusammen das Riff anmuthig
umschwimmend)

Heia jaheia! heia jaheia!
wallala la la la leia jahei!
Rheingold! Rheingold! Leuchtende Lust,
wie lach'st du so hell und hehr!
Glühender Glanz entgleißet dir weihlich im Wag!
heia jahei! heia jaheia!
Wache, Freund! wache froh!
wonnige Spiele spenden wir dir:
flimmert der Fluß, flammet die Fluth,
umfließen wir tauchend, tanzend und singend
im seligem Bade dein Bett!
Rheingold! Rheingold! heia jaheia! heia jaheia!
Wallala la la la heia jahei!
(Mit immer ausgelassenerer Lust umschwimmen
die Mädchen das Riff. Die ganze Fluth flimmert in
hellem Goldglanze.)


Alberich
(dessen Augen, mächtig vom Glanze
angezogen, starr an dem Golde haften)

Was ist's, ihr Glatten,
das dort so glänzt und gleißt?

Rheintöchter
Wo bist du Rauher denn heim,
daß vom Rheingold nie du gehört?

Wellgunde
Nichts weiß der Alp
von des Goldes Auge,
das wechselnd wacht und schläft?

Woglinde
Von der Wassertiefe wonnigem Stern,
der hehr die Wogen durchhellt?

Rheintöchter
Sieh, wie selig
im Glanze wir gleiten!
Willst du Banger in ihm dich baden,
so schwimm' und schwelge mit uns!
Wallala la la leia lalai!
Wallala la la leia jahei!

Alberich
Eurem Taucherspiele nur taugte das Gold?
Mir gält' es dann wenig!

Woglinde
Des Goldes Schmuck schmäh'te er nicht,
wüßte er all seine Wunder.

Wellgunde
Der Welt Erbe gewänne zu eigen,
wer aus dem Rheingold schüfe den Ring,
der maaßlose Macht ihm verlieh'.

Flosshilde
Der Vater sagt' es, und uns befahl er,
klug zu hüten den klaren Hort,
daß kein Falscher der Fluth ihn entführe:
drum schweigt, ihr schwatzendes Heer!

Wellgunde
Du klügste Schwester,
verklag'st du uns wohl?
Weißt du denn nicht, wem nur allein das Gold
zu schmieden vergönnt?

Woglinde
Nur wer der Minne Macht entsagt,
nur wer der Liebe Lust verjagt,
nur der erzielt sich den Zauber,
zum Reif zu zwingen das Gold.

Wellgunde
Wohl sicher sind wir und sorgenfrei,
denn was nur lebt, will lieben,
meiden will keiner die Minne.

Woglinde
Am wenigsten er, der lüsterne Alp;
vor Liebesgier möcht er vergeh'n!

Flosshilde
Nicht fürcht' ich den,
wie ich ihn erfand:
seiner Minne Brunst brannte fast mich.

Wellgunde
Ein Schwefelbrand
in der Wogen Schwall:
vor Zorn der Liebe zischt er laut!

Rheintöchter
Wallala! Wallaleia la la!
Lieblichster Albe! lach'st du nicht auch?
In des Goldes Scheine wie leuchtest du schön!
O komm', lieblicher, lache mit uns!
Heia jaheia! heia jaheia! Wallala la la la leia jahei!
(Sie schwimmen lachend im Glanze auf und ab.)
(Alberich, die Augen starr auf das Gold gerichtet,
hat dem Geplauder der Schwestern wohl gelauscht.)


Alberich
Der Welt Erbe gewänn' ich zu eigen
durch dich?
Erzwäng' ich nicht Liebe,
doch listig erzwäng' ich mir Lust?
(furchtbar laut) Spottet nur zu!
der Niblung naht eurem Spiel!

(Wüthend springt er nach dem mittleren Riff
hinüber und klettert nach dessen Spitze hinauf. Die
Mädchen fahren kreischend auseinander und tau-
chen nach verschiedenen Seiten hinauf.)


Rheintöchter
Heia! heia! heia jahei!
Rettet euch! es raset der Alp:
in den Wassern sprüht's, wohin er springt:
die Minne macht ihn verrückt!
ha ha ha ha ha ha ha!
(Alberich gelangt mit einem letzten Satze zur Spitze.)

Alberich
Bangt euch noch nicht?
So buhlt nun im Finstern, feuchtes Gezücht!
(Er streckt die Hand nach dem Gold aus.)
Das Licht lösch ich euch aus,
entreiße dem Riff das Gold,
schmiede den rachenden Ring;
denn hör' es die Fluth:
so verfluch' ich die Liebe!
(Er reißt mit furchtbarer Gewalt das Gold aus dem
Riffe, und stürzt dann hastig in die Tiefe, wo er schnell
verschwindet. Dichte Nacht bricht plötzlich überall
herein. Die Mädchen tauchen jach dem Räuber in die Tiefe nach.)


Flosshilde
Haltet den Räuber!

Wellgunde
Rettet das Gold!

Rheintöchter
Hülfe! Hülfe! Weh'! Weh'!
(Die Fluth fällt mit ihnen nach der Tiefe hinab. Aus
dem untersten Grunde hört man Alberichs gellendes Hohngelächter.)

(In dichtester Finsterniss verschwinden die Riffe;
die ganze Bühne ist von der Höhe bis zur Tiefe von
schwarzem Gewoge erfüllt, das eine Zeit lang immer
noch abwärts zu sinken scheint.)

(Allmählich sind die Wogen in Gewölk über-
gegangen, welches, als eine immer heller däm-
mernde Beleuchtung dahinter tritt, zu feinerem Nebel sich abklärt.)

(Als der Nebel, in zarten Wölkchen, sich gänzlich in
der Höhe verliert, wird, im Tagesgrauen eine freie
Gegend auf Bergeshöhen sichtbar. Wotan und neben
ihm Fricka, beide schlafend, liegen zur Seite auf blumigem Grunde.)


Zweite Scene

Freie Gegend auf Bergeshöhen
(Der hervorbrechende Tag beleuchtet mit wachs-
endem Glanze eine Burg mit blinkenden Zinnen, die
auf einem Felsgipfel im Hintergrunde steht, zwischen
diesem und dem Vordergrunde ist ein tiefes Thal,
durch das Rhein fließt, anzunehmen.
Wotan und Fricka schlafend.)


(Die Burg ist ganz sichtlich geworden. Fricka
erwacht: ihr Auge fällt auf die Burg.)


Fricka
(erschrocken) Wotan, Gemahl! erwache!

Wotan
(fortträumend)
Der Wonne seligen Saal
bewachen mir Thür und Thor:
Mannes-Ehre, ewige Macht,
ragen zu endlosem Ruhm!

Fricka
(rüttelt ihn)
Auf, aus der Träume wonnigem Trug!
Erwache, Mann, und erwäge!
(Wotan erwacht, und erhebt sich ein wenig; sein
Blick wird sogleich vom Anblick der Burg gefesselt.)


Wotan
Vollendet das ewige Werk!
Auf Berges Gipfel die Götterburg;
prächtig prahlt der prangende Bau!
Wie im Traum ich ihn trug,
wie mein Wille ihn wies,
stark und schön steht er zur Schau:
hehrer, herrlicher Bau!

Fricka
Nur Wonne schafft dir, was mich erschreckt?
Dich freut die Burg, mir bangt es um Freia!
Achtloser, lass' dich erinnern
des ausbedungenen Lohn's!
Die Burg ist fertig, verfallen das Pfand:
vergaßest du, was du vergab'st?

Wotan
Wohl dünkt mich's, was sie bedungen,
die dort die Burg mir gebaut;
durch Vertrag zähmt ich ihr trotzig Gezücht,
daß sie die hehre Halle mir schüfen;
die steht nun—Dank den Starken:
um den Sold sorge dich nicht.

Fricka
O lachend frevelnder Leichtsinn!
liebelosester Frohmuth!
Wußt' ich um euren Vertrag,
dem Truge hätt' ich gewehrt;
doch muthig entferntet ihr Männer die Frauen,
um taub und ruhig vor uns,
allein mit den Riesen zu tagen:
so ohne Scham verschenktet ihr Frechen
Freia, mein holdes Geschwister,
froh des Schächergewerb's!
Was ist euch Harten doch heilig und werth,
giert ihr Männer nach Macht!

Wotan
(ruhig)
Gleiche Gier war Fricka wohl fremd,
als selbst um den Bau sie mich bat?

Fricka
Um des Gatten Treue besorgt,
muß traurig ich wohl sinnen,
wie an mich er zu fesseln,
zieht's in die Ferne ihn fort:
herrliche Wohnung, wonniger Hausrath,
sollten dich binden zu säumender Rast.
Doch du bei dem Wohnbau sann'st
auf Wehr und Wall allein:
Herrschaft und Macht soll er dir mehren;
nur rastloser'n Sturm zu erregen,
erstand dir die ragende Burg.

Wotan
(lächelnd) Wolltest du Frau
in der Feste mich fangen,
mir Gotte mußt du schon gönnen,
daß in der Burg gefangen,
ich mir von außen gewinne die Welt:
Wandel und Wechsel liebt wer lebt;
das Spiel drum kann ich nicht sparen!

Fricka
Liebeloser, leidigster Mann!
Um der Macht und Herrschaft müßigen Tand
verspielst du in lästerndem Spott
Liebe und Weibes Werth?

Wotan
Um dich zum Weib zu gewinnen,
mein eines Auge setzt' ich werbend daran:
wie thörig tadelst du jetzt!
Ehr' ich die Frauen doch mehr als dich freut;
und Freia, die gute, geb' ich nicht auf;
nie sann dies ernstlich mein Sinn.

Fricka
(mit ängstlicher Spannung in die Scene blickend)
So schirme sie jetzt: in schutzloser Angst
läuft sie nach Hilfe dort her.
(Freia tritt wie in hastiger Flucht auf.)

Freia
Hilf mir, Schwester! schütze mich, Schwäher!
Vom Felsen drüben drohte mir Fasolt,
mich Holde käm' er zu holen.

Wotan
Lass' ihn droh'n! Sah'st du nicht Loge?

Fricka
Daß am liebsten du immer dem Listigen trau'st!
Viel Schlimmes schuf er uns schon,
doch stets bestrickt er dich wieder.

Wotan
Wo freier Muth frommt,
allein frag' ich nach Keinem.
Doch des Feindes Neid zum Nutz sich fügen,
lehrt nur Schlauheit und List,
wie Loge verschlagen sie übt.
Der zum Vertrage mir rieth,
versprach mir Freia zu lösen:
auf ihn verlass' ich mich nun.

Fricka
Und er läßt dich allein!
Dort schreiten rasch die Riesen heran:
wo harrt dein schlauer Gehülf'?

Freia
Wo harren meine Brüder,
daß Hülfe sie brächten,
da mein Schwäher die Schwache verschenkt?
Zu Hülfe, Donner! Hieher, hieher!
Rette Freia, mein Froh!

Fricka
Die im bösem Bund dich verriethen,
sie Alle bergen sich nun!
(Fasolt und Fafner, beide in riesiger Gestalt, mit
starken Pfählen bewaffnet, treten auf.)


Fasolt
Sanft schloß Schlaf dein Aug';
wir Beide bauten Schlummers baar die Burg.
Mächt'ger Müh' müde nie,
stauten starke Stein' wir auf;
steiler Thurm, Thür' und Thor,
deckt und schließt im schlanken Schloß den Saal.
(auf die Burg deutend)
Dort steht's was wir stemmten,
schimmernd hell, bescheint's der Tag;
zieh' nun ein, uns zahl' den Lohn!

Wotan
Nennt, Leute, den Lohn;
was dünkt euch zu bedingen?

Fasolt
Bedungen ist, was tauglich uns dünkt:
gemahnt es dich so matt?
Freia, die Holde, Holda, die Freie,
vertragen ist's, sie tragen wir heim.

Wotan
(schnell)
Seid ihr bei Trost mit eurem Vertrag?
Denkt auf andren Dank: Freia ist mir nicht feil!
(Fasolt steht, in höchster Bestürzung,
eine Weile sprachlos.)


Fasolt
Was sagst du? ha!
Sinn'st du Verrath? Verrath am Vertrag?
Die dein Speer birgt, sind sie dir Spiel,
des berathnen Bundes Runen?

Fafner
Getreu'ster Bruder,
merk'st du Tropf nun Betrug?

Fasolt
Lichtsohn du, leicht gefügter!
hör' und hüte dich; Verträgen halte Treu'!
Was du bist, bist du nur durch Verträge;
bedungen ist, wohl bedacht deine Macht:
bist weiser du als witzig wir sind,
bandest uns Freie zum Frieden du:
all' deinem Wissen fluch' ich,
fliehe weit deinen Frieden,
weißt du nicht offen, ehrlich und frei
Verträgen zu wahren die Treu'!
Ein dummer Riese räth dir das:
Du Weiser, wiss' es von ihm!

Wotan
Wie schlau für Ernst du achtest,
was wir zum Scherz nur beschlossen!
Die liebliche Göttin, licht und leicht,
was taugt euch Tölpeln ihr Reiz?

Fasolt
Höhn'st du uns? ha, wie unrecht!
Die ihr durch Schönheit herrscht,
schimmernd hehres Geschlecht,
wir thörig strebt ihr nach Thürmen von Stein,
setzt um Burg und Saal
Weibes Wonne zum Pfand!
Wir Plumpen plagen uns
schwitzend mit schwieliger Hand,
ein Weib zu gewinnen,
das wonnig und mild
bei uns Armen wohne:
und verkehrt nenn'st du den Kauf?

Fafner
Schweig' dein faules Schwatzen;
Gewinn werben wir nicht:
Freias Haft hilft wenig doch viel gilt's
den Göttern sie zu entreißen.
(leise) Gold'ne Äpfel wachsen in ihrem Garten,
sie allein weiß die Äpfel zu pflegen;
der Frucht Genuß frommt ihren Sippen
zu ewig nie alternder Jugend:
siech und bleich doch sinkt ihre Blüthe,
alt und schwach schwinden sie hin,
müssen Freia sie missen.
(grob) Ihrer Mitte drum sei sie entführt!

Wotan
(fürsich) Loge säumt zu lang'!

Fasolt
Schlicht gib nun Bescheid!

Wotan
Fordert andern Sold!

Fasolt
Kein andrer: Freia allein!

Fafner
Du da! Folge uns!
(Fafner und Fasolt dringen auf Freia.
Froh und Donner kommen eilig.)


Freia
Helft! Helft vor den Harten!

Froh
(Freia in seine Arme fassend)
Zu mir, Freia!
(zu Fafner)
Meide sie, Frecher!
Froh schützt die Schöne.

Donner
(sich vor die beiden Riesen stellend)
Fasolt und Fafner, fühltet ihr schon meines
Hammers harten Schlag?

Fafner
Was soll das Droh'n?

Fasolt
Was dring'st du her?
Kampf kies'ten wir nicht,
verlangen nur unsern Lohn.

Donner
Schon oft zahlt ich Riesen den Zoll.
Kommt her, des Lohnes Last
wäg' ich mit gutem Gewicht!
(Er schwingt den Hammer.)

Wotan
(seinen Speer zwischen den Streitenden ausstreckend)
Halt, du Wilder! Nichts durch Gewalt!
Verträge schützt meines Speeres Schaft:
spar' deines Hammers Heft!

Freia
Wehe! Wehe! Wotan verläßt mich!

Fricka
Begreif' ich dich noch, grausamer Mann?
(Wotan wendet sich ab und sieht Loge kommen.)

Wotan
Endlich Loge!
Eiltest du so, den du geschlossen,
den schlimmen Handel zu schlichten?
(Loge ist im Hintergrunde aus dem Thale heraufgestiegen.)

Loge
Wie? welchen Handel hätt' ich geschlossen?
Wohl was mit den Riesen dort im Rahte du dang'st?
In Tiefen und Höhen treibt mich mein Hang;
Haus und Herd behagt mir nicht.
Donner und Froh, die denken an Dach und Fach,
wollen sie frei'n, ein Haus muß sie erfreu'n.
Ein stolzer Saal, ein starkes Schloß,
danach stand Wotans Wunsch.
Haus und Hof, Saal und Schloß,
die selige Burg, sie steht nun fest gebaut.
Das Pracht gemäuer prüft' ich selbst,
ob alles fest, forscht' ich genau;
Fasolt und Fafner fand ich bewährt:
kein Stein wankt im Gestemm.
Nicht müßig war ich, wie mancher hier;
der lügt, wer lässig mich schilt!

Wotan
Arglistig weich'st du mir aus:
mich zu betrügen hüte in Treuen dich wohl!
Von allen Göttern dein einz'ger Freund,
nahm ich dich auf in der übel trauenden Troß.
Nun red' und rathe klug!
Da einst die Bauer der Burg
zum Dank Freia bedangen,
du weißt, nicht anders willigt' ich ein,
als weil auf Pflicht du gelobtest
zu lösen das hehre Pfand?

Loge
Mit höchster Sorge drauf zu sinnen,
wie es zu lösen, das hab' ich gelobt.
Doch, daß ich fände
was nie sich fügt, was nie gelingt,
wie ließ' sich das wohl geloben?

Fricka
(zu Wotan)
Sieh, welch' trugvollem Schelm du getraut!

Froh
Loge heißt du, doch nenn' ich dich Lüge!

Donner
Verfluchte Lohe, dich lösch' ich aus!

Loge
Ihre Schmach zu decken
schmähen mich Dumme!
(Donner holt auf Loge aus.)

Wotan
(tritt dazwischen)
In Frieden laßt mir den Freund!
Nicht kennt ihr Loges Kunst:
reicher wiegt seines Rathes Werth,
zahlt er zögernd ihn aus.

Fafner
Nichts gezögert! rasch gezahlt!

Fasolt
Lang währt's mit dem Lohn!
(Wotan wendet sich hart zu Loge.)

Wotan
(drängend)
Jetzt hör', Störrischer! halte Stich!
Wo schweiftest du hin und her?

Loge
Immer ist Undank Loges Lohn!
Für dich nur besorgt, sah ich mich um,
durch stöbert im Sturm alle Winkel der Welt:
Ersatz für Freia zu suchen,
wie er den Riesen wohl recht.
Umsonst sucht' ich, und sehe nun wohl:
in der Welten Ring nichts ist so reich,
als Ersatz zu muthen dem Mann
für Weibes Wonne und Werth!
(Alle gerathen in Erstaunen und verschiedenartige
Betroffenheit.)

So weit Leben und Weben,
in Wasser, Erd' und Luft,
viel frug' ich, forschte bei allen,
wo Kraft nur sich rührt, und Keime sich regen:
was wohl dem Manne mächt'ger dünk',
als Weibes Wonne und Wert?
Doch so weit Leben und Weben,
verlacht nur ward meine fragende List:
in Wasser, Erd' und Luft,
lassen will nichts von Lieb' und Weib.
(Gemischte Bewegung.)
Nur einen sah' ich,
der sagte der Liebe ab:
um rothes Gold entrieth er des Weibes Gunst.
Des Rheines klare Kinder
klagten mir ihre Noth:

der Nibelung, Nacht-alberich,
buhlte vergebens um der Badenden Gunst;
das Rheingold da raubte sich rächend der Dieb:
das dünkt ihn nun das theuerste Gut,
hehrer als Weibes Huld.
Um den gleißenden Tand, der Tiefe entwandt,
erklang mir der Töchter Klage:
an dich, Wotan, wenden sie sich,
daß zu Recht du zögest den Räuber,
(mit wachsender Wärme)
das Gold dem Wasser wieder gebest,
und ewig es bliebe ihr eigen.
Dir's zu melden gelobt' ich den Mädchen:
nun lös'te Loge sein Wort.

Wotan
Thörig bist du, wenn nicht gar tückisch!
Mich selbst siehst du in Noth:
wie hülf' ich andern zum Heil?

Fasolt
(der aufmerksam zugehört, zu Fafner)
Nicht gönn' ich das Gold dem Alben;
viel Noth schon schuf uns der Niblung;
doch schlau entschlüpfte unserm Zwange immer
der Zwerg.

Fafner
Neue Neidthat sinnt uns der Niblung,
gibt das Gold ihm Macht.
Du da, Loge! sag' ohne Lug:
was Großes gilt denn das Gold,
daß dem Niblung es genügt?

Loge
Ein Tand ist's in des Wassers Tiefe,
lachenden Kindern zur Lust;
doch ward es zum runden Reife geschmiedet,
hilft es zur höchsten Macht,
gewinnt dem Manne die Welt.

Wotan
(sinnend)
Von des Rheines Gold hört ich raunen:
Beuterunen berge sein rother Glanz;
Macht und Schätze schüf' ohne Maaß ein Reif.

Fricka
(leise zu Loge)
Taugte wohl des gold'nen Tandes gleißend Geschmeid
auch Frauen zu schönem Schmuck?

Loge
Des Gatten Treu' ertrotzte die Frau,
trüge sie hold den hellen Schmuck,
den schimmernd Zwerge schmieden
rührig im Zwange des Reifs.

Fricka
(schmeichelnd zu Wotan)
Gewänne mein Gatte sich wohl das Gold?

Wotan
(wie in einem Zustande wachsender Bezauberung)
Des Reifes zu walten,
räthlich will es mich dünken.
Doch wie, Loge, lernt' ich die Kunst?
wie schüf ich mir das Geschmeid?

Loge
Ein Runenzauber zwingt das Gold zum Reif;
keiner kennt ihn; doch einer übt ihn leicht,
der sel'ger Lieb' entsagt.
(Wotan wendet sich unmuthig ab.)
Das spar'st du wohl; zu spät auch käm'st du;
Alberich zauderte nicht.
Zaglos gewann er des Zaubers Macht:
(grell) gerathen ist ihm der Ring!

Donner
(zu Wotan)
Zwang uns allen schüfe der Zwerg,
würd' ihm der Reif nicht entrissen.

Wotan
Den Ring muß ich haben!

Froh
Leicht erringt ohne Liebesfluch er sich jetzt.

Loge
(grell)
Spottleicht, ohne Kunst,
wie im Kinderspiel!

Wotan
So rathe, wie?

Loge
Durch Raub!
Was ein Dieb stahl, das stiehl'st du dem Dieb;
ward leichter ein Eigen erlangt?
Doch mit arger Wehr wahrt sich Alberich;
klug und fein mußt du verfahren,
zieh'st den Räuber du zu Recht,
um des Rheines Töchtern, den rothen Tand,
das Gold (mit Wärme)wieder zu geben;
denn darum flehen sie dich.

Wotan
Des Rheines Töchter?
Was taugt mir der Rath?

Fricka
Von dem Wassergezücht
mag ich nichts wissen;
schon manchen Mann mir zum Leid!
verlockten sie buhlend im Bad.
(Wotan steht stumm mit sich kämpfend, die
übrigen Götter heften in schweigender Spannung die Blicke auf ihn.
Während dem hat Fafner bei Seite mit Fasolt berathen.)


Fafner
(zu Fasolt)
Glaub' mir, mehr als Freia
frommt das gleißende Gold:
auch ew'ge Jugend erjagt,
wer durch Goldes Zauber sie zwingt.
(Fasolts Gebärde deutet an, daß er sich wider
Willen überredet fühlt.
Fafner tritt mit Fasolt wieder an Wotan heran.)


Fafner
Hör', Wotan, der Harrenden Wort!
Freia bleib' euch in Frieden;
leicht'ren Lohn fand ich zur Lösung:
uns rauhen Riesen genügt
des Niblungen rothes Gold.

Wotan
Seid ihr bei Sinn? Was nicht ich besitze,
soll ich euch Schamlosen schenken?

Fafner
Schwer baute dort sich die Burg:
leicht wird dir's mit list'ger Gewalt
(was im Neidspiel nie uns gelang:)
den Niblungen fest zu fah'n.

Wotan
(beschleunigend)
Für euch müht' ich mich um den Alben?
für euch fing ich den Feind?
Unverschämt und überbegehrlich,
macht euch Dumme mein Dank!
(Fasolt ergreift plötzlich Freia,
und führt sie mit Fafner zur Seite.)


Fasolt
Hieher, Maid! In uns're Macht!
Als Pfand folg'st du uns jetzt,
bis wir Lösung empfah'n!

Freia
(schreiend) Wehe! Wehe! Weh!

Fafner
Fort von hier sei sie entführt!
Bis Abend, achtet's wohl!
pflegen wir sie als Pfand;
wir kehren wieder; doch kommen wir,
und bereit liegt nicht als Lösung,
das Rheingold licht und roth.

Fasolt
Zu End' ist die Frist dann,
Freia verfallen: für immer folge sie uns!

Freia
(schreiend)
Schwester! Brüder! Rettet! Helft!
(Freia wird von den hastig enteilenden Riesen fortgetragen.)

Froh
Auf, ihnen nach!

Donner
Breche denn alles!
(Sie blicken Wotan fragend an.)

Freia
(aus der Ferne) Rettet! Helft!

Loge
(den Riesen nachsehend)
Über Stock und Stein zu Thal stapfen sie hin:
durch des Rheines Wasserfurth waten die Riesen.
Fröhlich nicht hängt Freia
den Rauhen über dem Rücken!
Heia! hei! wie taumeln die Tölpel dahin!

Durch das Thal talpen sie schon.
Wohl an Riesenheims Mark erst halten sie Rast.
(Er wendet sich zu den Göttern.)
Was sinnt nun Wotan so wild?
Den sel'gen Göttern wie geht's?
(Ein fahler Nebel erfüllt mit wachsender Dichtheit
die Bühne; in ihm erhalten die Götter ein zunehmend
bleiches und ältliches Aussehen: alle stehen bang
und erwartungsvoll auf Wotan blickend, der sinnend
die Augen an den Boden heftet.)

Trügt mich ein Nebel? neckt mich ein Traum?
Wie bang und bleich verblüht ihr so bald!
Euch erlischt der Wangen Licht;
der Blick eures Auges verblitzt!
Frisch, mein Froh! noch ist's ja früh!
Deiner Hand, Donner, entsinkt ja der Hammer!
Was ist's mit Fricka? freut sie sich wenig
ob Wotans grämlichem Grau,
das schier zum Greisen ihn schafft?

Fricka
Wehe! Wehe! Was ist gescheh'n?

Donner
Mir sinkt die Hand!

Froh
Mir stockt das Herz!

Loge
Jetzt fand' ich's! hört, was euch fehlt!
Von Freias Frucht genosset ihr heute noch nicht.
Die goldnen Äpfel in ihrem Garten,
sie machten euch tüchtig und jung,
aß't ihr sie jeden Tag.
Des Gartens Pflegerin ist nun verpfändet;
an den Ästen darbt und dorrt das Obst,
bald fällt faul es herab.
Mich kümmert's minder;
an mir ja kargte Freia von je
knausernd die köstliche Frucht:
denn halb so ächt nur bin ich wie, Selige, ihr!
(frei, doch lebhaft und grell)
Doch ihr setztet alles auf das jüngende Obst:
das wußten die Riesen wohl;
auf eurer Leben legten sie's an:
nun sorgt, wie ihr das wahrt!
Ohne die Äpfel, alt und grau,
greis und grämlich,
welkend zum Spott aller Welt,
erstirbt der Götter Stamm.

Fricka
(bang)
Wotan, Gemahl! unsel'ger Mann!
Sieh, wie dein Leichtsinn lachend uns allen
Schimpf und Schmach erschuf!

Wotan
(mit plötzlichem Entschluß auffahrend)
Auf, Loge! hinab mit mir!
Nach Nibelheim fahren wir nieder:
gewinnen will ich das Gold.

Loge
Die Rheintöchter riefen dich an:
so dürfen Erhörung sie hoffen?

Wotan
(heftig)
Schweige, Schwätzer!
Freia, die Gute,
Freia gilt es zu lösen!

Loge
Wie du befiehlst, führ' ich dich schnell:
steil hinab steigen wir denn durch den Rhein?

Wotan
Nicht durch den Rhein!

Loge
So schwingen wir uns durch die
Schwefelkluft.
dort schlüpfe mit mir hinein!
(Er geht voran und verschwindet seitwärts in einer Kluft,
aus der sogleich ein schwefliger Dampf hervorquillt.)


Wotan
Ihr andern harrt bis Abend hier:
verlor'ner Jugend
erjag' ich erlösen des Gold!
(Er steigt Loge nach in die Kluft hinab: der aus ihr
dringende Schwefeldampf verbreitet sich über die
ganze Bühne, und erfüllt diese schnell mit dickem
Gewölk. Bereits sind die Zurückbleibenden unsichtbar.)


Donner
Fahre wohl, Wotan!

Froh
Glück auf! Glück auf!

Fricka
O kehre bald zur bangenden Frau!

(Der Schwefeldampf verdüstert sich zu ganz
schwarzem Gewölk, welches von unten nach oben
steigt; dann verwandelt sich dieses in festes, finstres
Steingeklüft, das sich immer aufwärts bewegt, so daß
es den Anschein hat, als sänke die Scene immer tiefer
in die Erde hinab.)


(Von verschiedenen Seiten her dämmert aus der
Ferne dunkelroter Schein auf: wachsendes Geräusch,
wie von Schmiedenden, wird überall her vernommen.)


(Das Getöse der Ambose verliert sich. Eine un-
absehbar weit sich dahinziehende unterirdische Kluft
wird erkennbar, die nach allen Seiten hin in enge
Schachte auszumünden scheint.)


Dritte Scene

Nibelheim
(Alberich zerrt den kreischenden Mime aus einer
Seitenschluft herbei.)


Alberich
Hehe! hehe! hieher! hieher!
tückischer Zwerg!
Tapfer gezwickt, sollst du mir sein,
schaffst du nicht fertig, wie ich's bestellt,
zur Stund' das feine Geschmeid!

Mime
(heulend)
Ohe! Ohe! Au! Au!
Lass' mich nur los! Fertig ist's, wie du befahl'st
mit Fleiß und Schweiß ist es gefügt:
nimm' nur die(grell)Nägel vom Ohr!

Alberich
Was zögerst du dann,
und zeigst es nicht?

Mime
Ich Armer zagte, daß noch was fehle.

Alberich
Was wär' noch nicht fertig?

Mime
(verlegen)
Hier ... und da ...

Alberich
Was hier und da? Her das Geschmeid!
(Er will ihm wieder an das Ohr fahren: vor Schreck
läßt Mime ein metall'nes Gewirke, das er krampfhaft
in den Händen hielt, sich entfallen. Alberich hebt es
hastig auf und prüft es genau.)

Schau, du Schelm! Alles geschmiedet
und fertig gefügt, wie ich's befahl!
So wollte der Tropf schlau mich betrügen?
für sich behalten das hehre Geschmeid,
das meine List ihn zu schmieden gelehrt?
Kenn' ich dich dummen Dieb?
(Er setzt das Gewirk als Tarnhelm auf den Kopf.)
Dem Haupt fügt sich der Helm:
ob sich der Zauber auch zeigt?
(sehr leise)
"Nacht und Nebel. Niemand gleich!"
(Seine Gestalt verschwindet,
statt ihrer gewahrt man eine Nebelsäule.)

Siehst du mich, Bruder?

Mime
(blickt sich verwundert um)
Wo bist du? ich sehe dich nicht.

Alberich
(unsichtbar)
So fühle mich doch, du fauler Schuft!
Nimm' das für dein Diebsgelüst!
(Mime windet sich unter empfangenen Geißel-
hieben, deren Fall man vernimmt, ohne die Geißel
selbst zu sehen.)


Mime
Ohe, Ohe! Au! Au! Au!

Alberich
(lachend, unsichtbar)
Ha ha ha ha ha ha!
Hab' Dank, du Dummer!
Dein Werk bewährt sich gut!
Hoho! Hoho!
Niblungen all', neigt euch nun Alberich!
Überall weilt er nun euch zu bewachen;
Ruh' und Rast ist euch zerronnen;
ihm müßt ihr schaffen, wo nicht ihr ihn schaut;
wo nicht ihr ihn gewahrt, seid seiner gewärtig!
Unterthan seid ihr ihm immer!
(grell) Hoho! Hoho! hört' ihn, er naht:
der Niblungen Herr!
(Die Nebelsäule verschwindet dem Hintergrunde
zu: man hört in immer weiterer Ferne die tobende
Ankunft Alberichs. Mime ist vor Schmerz zusammengesunken.)

(Wotan und Loge lassen sich aus einer Schluft von oben herab.)

Loge
Nibelheim hier. Durch bleiche Nebel
was blitzen dort feurige Funken?

Mime
Au! Au! Au!

Wotan
Hier stöhnt es laut: was liegt im Gestein?

Loge
(sich zu Mime neigend)
Was Wunder wimmerst du hier?

Mime
Ohe! Ohe! Au! Au!

Loge
Hei, Mime! Muntrer Zwerg!
Was zwickt und zwackt dich denn so?

Mime
Laß mich in Frieden!

Loge
Das will ich freilich, und mehr noch, hör':
helfen will ich dir, Mime!
(Er stellt ihn mühsam aufrecht.)

Mime
Wer hülfe mir!
Gehorchen muß ich dem leiblichen Bruder,
der mich in Bande gelegt.

Loge
Dich, Mime, zu binden,
was gab ihm die Macht?

Mime
Mit arger List schuf sich Alberich
aus Rheines Gold einem gelben Reif:
seinem starken Zauber zittern wir staunend;
mit ihm zwingt er uns alle,
der Niblungen nächtges Heer.
Sorglose Schmiede, schufen wir sonst wohl
Schmuck unsern Weibern,
wonnig Geschmeid', niedlichen Niblungentand;
wir lachten lustig der Müh'.
Nun zwingt uns der Schlimme,
in Klüfte zu schlüpfen,
für ihn allein uns immer zu müh'n.
Durch des Ringes Gold erräth seine Gier,
wo neuer Schimmer in Schachten sich birgt:
da müssen wir spähen, spüren und graben,
die Beute schmelzen, und schmieden den Guß,
ohne Ruh' und Rast
dem Herrn zu häufen den Hort.

Loge
Dich Trägen soeben traf wohl sein Zorn?

Mime
Mich Ärmsten,
ach, mich zwang er zum Ärgsten:
Ein Helmgeschmeid' hieß er mich schweißen;
genau befahl er, wie es zu fügen.
Wohl merkt' ich klug, welch mächt'ge Kraft
zu eigen dem Werk, das aus Erz ich wob;
für mich drum hüten wollt' ich dem Helm;
durch seinen Zauber Alberichs Zwang mich entziehn:
vielleicht . ja vielleicht
den Lästigen selbst überlisten,
in meine Gewalt ihn zu werfen;
den Ring ihm zu entreißen,
daß, wie ich Knecht jetzt dem Kühnen,
(grell) mir Freien er selber dann fröhn'!

Loge
Warum, du Kluger,
glückte dir's nicht?

Mime
Ach! der das Werk ich wirkte,
den Zauber, der ihm entzückt,
den Zauber errieth ich nicht recht!
der das Werk mir rieth, und mir's entriß,
der lehrte mich nun, doch leider zu spät,
welche List läg' in dem Helm:
Meinem Blick entschwand er;
doch Schwielen dem Blinden schlug unschaubar sein Arm.
(heulend und schluchzend)
Das schuf ich mir Dummen schön zu Dank!
(Er streicht sich den Rücken. Wotan und Loge lachen.)

Loge
(zu Wotan)
Gesteh', nicht leicht gelingt der Fang.

Wotan
Doch erliegt der Feind, hilft deine List!
(Mime betrachtet die Götter aufmerksamer.)

Mime
Mit eurem Gefrage,
wer seid denn ihr Fremde?

Loge
Freunde dir; von ihrer Noth
befrei'n wir der Niblungen Volk!
(Mime schrickt zusammen, da er Alberich sich
wieder nahen hört.)


Mime
Nehmt euch in Acht; Alberich naht.
(Er rennt vor Angst hin und her.)

Wotan
(ruhig sich auf einen Stein setzend)
Sein' harren wir hier.
(Alberich, der den Tarnhelm vom Haupte ge nom-
men und an den Gürtel gehängt hat, treibt mit
geschwungener Geißel aus der unteren, tiefer gelege-
nen Schlucht, aufwärts eine Schaar Nibelungen vor
sich her: diese sind mit goldenem und silbernem
Geschmeide beladen, das sie, unter Alberichs steter Nöthigung,
all auf einen Haufen speichern und so zu einem Horte häufen.)


Alberich
Hieher! Dorthin! Hehe! Hoho!
Träges Heer! Dort zu Hauf schichtet den Hort!
Du da, hinauf! Willst du voran?
Schmähliches Volk! Ab das Geschmeide!
Soll ich euch helfen? Alle hieher!
(Er gewahrt plötzlich Wotan und Loge.)
He! wer ist dort? Wer drang hier ein?
Mime, zu mir! Schäbiger Schuft!
Schwatztest du gar mit dem schweifenden Paar?
Fort, du Fauler!
Willst du gleich schmieden und schaffen?
(Er treibt Mime mit Geißelhieben in den Haufen
der Nibelungen hinein.)

He! An die Arbeit!
Alle von hinnen! Hurtig hinab!
Aus den neuen Schachten schafft mir das Gold!
Euch grüßt die Geißel, grabt ihr nicht rasch!
Daß keiner mir müßig, bürge mir Mime,
sonst birgt er sich schwer meiner Geißel
Schwunge!
Daß ich überall weile, wo keiner mich wähnt,
das weiß er, dünkt mich, genau!
Zögert ihr noch? Zaudert wohl gar?
(Er zieht seinen Ring vom Finger, küßt ihn und
streckt ihn drohend aus.)

Zitt're und zage, gezähmtes Heer!
Rasch gehorcht des Ringes Herrn!
(Unter Geheul und Gekreisch stieben die Nibelung-
en, unter ihnen Mime, auseinander, und schlüpfen
nach allen Seiten in die Schachte hinab.)

(Alberich betrachtet lange und mißtrauisch
Wotan und Loge.)

Was wollt ihr hier?

Wotan
Von Nibelheims nächt'gem Land
vernahmen wir neue Mär':
mächt'ge Wunder wirke hier Alberich;
daran uns zu weiden
trieb uns Gäste die Gier.

Alberich
Nach Nibelheim führt euch der Neid:
so kühne Gäste, glaubt, kenn' ich gut!

Loge
Kennst du mich gut, kindischer Alp?
Nun sag, wer bin ich daß du so bell'st?
Im kalten Loch, da kauernd du lag'st,
wer gab dir Licht und wärmende Lohe,
wenn Loge nie dir gelacht?
Was hülf' dir dein Schmieden,
heizt' ich die Schmiede dir nicht?
Dir bin ich Vetter, und war dir Freund:
nicht fein drum dünkt mich dein Dank!

Alberich
Den Lichtalben lacht jetzt Loge, der list'ge Schelm?
Bist du Falscher ihr Freund,
wie mir Freund du einst war'st:
haha! mich freut's!
von ihnen fürcht' ich dann nichts.

Loge
So denk' ich kannst du mir trau'n?

Alberich
Deiner Untreu trau' ich,
nicht deiner Treu'!
(eine herausfordernde Stellung annehmend)
Doch getrost trotz' ich euch Allen!

Loge
Hohen Muth verleiht deine Macht;
grimmig groß wuchs dir die Kraft!

Alberich
Siehst du den Hort,
den mein Heer dort mir gehäuft?

Loge
So neidlichen sah ich noch nie.

Alberich
Das ist für heut', ein kärglich Häufchen!
Kühn und mächtig soll er künftig sich mehren.

Wotan
Zu was doch frommt dir der Hort,
da freudlos Nibelheim,
und nichts für Schätze hier feil?

Alberich
Schätze zu schaffen,
und Schätze zu bergen
nützt mir Nibelheims Nacht.
Doch mit dem Hort, in der Höhle gehäuft,
denk' ich dann Wunder zu wirken:
die ganze Welt
gewinn' ich mit ihm mir zu eigen!

Wotan
Wie beginnst du, Gütiger, das?

Alberich
Die in linder Lüfte
Weh'n da oben ihr lebt, lacht und liebt:
mit gold'ner Faust euch Göttliche fang' ich mir alle!
Wie ich der Liebe abgesagt,
Alles was lebt soll ihr entsagen!
Mit Golde gekirrt, nach Gold,
nur sollt ihr noch gieren!
Auf wonnigen Höh'n,
in seligem Weben wiegt ihr euch;
den Schwarzalben verachtet ihr ewigen Schwelger!
Habt Acht! Habt Acht!
Denn dient ihr Männer erst meiner Macht,
eure schmucken Frau'n,
die mein Frei'n verschmäht,
sie zwingt zur Lust sich der Zwerg,
lacht Liebe ihm nicht!
(wild lachend)
Ha ha ha ha!
Habt ihr's gehört? Habt Acht!
Habt Acht! vor dem nächtlichen Heer,
entsteigt des Niblungen Hort
aus stummer Tiefe zu Tag!

Wotan
(auffahrend)
Vergeh', frevelnder Gauch!

Alberich
Was sagt der?

Loge
(dazwischen tretend)
Sei doch bei Sinnen!
(zu Alberich)
Wen doch faßte nicht Wunder,
erfährt er Alberichs Werk?
Gelingt deiner herrlichen List,
was mit dem Horte du heischest:
den Mächtigsten muß ich dich rühmen;
denn Mond und Stern',
und die strahlende Sonne,
sie auch dürfen nicht anders,
dienen müssen sie dir.
Doch . wichtig acht' ich vor allem,
daß des Hortes Häufer,
der Niblungen Heer neidlos dir geneigt.
Einen Reif rührtest du kühn;
dem zagte zitternd dein Volk:
doch, wenn im Schlaf ein Dieb dich beschlich,
den Ring schlau dir entriss',
wie wahrtest du, Weiser, dich dann?

Alberich
Der listigste dünkt sich Loge;
andre denkt er immer sich dumm:
daß sein' ich bedürfte
zu Rath und Dienst, um harten Dank,
das hörte der Dieb jetzt gern!
Den hehlenden Helm ersann ich mir selbst;
der sorglichste Schmied,
Mime, mußt' ihn mir schmieden:
schnell mich zu wandeln,
nach meinem Wunsch die Gestalt
mir zu tauschen, taugt der Helm.
Niemand sieht mich, wenn er mich sucht;
doch überall bin ich, geborgen dem Blick.
So, ohne Sorge bin ich selbst sicher vor dir,
du fromm sorgender Freund!

Loge
Vieles sah ich, Seltsames fand ich,
doch solches Wunder gewahrt' ich nie.
Dem Werk ohne Gleichen
kann ich nicht glauben;
wäre das eine möglich,
deine Macht währte dann ewig!

Alberich
Mein'st du, ich lüg'
und prahle wie Loge?

Loge
Bis ich's geprüft,
bezweifl' ich, Zwerg, dein Wort.

Alberich
Vor Klugheit bläht sich zum platzen der
Blöde!
Nun plage dich Neid!
Bestimm', in welcher Gestalt soll
ich jach vor dir steh'n?

Loge
In welcher du willst;
nur mach' vor Staunen mich stumm!

Alberich
(setzt den Helm auf)
"Riesenwurm winde sich ringelnd!"
(Sogleich verschwindet er. Statt seiner windet sich
eine ungeheure Riesenschlange am Boden; sie bäumt
sich, und sperrt den aufgerissenen Rachen auf Wotan und Loge zu.)


Loge
(stellt sich von Furcht ergriffen)
Ohe! Ohe!
Schreckliche Schlange, verschlinge mich nicht!
Schone Logen das Leben!

Wotan
(lachend) Ha ha ha! Ha ha ha!
Gut, Alberich! Gut, du Arger!
Wie wuchs so rasch zum riesigen Wurme der Zwerg!
(Die Schlange verschwindet; statt ihrer erscheint
sogleich Alberich wieder in seiner wirklichen Gestalt.)


Alberich
Hehe! Ihr Klugen! glaubt ihr mir nun?

Loge
(mit zitternder Stimme)
Mein Zittern mag dir's bezeugen!
Zur großen Schlange schuf'st du dich schnell:
weil ich's gewahrt, willig glaub' ich dem Wunder.
Doch, wie du wuchsest,
kannst du auch winzig und klein dich schaffen?
Das Klügste schien' mir das,
Gefahren schlau zu entfliehn:
das aber dünkt mich zu schwer!

Alberich
Zu schwer dir, weil du zu dumm!
Wie klein soll ich sein?

Loge
Daß die feinste Klinze dich fasse,
wo bang die Kröte sich birgt.

Alberich
Pah! nichts leichter! Luge du her!
(Er setzt den Tarnhelm wieder auf)
"Krumm und grau krieche Kröte!"
(Er verschwindet; die Götter gewahren im Gestein
eine Kröte auf sich zu kriechen.)


Loge
(zu Wotan)
Dort, die Kröte!
Greife sie rasch!
(Wotan setzt seinen Fuß auf die Kröte: Loge fährt
ihr nach dem Kopfe und hält den Tarnhelm in der
Hand. Alberich ist plötzlich in seiner wirklichen
Gestalt sichtbar geworden, wie er sich unter Wotans
Fuße windet.)


Alberich
Ohe! Verflucht! Ich bin gefangen!

Loge
Halt' ihn fest, bis ich ihn band.
(Loge bindet ihm mit einem Bastseile Hände und Füße.)
Nun schnell hinauf: dort ist er unser!
(Den Geknebelten, der sich wüthend zu wehren
sucht, fassen Beide, und schleppen ihn mit sich zu der
Kluft, aus der sie herab kamen. Dort verschwinden sie
aufwärts steigend.)

(Die Scene verwandelt sich, nur in umgekehrter
Weise, wie zuvor. Die Verwandlung führt wieder an
den Schmieden vorbei. Fortdauernde Verwandlung nach oben.)

(Wotan und Loge, den gebundenen Alberich mit
sich führend, steigen aus der Kluft herauf.)


Vierte Scene

Freie Gegend auf Bergeshöhen
(Die Aussicht ist noch in fahle Nebel verhüllet wie
am Schluße der zweiten Scene.)


Loge
Da, Vetter, sitze du fest!
Luge, Liebster, dort liegt die Welt,
die du Lungrer gewinnen dir willst:
welch Stellchen, sag',
bestimmst du drin mir zum Stall?
(Er schlägt tanzend ihm Schnippchen.)

Alberich
Schändlicher Schächer!
Du Schalk! Du Schelm!
Löse den Bast, binde mich los;
den Frevel sonst büßest du Frecher!

Wotan
Gefangen bist du, fest mir gefesselt,
wie du die Welt, was lebt und webt,
in deiner Gewalt schon wähntest,
in Banden liegst du vor mir,
du Banger kannst es nicht läugnen!
Zu ledigen dich, bedarf's nun der Lösung.

Alberich
O ich Tropf! ich träumender Thor!
wie dumm traut' ich dem diebischen Trug!
furchtbare Rache räche den Fehl!

Loge
Soll Rache dir frommen,
vor Allem rathe dich frei:
dem gebund'nen Manne büßt kein Freier den Frevel.
Drum sinn'st du auf Rache,
rasch ohne Säumen
sorg' um die Lösung zunächst!
(Er zeigt ihm, mit den Fingern schnalzend,
die Art der Lösung an.)


Alberich
So heischt was ihr begehrt!

Wotan
Den Hort und dein helles Gold.

Alberich
Gieriges Gaunergezücht!
(für sich)
Doch behalt' ich mir nur den Ring,
des Hortes entrath' ich dann leicht;
denn von Neuem gewonnen und wonnig genährt
ist er bald durch des Ringes Gebot:
eine Witzigung wär's, die weise mich macht;
zu theuer nicht zahl' ich die Zucht,
lass' für die Lehre ich den Tand.

Wotan
Erleg'st du den Hort?

Alberich
Löst mir die Hand, so ruf' ich ihn her.
(Loge lös't ihm die Schlinge an der rechten Hand.
Alberich berührt den Ring mit den Lippen und
murmelt heimlich einen Befehl.)

Wohlan, die Niblungen rief ich mir nah'.
Ihrem Herrn gehorchend,
hör' ich den Hort aus der Tiefe sie führen zu Tag;
nun löst mich vom lästigen Band!

Wotan
Nicht eh'r, bis alles gezahlt.
(Die Nibelungen steigen aus der Kluft herauf, mit
den Geschmeiden des Hortes beladen. Während des
folgenden schichten die Nibelungen den Hort auf.)


Alberich
O schändliche Schmach!
daß die scheuen Knechte geknebelt selbst mich
erschau'n!
(zu den Nibelungen)
Dorthin geführt, wie ich's befehl'!
All zu Hauf schichtet den Hort!
Helf' ich euch Lahmen? Hieher nicht gelugt!
Rasch da! rasch!
Dann rührt euch von hinnen,
daß ihr mir schafft! Fort in die Schachte!
Weh' euch, treff' ich euch faul!
Auf den Fersen folg' ich euch nach!
(Er küßt seinen Ring, und streckt ihn gebieterisch
aus. Wie von einem Schlage getroffen, drängen sich
die Nibelungen scheu und ängstlich der Kluft zu, in
der sie schnell hinab schlüpfen.)

Gezahlt hab' ich; nun lass' mich zieh'n:
und das Helmgeschmeid', das Loge dort hält,
das gebt mir nun gütlich zurück!

Loge
(den Tarnhelm auf den Horte werfend)
Zur Buße gehört auch die Beute.

Alberich
Verfluchter Dieb! Doch, nur Geduld!
Der den alten mir schuf, schafft einen andern:
noch halt' ich die Macht, der Mime gehorcht.
Schlimm zwar ist's, dem schlauen Feind
zu lassen die listige Wehr!
Nun denn! Alberich ließ euch Alles:
jetzt lös't, ihr Bösen, das Band!

Loge
Bist du befriedigt? lass' ich ihn frei?

Wotan
Ein gold'ner Ring ragt dir am Finger:
hörst du, Alp?
der, acht' ich, gehört mit zum Hort.

Alberich
(entsetzt)
Der Ring?

Wotan
Zu deiner Lösung mußt du ihn lassen.

Alberich
(bebend)
Das Leben, doch nicht den Ring!

Wotan
(heftiger)
Den Reif verlang' ich:
mit dem Leben mach', was du willst.

Alberich
Lös' ich mir Leib' und Leben,
den Ring auch muß ich mir lösen;
Hand und Haupt, Aug' und Ohr
sind nicht mehr mein Eigen,
als hier dieser rote Ring!

Wotan
Dein Eigen nennst du den Ring?
Rasest du, schamloser Albe?
Nüchtern sag', wem entnahmst du das Gold,
daraus du den schimmernden schuf'st?
War's dein Eigen, was du Arger der Wassertiefe entwandt?
Bei des Rheines Töchtern hole dir Rath,
ob ihr Gold sie zu eigen dir gaben,
das du zum Ring dir geraubt!

Alberich
Schmähliche Tücke! Schändlicher Trug!
Wirfst du Schächer die Schuld mir vor,
die dir so wonnig erwünscht?
Wie gern raubtest du selbst
dem Rheine das Gold,
war nur so leicht die Kunst,
es zu schmieden, erlangt?
Wie glückt' es nun dir Gleißner zum Heil,
daß der Niblung, ich, aus schmählicher Noth,
in des Zornes Zwange,
den schrecklichen Zauber gewann,
dess Werk nun lustig dir lacht?
Des Unseligen, Angst versehrten
fluchfertige, furchtbare That,
zu fürstlichem Tand soll sie fröhlich dir taugen,
zur Freude dir frommen mein Fluch?
Hüte dich, herrischer Gott!
Frevelte ich, so frevelt' ich frei an mir:
doch an Allem was war, ist und wird,
frevelst, Ewiger, du,
entreißest du frech mir den Ring!

Wotan
Her der Ring! Kein Recht an ihm
schwörst du schwatzend dir zu.
(Er ergreift Alberich, und entzieht seinem Finger
mit heftiger Gewalt den Ring.)


Alberich
(gräßlich aufschreiend) Ha!
Zertrümmert! Zerknickt!
Der Traurigen traurigster Knecht!

Wotan
(den Ring betrachtend)
Nun halt' ich, was mich erhebt,
der Mächtigen mächtigsten Herrn.
(Er steckt den Ring an.)

Loge
(zu Wotan)
Ist er gelöst?

Wotan
Bind' ihn los!
(Loge löst Alberich vollends die Bande.)

Loge
(zu Alberich)
Schlüpfe denn heim!
Keine Schlinge hält dich:
frei fahre dahin!

Alberich
(sich erhebend)
Bin ich nun frei?
(wüthend lachend)
Wirklich frei?
So grüß' euch denn meiner Freiheit
erster Gruß!
Wie durch Fluch er mir gerieth,
verflucht sei dieser Ring!
Gab sein Gold mir Macht ohne Maaß,
nun zeug' sein Zauber Tod dem, der ihn trägt!
Kein Froher soll seiner sich freu'n,
keinem Glücklichen lache sein lichter Glanz!
Wer ihn besitzt, den sehre die Sorge,
und wer ihn nicht hat den nage der Neid!
Jeder giere nach seinem Gut,
doch keiner genieße mit Nutzen sein!
Ohne Wucher hüt' ihn sein Herr;
doch den Würger zieh' er ihm zu!
Dem Tode verfallen feßle den Feigen die Furcht:
so lang' er lebt sterb' er lechzend dahin,
des Ringes Herr als des Ringes Knecht!
Bis in meiner Hand
den geraubten wieder ich halte!
So segnet in höchster Noth
der Nibelung seinen Ring:
behalt' ihn nun,
(lachend)
hüte ihn wohl!
(grimmig)
Meinem Fluch fliehest du nicht.
(Er verschwindet schnell in der Kluft.)
(Der dichte Nebelduft des Vordergrundes klärt sich
allmählich auf.)


Loge
Lauschtest du seinem Liebesgruß?

Wotan
(in den Anblick des Ringes an seiner Hand versunken)
Gönn' ihm die geifernde Lust!
(Es wird immer heller.)

Loge
(nach rechts in die Scene blickend)
Fasolt und Fafner nahen von fern:
Freia führen sie her.
(Aus dem sich immer mehr zertheilenden Nebel
erscheinen Donner, Froh und Fricka, und eilen dem
Vordergrunde zu.)


Froh
Sie kehrten zurück!

Donner
Willkommen, Bruder!

Fricka
(besorgt zu Wotan)
Bringst du gute Kunde?

Loge
(auf den Hort deutend)
Mit List und Gewalt gelang das Werk:
dort liegt, was Freia lös't.

Donner
Aus der Riesen Haft naht dort die Holde.

Froh
Wie liebliche Luft wieder uns weht,
wonnig Gefühl die Sinne erfüllt!
Traurig ging' es uns allen,
getrennt für immer von ihr,
die leidlos ewiger Jugend
jubelnde Lust uns verleiht.
(Der Vordergrund ist wieder ganz hell geworden;
das Aussehen der Götter gewinnt durch das Licht
wieder die erste Frische: über dem Hintergrunde
haftet jedoch noch der Nebelschleier, so daß die Burg
unsichtbar bleibt.)

(Fasolt und Fafner treten auf, Freia zwischen sich
führend. Fricka eilt freudig auf die Schwester zu.)


Fricka
Lieblichste Schwester, süßeste Lust!
bist du mir wieder gewonnen?

Fasolt
(ihr wehrend)
Halt! Nicht sie berührt! Noch gehört sie uns.
Auf Riesenheims ragender Mark rasteten wir;
mit treuem Muth des Vertrages Pfand pflegten wir.
So sehr mich's reut, zurück doch bring' ich's,
erlegt uns Brüdern die Lösung ihr.

Wotan
Bereit liegt die Lösung:
des Goldes Maaß sei nun gütlich gemessen.

Fasolt
Das Weib zu missen,
wisse, gemuthet mich weh':
soll aus dem Sinn sie mir schwinden,
des Geschmeides Hort häufet denn so,
daß meinem Blick die Blühende ganz er verdeck'!

Wotan
So stellt das Maaß nach Freias Gestalt!
(Freia wird von den beiden Riesen in die Mitte
gestellt. Darauf stoßen sie ihre Pfähle zu Freias beiden
Seiten so in den Boden, daß sie gleiche Höhe und
Breite mit ihrer Gestalt messen.)


Fafner
Gepflanzt sind die Pfähle
nach Pfandes Maaß;
gehäuft nun füll es den Hort!

Wotan
Eilt mit dem Werk: widerlich ist mir's!

Loge
Hilf mir, Froh!

Froh
Freias Schmach eil' ich zu enden.
(Loge und Froh häufen hastig zwischen den
Pfählen das Geschmeide.)


Fafner
Nicht so leicht und locker gefügt.
(Er drückt mit roher Kraft die Geschmeide dicht zusammen.)
Fest und dicht füll' er das Maaß!
(Er beugt sich um nach Lücken zu spähen.)
Hier lug' ich noch durch:
verstopft mir die Lücken!

Loge
Zurück, du Grober!

Fafner
Hierher!

Loge
Greif mir nichts an!

Fafner
Hierher! Die Klinze verklemmt!

Wotan
(unmuthig sich abwendend)
Tief in der Brust brennt mir die Schmach!

Fricka
Sieh, wie in Scham
schmählich die Edle steht:
um Erlösung fleht stumm der leidende Blick.
Böser Mann!
der Minnigen botest du das!

Fafner
Noch mehr! Noch mehr hierher!

Donner
Kaum halt' ich mich; schäumende Wuth
weckt mir der schamlose Wicht!
Hierher, du Hund! willst du messen,
so miß' dich selber mit mir!

Fafner
Ruhig, Donner! rolle, wo's taugt:
hier nützt dein Rasseln dir nichts.

Donner
(ausholend)
Nicht dich Schmähl'chen zu zerschmettern?

Wotan
Friede doch!
Schon dünkt mich Freia verdeckt.
(Fafner mißt den Hort genau mit dem Blick, und
späht nach Lücken.)


Loge
Der Hort ging auf.

Fafner
Noch schimmert mir Holdas Haar:
Dort das Gewirk wirf auf den Hort!

Loge
Wie? Auch den Helm?

Fafner
Hurtig, her mit ihm!

Wotan
Lass' ihn denn fahren!
(Loge wirft den Tarnhelm auf den Hort.)

Loge
So sind wir denn fertig! Seid ihr zufrieden?

Fasolt
Freia, die Schöne, schau' ich nicht mehr:
so ist sie gelös't? muß ich sie lassen?
(Er tritt nahe hinzu und späht durch den Hort.)
Weh! Noch blitzt ihr Blick zu mir her;
des Auges Stern strahlt mich noch an;
durch eine Spalte muß ich's erspäh'n.
(außer sich)
Seh' ich diess wonnige Auge,
von dem Weibe lass ich nicht ab!

Fafner
He! euch rath' ich,
verstopft mir die Ritze!

Loge
Nimmersatte! seht ihr denn nicht,
ganz schwand uns der Hort?

Fafner
Mit nichten, Freund! an Wotans Finger
glänzt von Gold noch ein Ring:
den gebt, die Ritze zu füllen!

Wotan
Wie? diesen Ring?

Loge
Laßt euch rathen!
den Rheintöchtern gehört dies Gold;
ihnen gibt Wotan es wieder.

Wotan
Was schwatzest du da?
Was schwer ich mir erbeutet,
ohne Bangen wahr' ich's für mich!

Loge
Schlimm dann steht's um mein Versprechen,
das ich den Klagenden gab!

Wotan
Dein Versprechen bindet mich nicht:
als Beute bleibt mir der Reif.

Fafner
Doch hier zur Lösung mußt du ihn legen.

Wotan
Fordert frech was ihr wollt,
alles gewähr' ich; um alle Welt
doch nicht fahren lass' ich den Ring!

Fasolt
(zieht wüthend Freia hinter dem Horte hervor)
Aus dann ist's, beim Alten bleibt's;
nun folgt uns Freia für immer!

Freia
Hülfe! Hülfe!

Fricka
Harter Gott! gib ihnen nach!

Froh
Spare das Gold nicht!

Donner
Spende den Ring doch!
(Fafner hält den fortdrängenden Fasolt noch auf:
Alle stehen bestürzt.)


Wotan
Laßt mich in Ruh': den Reif geb ich nicht!
(Wotan wendet sich zürnend zur Seite.)
(Die Bühne hat sich von neuem verfinstert.)
(Aus der Felskluft zur Seite bricht ein bläulicher
Schein hervor: in ihm wird plötzlich Erda sichtbar, die
bis zu halber Leibeshöhe aus der Tiefe aufsteigt.)


Erda
(die Hand mahnend gegen Wotan ausstreckend)
Weiche, Wotan! weiche!
Flieh' des Ringes Fluch!
Rettungslos dunk'lem Verderben
weih't dich sein Gewinn.

Wotan
Wer bist du mahnendes Weib?

Erda
Wie alles war weiß ich;
wie alles wird, wie alles sein wird:
seh' ich auch
der ew'gen Welt Urwala, Erda,
mahnt deinen Muth.
Drei der Töchter,
ur-erschaff ne, gebar mein Schoß;
was ich sehe,
sagen dir nächtlich die Nornen.
Doch höchste Gefahr führt mich heut' selbst zu dir her.
Höre! Höre! Höre!
Alles was ist, endet!
Ein düstrer Tag dämmert den Göttern:
dir rath' ich, meide den Ring!
(Erda versinkt langsam bis an die Brust, während
der bläuliche Schein zu dunklen beginnt.)


Wotan
Geheimniss hehr hallt mir dein Wort:
weile, daß mehr ich wisse!

Erda
(im Versinken)
Ich warnte dich; du weißt genug:
sinn' in Sorg' und Furcht!
(Sie verschwindet gänzlich.)

Wotan
Soll ich sorgen und fürchten,
dich muß ich fassen, alles erfahren!
(Wotan will der Verschwindenden in die Kluft
nach, um sie zu halten. Froh und Fricka werfen sich
ihm entgegen, und halten ihn zurück)


Fricka
Was willst du, Wüthender?

Froh
Halt' ein, Wotan!
Scheue die Edle, achte ihr Wort!
(Wotan starrt sinnend vor sich hin.)

Donner
(sich entschlossen zu den Riesen wendend)
Hört, ihr Riesen! Zurück, und harret!
das Gold wird euch gegeben.

Freia
Darf ich es hoffen?
Dünkt euch Holda wirklich der Lösung werth?
(Alle blicken gespannt auf Wotan; dieser, nach
tiefem Sinnen zu sich kommend, erfaßt seinen Speer
und schwenkt ihn, wie zum Zeichen eines muthigen Entschlusses.)


Wotan
Zu mir, Freia! Du bist befreit.
Wieder gekauft
kehr' uns die Jugend zurück!
Ihr Riesen, nehmt euren Ring!
(Er wirft den Ring auf den Hort. Die Riesen lassen
Freia los: Sie eilt freudig auf die Götter zu, die sie
abwechselnd längere Zeit in höchster Freude liebkosen.)

(Fafner breitet sogleich einen ungeheuren Sack aus und
macht sich über den Hort her, um ihn da hinein zuschichten.)


Fasolt
(zu Fafner)
Halt, du Gieriger!
Gönne mir auch was!
Redliche Theilung taugt uns beiden.

Fafner
Mehr an der Maid als am Gold
lag dir verliebtem Geck:
mit Müh zum Tausch vermocht' ich dich Thoren;
ohne zu theilen, hättest du Freia gefreit:
theil ich den Hort,
billig behalt' ich die größte Hälfte für mich!

Fasolt
Schändlicher du! Mir diesen Schimpf?
(zu den Göttern)
Euch ruf ich zu Richtern:
theilet nach Recht uns redlich den Hort!
(Wotan wendet sich verächtlich ab.)

Loge
Den Hort lass' ihn raffen;
halte du nur auf den Ring!
(Fasolt stürzt sich auf Fafner, der immerzu ein-
gesackt hat.)


Fasolt
Zurück! Du Frecher! mein ist der Ring;
mir blieb er für Freias Blick!
(Er greift hastig nach dem Reif: sie ringen.)

Fafner
Fort mit der Faust! der Ring ist mein!
(Fasolt entreißt Fafner den Ring.)

Fasolt
Ich halt' ihn, mir gehört er!

Fafner
(mit einem Pfahle ausholend)
Halt' ihn fest, daß er nicht fall'!

(Er streckt Fasolt mit einem Streiche zu Boden;
dem Sterbenden entreißt er dann hastig den Ring.)

Nun blinzle nach Freias Blick!
An den Reif rühr'st du nicht mehr!
(Er steckt den Ring in den Sack, und rafft dann
gemächlich den Hort vollends ein. Alle Götter stehen
entsetzt: feierliches Schweigen.)


Wotan
(erschüttert)
Furchtbar nun erfind' ich des Fluches Kraft!

Loge
Was gleicht, Wotan, wohl deinem Glücke?
Viel erwarb dir des Ringes Gewinn;
daß er nun dir genommen,
nützt dir noch mehr:
deine Feinde—sieh!—fällen sich selbst
um das Gold, das du vergab'st.

Wotan
Wie doch Bangen mich bindet!
Sorg und Furcht fesseln den Sinn:
wie sie zu enden, lehre mich Erda:
zu ihr muß ich hinab!

Fricka
(schmeichelnd sich an ihn schmiegend)
Wo weil'st du, Wotan?
Winkt dir nicht hold die hehre Burg,
die des Gebieters gastlich bergend nun harrt?

Wotan
(düster)
Mit bösem Zoll zahl't ich den Bau.

Donner
(auf den Hintergrund deutend der noch in
Nebel gehüllt ist)

Schwüles Gedünst schwebt in der Luft;
lästig ist mir der trübe Druck!
Das bleiche Gewölk samml' ich zu blitzendem Wetter,
das fegt den Himmel mir hell.
(Donner besteigt einen hohen Felsstein am Thal-
abhange, und schwingt dort seinen Hammer; mit
dem Folgenden ziehen die Nebel sich um ihn zusammen.)

Heda! Heda! Hedo!
Zu mir, du Gedüft! Ihr Dünste zu mir!
Donner, der Herr, ruft euch zu Heer!
(Er schwingt den Hammer.)
Auf des Hammers Schwung schwebet herbei!
Dunstig Gedämpf! Schwebend Gedüft!
Donner, der Herr, ruft euch zu Heer!
Heda! Heda! Hedo!
(Donner verschwindet völlig in einer immer
finsterer sich ballenden Gewitterwolke.)

(Man hört seinen Hammerschlag schwer auf den
Felsstein fallen. Ein starker Blitz entfährt der Wolke;
ein heftiger Donnerschlag folgt.)

(Froh ist mit dem Gewölk verschwunden.)

Donner
(unsichtbar)
Bruder, hieher!
Weise der Brücke den Weg!
(Plötzlich verzieht sich die Wolke; Donner und Froh
werden sichtbar: von ihren Füßen aus zieht sich mit
blendendem Leuchten eine Regenbogen-Brücke über
das Thal hinüber bis zur Burg, die jetzt im Glanze der
Abendsonne strahlt.)

(Fafner, der neben der Leiche seines Bruders
endlich den ganzen Hort eingerafft, hat den unge-
heuren Sack auf dem Rücken, während Donners
Gewitterzauber die Bühne verlassen.)

(Froh, der Brücke mit der ausgestreckten Hand den
Weg über das Thal angewiesen.)


Froh
(zu den Göttern)
Zur Burg führt die Brücke,
leicht doch fest eurem Fuß:
beschreitet kühn ihren schrecklosen Pfad!
(Wotan und die anderen Götter sind sprachlos in
den prächtigen Anblick verloren.)


Wotan
Abendlich strahlt der Sonne Auge;
in prächtiger Gluth prangt glänzend die Burg.
In des Morgens Scheine muthig erschimmernd,
lag sie herrenlos, hehr verlockend vor mir.
Von Morgen bis Abend, in Müh' und Angst,
nicht wonnig ward sie gewonnen!
Es naht die Nacht:
vor ihrem Neid biete sie Bergung nun.
(wie von einem großen Gedanken ergriffen, sehr entschlossen.)
So grüß' ich die Burg,
sicher vor Bang' und Grau'n!
(Er wendet sich feierlich zu Fricka.)
Folge mir, Frau: in Walhall wohne mit mir!

Fricka
Was deutet der Name?
Nie, dünkt mich, hört' ich ihn nennen.

Wotan
Was, mächtig der Furcht
mein Muth mir erfand
wenn siegend es lebt, leg' es den Sinn dir dar!
(Er faßt Fricka an der Hand, und schreitet mit ihr
langsam der Brücke zu: Froh, Freia und Donner folgen.)


Loge
(im Vordergrunde verharrend und den Göttern nachblickend)
Ihrem Ende eilen sie zu,
die so stark in Bestehen sich wähnen.
Fast schäm' ich mich mit ihnen zu schaffen;
zur leckenden Lohe mich wieder zu wandeln,
spür' ich lockende Lust:
sie aufzuzehren, die einst mich gezähmt,
statt mit den Blinden blöd zu vergeh'n,
und wären es göttlichste Götter!
nicht dumm dünkte mich das!
Bedenken will ich's: wer weiß, was ich thu'!
(Er geht, um sich den Göttern in nachlässiger Halt-
ung anzuschließen.)


Rheintöchter
(in der Tiefe des Thales, unsichtbar)
Rheingold! Rheingold! reines Gold!
Wie lauter und hell
leuchtest hold du uns!
(Wotan, im Begriff den Fuß auf die Brücke zu
setzen, hält an, und wendet sich um.)


Wotan
Welch' Klagen dringt zu mir her?

Rheintöchter
Um dich, du klares,
wir nun klagen:

Loge
(späht in das Thal hinab)
Des Rheines Kinder beklagen des Goldes Raub.

Rheintöchter
Gebt uns das Gold!
gebt uns das Gold!

Wotan
Verwünschte Nicker!

Rheintöchter
O gebt uns das reine zurück!

Wotan
Wehre ihrem Geneck's!

Loge
(in das Thal hinab rufend)
Ihr da im Wasser! was weint ihr herauf?
Hört, was Wotan euch wünscht!
Glänzt nicht mehr euch Mädchen das Gold,
in der Götter neuem Glanze sonn't euch selig fortan!
(Die Götter lachen, und beschreiten mit dem
Folgenden die Brücke.)


Rheintöchter
Rheingold! Rheingold! reines Gold!
O leuchtete noch
in der Tiefe dein laut'rer Tand!
Traulich und treu ist's nur in der Tiefe:
falsch und feig ist was dort oben sich freut!

(Während die Götter auf der Brücke der Burg
zuschreiten, fällt der Vorhang.)


libretto by Richard Wagner 

 

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