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Lucia di Lammermoor” by Gaetano Donizetti libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
ZWEITER AKT

1. Szene

Gemach im Schlosse Ravenswood
(Enrico und Normanno sitzen am Tisch.)


NORMANNO
Lucia wird bald hier sein.

ENRICO
Bebend erwart' ich sie.
Den hohen Hochzeitstag zu feiern,
sind schon vereint im Schloß die Gäste,
Zweige des edelsten Stammes.
Bald wird Arturo erscheinen.
Und wenn sie's wagen könnte,
sich dann noch zu sträuben -

NORMANNO
Fürchte nichts, die lange Entfernung
deines Feindes, die Briefe,
die stets wir raubten, und die falsche Nachricht,
daß er von fremder Liebe glühe,
werden sicher in Luciens Herzen
löschen die blinde Liebe.

ENRICO
Siehe, sie naht! Das gefälschte Schreiben
reiche mir...
(Normanno gibt ihm das Schreiben.)
Und gehe auf dem nächsten Wege
zum stolzen Königssitze
von Schottland; und unter lautem Jubel
führe Arturo hierher.

(Normanno geht ab. Lucia verharrt auf der Schwelle.
Ihr blasses Gesicht und ihr verstörter Blick verraten,
daß sie leidet; auch sieht man die ersten Anzeichen
ihrer geistigen Umnachtung.)


ENRICO
Komm näher, Lucia.
Ich glaubt', dich heiter heute zu sehen,
da Hymens goldne Fackel für dich
entzündet ist. Du stehst und schweigst?

LUCIA
Jene kalten Todesschauer,
die mit Blässe mich umschweben,
sagen dir in ew'ger Dauer,
du bist Ursach' von meinem Schmerz.
Möge Gott dir einst vergeben
dein unmenschlich hartes Herz,
möge Gott dir einst vergeben,
usw.

...und meinen Schmerz.

ENRICO
Deine Liebe, so vermessen,
machte einst mich zum Tyrannen,
doch dies alles sei vergessen,
ja, dein Bruder spricht zu dir.
Ich kann meinen Zorn verbannen,
bann' die schnöde Liebe du!
Ich kann meinen Zorn,
usw.

Nimm Arturo -

LUCIA
Schweig, o schweige!

ENRICO
Wie so?

LUCIA
Einem Andern schwur ich Treue.

ENRICO
(wütend)
Nein, du kannst nicht!

LUCIA
Enrico!

ENRICO
(wütend)
Nein, unmöglich!

LUCIA
Einem Andern schwur ich Treue.

ENRICO
Genug denn!
(überreicht ihr das von Normanno erhaltene Schreiben)

Dies Schreiben wird dir sagen,
wie unwürdig du gewählt!
Lies denn!

LUCIA
(Sie liest: Überraschung, dann Erschrecken spiegeln
sich auf ihrem Gesicht wider. Sie zittert am ganzen Leibe.)

Ach, mir zerspringt das Herz!

ENRICO
(eilt ihr zu Hilfe)

Sie erbleichet!

LUCIA
Weh mir Armen!
Ach, schon tötet mich der Schmerz!
Ich litt in Tränen, ich schmachtete in Schmerzen.
Mein Leben und Hoffen - nun alles zu Ende!
Der Tod sei willkommen!
Dies Herz voller Tücke verleugnete dich!

ENRICO
Du trautest dem trugvollen Herzen.
Versetztest die Deinen in Schmerzen.

LUCIA
Oh, Gott!

ENRICO
Der zürnende Himmel, schon rächte er sich.
Sein Herz voller Tücke verleugnete dich.

LUCIA
O weh!
Ich fühle mein Ende, zerbrochen bin ich!
Dies Herz voller Tücke verleugnete mich,
usw.

ENRICO
Du trautest dem trugvollen Herz,
usw.
Dies Herz voller Tücke verleugnete mich,
usw.
(Von draußen hört man Festklänge.)

LUCIA
Was hör ich?

ENRICO
Jubelton
erschallet draußen.

LUCIA
Weshalb?

ENRICO
Dein Bräutigam naht!

LUCIA
Wie jagt das Blut durch die Adern mir!

ENRICO
Schon harret das Brautbett deiner.

LUCIA
Das Grab, es harret schon meiner.

ENRICO
O welche schlechte Stunde!

LUCIA
Dunkle Nacht, hüll' mich ein!

ENRICO
Höre!
Tot ist der König!
Unweigerlich besteigt den Thron Maria nun!
Und die Partei, der ich getreu,
liegt darnieder im Staube!

LUCIA
Ach, ich bebe!

ENRICO
Von meinem Sturz Arturo kann mich retten,
ja, er nur!

LUCIA
Und ich dann?

ENRICO
Mich retten mußt du!

LUCIA
Enrico!

ENRICO
Komm nun zum Bräutigam.

LUCIA
Mich bindet ein Eid!

ENRICO
Du mußt mich retten!

LUCIA
Doch -

ENRICO
Du mußt es!

LUCIA
O Gott! O Gott!

ENRICO
Könntest du mich hintergehen,
dann ist alles preisgegeben;
Ehre raubst du mir und Leben,

gibst dem Henkersbeil mich hin!
Ja, du wirst im Traum mich sehen
drohend dir als Geist erschienen,
und das Beil mit meinem Blute
schwebe stets vor deinem Sinn,
usw.

LUCIA
(schaut mit tränenerfüllten Augen zum Himmel)
Gott, der jede Träne zählet,
du, der liest in diesem Herzen,
wenn ich nicht in meinen Schmerzen
ganz von dir verstoßen bin:
O, so nimm mir, ew'ges Wesen,
dieses Leben, das mich drückt,
in der Qual, die mich zerschmettert,
ist der Tod für mich Gewinn,
usw.

ENRICO
Und das Beil mit meinem Blute
schwebe stets vor deinem Sinn,
usw.

2. Szene

Festlicher Saal im Schloß
(Die Szene ist zu Arturos Empfang gerüstet. Enrico,
Arturo, Normanno, Ritter, Edeldamen, Ashtons
Verwandte, Pagen, Kammerherren, Bewohner von
Lammermoor und Bedienstete.)


CHOR
Für dich im frohen Jubelruf
laut tönen Burg und Säle,
durch dich erfüllt nach langem Harm
Hoffnung nun unsere Seele.
Freundschaft ist's, die dich führet,
Liebe, sie leitet dein Herz,

laut tönen Burg und Säle,
Liebe, sie leitet dein Herz,
wie Stern' bei düsterm Himmel,
wie Lächeln unter Schmerz,
wie Stern' bei düsterm Himmel,
usw.

ARTURO
Verschwunden nur auf kurze Zeit
war euer Stern im Dunkeln;
durch mich soll er nun wiederum
in voller Schönheit funkeln.
Reich mir die Hand zum Pfande,
komm, Enrico, an mein Herz;
vor unserm Freundschaftsbunde
entfliehet Not und Schmerz.

CHOR
Ach, für dich im frohen Jubelruf,
usw.

ARTURO
Vor unserm Freundschaftsbunde,
usw.

... entfliehet Not und Schmerz,
usw.

CHOR
... wie Stern' bei düsterm Himmel,
usw.

... entfliehet Not und Schmerz,
usw.

ARTURO
Wo ist Lucia?

ENRICO
Bald werden wir bei uns sie sehen...
(beiseite zu Arturo)
Wenn zu traurig sie erschiene,

so befremde dies dich nicht;
der Mutter Tod betrübte
sie, die tief und innig liebte.

ARTURO
Ich weiß es, ja, ich weiß es.

ENRICO
Zu lang währt schon die Trauer,
doch war es ja die Mutter!

ARTURO
Doch eine Frage:
Edgardo, hieß es, wollt' es wagen
mit Frechheit ohnegleichen,
von Liebe ihr zu sagen.
Der Verwegne!

ENRICO
Er tat es - jedoch Lucia - sie...

ARTURO
Ha!

CHOR
Sieh da, Lucia naht!

ENRICO
(zu Arturo)
Sie weinet noch um ihre Mutter...
(Lucia, von Raimondo und Alisa begleitet, tritt ein. Sie
ist völlig niedergeschlagen.)

ENRICO
(stellt Arturo Lucia vor)

Sieh' da, dein Bräutigam.

(Lucia will sich abwenden. Enrico flüstert ihr zu.)

(Unsel'ge! Willst du mein Unglück?)

LUCIA
(beiseite)

O, Himmel!

ARTURO
Nimm, Teure, meine Schwüre
der reinsten, wärmsten Liebe -

ENRICO
(geht zum Tisch auf dem der Ehevertrag liegt; er fällt
Arturo ins Wort; zu Lucia)

Unsel'ge!
(zu Lucia)
Vollziehn wir nun den Ritus!

LUCIA
(O, Himmel!)

ENRICO
(zu Arturo)
Tritt näher!

ARTURO
O, süßes Glück!
(Er unterzeichnet den Vertrag: auch Enrico
unterschreibt. Während dessen führen Raimondo und
Alisa die zitternde Lucia zum Tisch.)


LUCIA
(beiseite)
Ich gehe nun als Opfer hin!

ENRICO
(zu Lucia)
So zögre nicht, schreibe!

RAIMONDO
(beiseite)

Tröste, o Himmel, die Arme!

ENRICO
Schreibe!
(Lucia unterzeichnet den Vertrag.)

LUCIA
(beiseite)
So sei es denn. - Es ist geschehen.

ENRICO
(beiseite)
Ich atme auf)

LUCIA
(beiseite)
Ich starre, ich glühe...Ich sinke!
(Von der Hintertüre kommt ein Geräusch, es scheint als
ob jemand mit Gewalt ins Zimmer einzudringen
versucht.)

ALLE
Was geschieht? Wer nahet?
(Edgardo tritt, in einem Umhang gehüllt, ein.)

EDGARDO
Edgardo!
ALLE
Edgardo! Welcher Schreck!

LUCIA
Edgardo! O Todesstreich!

EDGARDO
(beiseite)

Wer vermag's, den Zorn zu hemmen,
der mein Herz dahingerissen?
Wie ihn Schreck' und Schmerz beklemmen,
Reue peinigt sein Gewissen!
So wie Rosen welkend leben,
schwebt sie zwischen Tod und Leben.
Ja, du siegtest, für dich fühlet
Liebe immer noch mein Herz.

ENRICO
(beiseite)
(Wer hemmt mich in meinem Grimme?
Meine Hand dies Schwert schon faßt!
Doch in mir regt sich eine Stimme
für die Arme, halb Erblaßte.
Meine Schwester, durch mein Streben
schwebt sie zwischen Tod und Leben.
Ach, wie mir im Innern wühlt
der Gewissensbisse Schmerz.)

LUCIA
(beiseite)
(Ach, ich hoffte, daß mein Leben
schon ein Raub des Schreckens würde;
doch der Tod, taub meinem Streben,
löst mich nicht von dieser Bürde.
Ja, die Binde ist gefallen,
seh betrogen mich von allen.
Könnt' ich Tränen nur erwecken,
weinend lindern meinen Schmerz!)

RAIMONDO
(beiseite)
(Worte kann ich keine finden,
um zu schildern meinen Schrecken.
Finst're Unglückswolken scheinen
heut' der Sonne Strahlen zu decken.

So wie Rosen welkend leben
schwebt sie zwischen Tod und Leben.
Wer für sie nicht Mitleid fühlet,
hat fürwahr ein steinern Herz.)

ENRICO
Meine Schwester, durch mein Streben,
usw.

EDGARDO
(Wer vermag es, den Zorn zu hemmen?
usw.

ALISA, CHOR
So wie Rosen welkend leben,
usw.

ARTURO
Worte kann ich keine finden,
usw.

ENRICO
Ach, meine Schwester, durch mein Streben,
usw.

LUCIA
(Könnt' ich Tränen nur erwecken,
usw.

RAIMONDO
(Wer für sie nicht Mitleid fühlet,
usw.

EDGARDO
Ja, du siegtest, für dich fühlet,
usw.

ARTURO und ENRICO
Fort! Verwegner!
(greifen zum Schwert)
Sonst mußt du durchs Schwert hier fallen.

CHOR
Eile fort, Verwegner -

EDGARDO
(zieht sein Schwert)
Fallen werd' ich, doch ich schwöre:
mit mir wird andres Blut noch fließen.

RAIMONDO
(unterbricht, gebieterisch)

Gebet Gott, dem Höchsten, Ehre!
Stecket eure Schwerter ein!
Ich gebiet's in seinem Namen;
sucht sein Beispiel nachzuahmen.
Friede, Friede...Seine Gnade
haßt den Mörder; die Schrift sagt's klar:
wer durchs Schwert dem Nächsten schadet,
wird durchs Schwert gerichtet bald.
(Alle stecken ihre Schwerter zurück in die Scheiden.)
Friede! Friede!

ENRICO
(geht auf Edgardo zu)

Sag, Verwegner! Was führt dich in diese Mauern?

EDGARDO
Mein Verhängnis, meine Rechte!

ENRICO
Ha, Verwegner!

EDGARDO
Ja, Lucia schwur zuvor Treue mir.

RAIMONDO
O leist' Verzicht auf diese Liebe.
Sie ist Braut schon!

EDGARDO
Braut schon? Nein!

RAIMONDO
(zeigt den Ehevertrag)
Sieh her!

EDGARDO
(liest, dann starrt er Lucia an)
Sage...Ha, du bebest!
Deine Schrift ist's?
(zeigt auf die Unterschrift)
So gib mir Antwort!

LUCIA

Ja!

EDGARDO
(seinen Zorn unterdrückend, gibt er ihr den Ring)
Nimm hin den Ring, untreues Herz.

LUCIA
Ach!

EDGARDO
Gib den meinen!

LUCIA
So höre!

EDGARDO
So gib ihn!

LUCIA
Edgardo! Edgardo!
(ganz fassungslos. Gibt ihm den Ring zurück.)

EDGARDO
Treulos warst du mir und dem Himmel.
Ha, verflucht sei jene Stunde,
als wir schwuren diesem Bunde!
Stammverhaßter, Stammverruchter,
fliehen sollte ich vor dir?!
Gottes Arm in seinem Fluche
soll dich treffen durch mein Schwert!

LUCIA
Ah!

EDGARDO
Ah! Durch mein Schwert!

ENRICO
Er wagt es hier? - Fort denn!

RAIMONDO
Er wagt es? - Friede!

CHOR
Er wagt es?

ARTURO, ENRICO und CHOR
Fort, entfliehe den tödlichen Streichen!
Noch vermagst du von hier zu entfliehen.
Doch der Zorn, der im Herzen uns lodert,
holet, Verruchter, in Kürze dich ein,
doch der Zorn,
usw.

RAIMONDO
Ungücksel'ger! Entfliehe!
Es stellt sich Glück und Zufriedenheit ein...

Leb! Die Zeit heilt alle Wunden,
auch für dich wird Hilfe noch sein!

LUCIA
(fällt auf die Knie)
Schütz ihn, Gott, in so schrecklicher Stunde,
hör' die Bitte aus bebendem Munde!
Hör' die Bitte einer Armen,
die auf Erden nicht glücklich sein kann!
Dieses letzte Flehen eines Herzens,
du kannst helfen allein, o Gott,
dieses letzte Flehen,
usw.

EDGARDO
(sein Schwert wegwerfend)

Stoßt mich nieder, das Fest nun beginne,
bin das Opfer betrogener Minne.
Wenn mein Blut den Boden beflecket,
o, wie wird dies die Grausame freu'n!
Und mein Leichnam, von Blut überströmet,
wird ihr Stufe zum Traualtar sein,
und mein Leichnam,
usw.

ENRICO, ARTURO und CHOR
Fort hier! Geh!
Der Schandfleck wird
mit Blut abgewaschen!
Fort, entfliehe den tödlichen Streichen!
Noch vermagst du von hier zu entfliehen.
Doch der Zorn, der im Herzen uns lodert,
holet, Verruchter, in Kürze dich ein.

ALISA, RAIMONDO und CHOR
Unglücksel'ger!
O entfliehe!
Es stellt sich Glück und Zufriedenheit ein...

Leb! Die Zeit heilt alle Wunden,
auch für dich wird Hilfe noch sein!
Wie oft wird eine einz'ge Pein
mit tausend Freuden überwunden.
(Raimondo stützt Lucia, die von tiefstem Leid gebeugt
scheint; Alisa und die Damen umgeben sie. Die
anderen, Edgardo nachdrängend, folgen ihm bis zur
Tür. Der Vorhang fällt.)

 
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