DM's opera site
libretti & information
ComposersOperasLinksForumAbout
Other “Madama Butterfly” libretti [show]
Italian
English
German
French
Line-by-line [show]
Italian
English
French

Madama Butterfly” by Giacomo Puccini libretto (German)

 Print-frendly
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt
ZWEITER AKT

Inneres von Butterflys Häuschen
(Suzuki kauert vor dem Bildnisse Buddhas und betet;
von Zeit zu Zeit läutet sie an der Gebetsglocke. Butterfly
steht steif und regungslos vor einem Wandschirm.)


SUZUKI
Izaghi, Izanami,,
Sarundasico und Kami...
Oh, woran denk' ich!
Und du, Ten-Sjoo-day!

Gebet, daß Butterfly sich wieder freu'!
O hört mein Flehn!

BUTTERFLY
Faul und gefühllos
sind die Götter in Japan.
Der Gott der Amerikaner,
Deß bin ich sicher,
Hört sofort auf die Stimme,
Die ihn anfleht.
Doch glaub' ich wohl, er weiß nicht,
Daß wir Armen hier wohnen.
Suzuki,
Wie fern ist noch das Elend?
(Suzuki öffnet einen kleinen Tisch und nimmt ein paar
Münzen heraus, die sie Butterfly zeigt.)


SUZUKI
Hier ist all' unsre Habe.

BUTTERFLY
Das hier?- Oh! Zuviel Kosten!

SUZUKI
Kehrt er nicht wieder, und eilig,
So kann es schlimm für uns werden.

BUTTERFLY
Er kommt.

SUZUKI
Wer es wußt'!

BUTTERFLY
Warum verfügt'er, daß der Konsul
Unsrer Wohnung Zins bezahle... ?
Gib Antwort mir!
Warum hat er so sorglich das Haus versehn
Mit Schlössern und mit Riegeln,
Wenn er nie wieder zu uns kehren wollt'?

SUZUKI
Ach, wer weiß.

BUTTERFLY
Weißt du's nicht? Soll ich dir's sagen?
Daß von gift'gen Mücken
Und Verwandten und Plagen
Nie was hereinkomm'
Ins Haus hier, wo so sorglich
Sein treues Weib er heget,
Mich, sein Weib und seine Liebe, Butterfly!

SUZUKI
Nie, daß ich wüßte,
Frommt's japanischen Frauen,
Dem fremden Mann zu trauen.

BUTTERFLY
Ah! Schweige! Ich erwürg' dich!
Als ich am letzten Morgen
„Kehrt ihr wieder, o Herr"
Ihn fragend bat,
Da gab er schweren Herzens,
Doch, sein Leid zu verbergen,
Leise lächelnd zur Antwort:
„O Butterfly,
mein süßes, kleines Weibchen,

Wenn die Rosen erblühn,
Dann kehr' ich zu dir wieder,
Und wenn Jung-Rotkehlchen
Leis' im Neste zwitschern..."
Oh! Er kommt!

SUZUKI
Ich hoff's.

BUTTERFLY
Sag' es mir nach:
Ja, er kommt!

SUZUKI
Ja, er kommt.

BUTTERFLY
Weh mir! Du weinst!
Ach, dir fehlt der Glaube!
Höre!
Eines Tages
Sehn wir ein Streifchen Rauch
Im Osten überm Meer
In die Lüfte steigen:
Sein Schiff wird sich dann zeigen.
Und das weiße Kriegsschiff,
Schnell naht sich's dem Hafen,
Donnert den Salutschuß,
Bringt mein Glück mir wieder!
Ich gehe nicht hinunter, o nein!
Ich lagre mich am Rande des Hügels
Und warte, warte geduldig,
Und währt es lange,
Macht mich's nicht bange,

Und kommt er dann gemach in unsre Nähe,
Wird sichtbar wie ein Punkt er,
Steigt langsam auf die Höhe...
Ob er's ist? Ob er's ist?
Und wenn er dann gekommen...
Was er sagt? Was er sagt?
Ja, dann ruft er, „Butterfly! von weitem;
Mag wohl zuerst sich sorgen,
Denn ich halt' mich verborgen;
Nicht nur zum Scherze:
Damit ich nicht vergeh'
Am Wiedersehen!
Und suchend schaut er hier und dort umher,
Bis er jauchzt:
„Mein treues, kleines Weibchen,
Süßduftende Verbene!"
Ach, all der Namen Schatz
Aus holden Zeiten!
Ich gelobe dir heilig,
Daß dies eintrifft...
Halte für dich die Zweifel,
Ich will mit Zuversicht
Ihn erwarten.
(Butterfly entläßt Suzuki, die durch den linken Ausgang
abgeht. - Im Garten sieht man Goro und Sharpless.)


GORO
Kommt, da ist sie

SHARPLESS
Bin so frei Madam' Butterfly!

BUTTERFLY
Madam' Pinkerton - Bitte.
(Sie wendet sich.)

Ei was, mein Herr Konsul ist's,
Mein Herr Konsul!

SHARPLESS
Ihr kennt mich wieder?

BUTTERFLY
Willkommen! Ihr seid hier in Landsmanns Hause!

SHARPLESS
Danke.

BUTTERFLY
Nun denn... Eure Ahnen alle munter?
Ich hoffe.

BUTTERFLY
Ihr rauchet?
(gibt Suzuki ein Zeichen, die Pfeife
zurechtzumachen.)


SHARPLESS
Danke. Ich möcht'...

BUTTERFLY
Herr Konsul, Wie blau ist doch der Himmel!

SHARPLESS
Danke. Ich...

BUTTERFLY
Ach, Ihr wünscht lieber amerikan'sche Zigaretten?

SHARPLESS
Dank. Ich wollt' Euch zeigen...

BUTTERFLY (reicht Sharpless ein brennendes Streichholz)
Für Euch.

SHARPLESS
Es schrieb mir Benjamin Franklin Pinkerton.

BUTTERFLY
Wahrhaftig! Und wie geht's ihm?

SHARPLESS
Vortrefflich.

BUTTERFLY
Ich bin das fröhlichste Weibchen in ganz Japan.
Darf' ne Frag' ich an Euch stellen?

SHARPLESS
Freilich.

BUTTERFLY
Wißt Ihr wohl, wann ihr Nest bau'n in Amerika...
Die Rotkehlchen?

SHARPLESS
Ei, was meint Ihr?

BUTTERFLY
Ja... bau'n sie später hier?

SHARPLESS
Doch warum?

BUTTERFLY
Mein Gemahl hat mir versprochen,
Daß er zurückkehrt in dem holden Monat,
Wo leis' im Neste Jung-Rotkehlchen zwitschern.
Hier kam schon dreimal aufs neu die Brut.
Doch mag es sein, daß überm Meere
Andre Gewohnheit waltet...
Wer lacht da?
Oh, der Nakodo...
Ein schlimmer Bursche!

GORO
Freut mich.

BUTTERFLY
Stille.
(zu Sharpless)
Er hat gewagt...
Nein, gebt mir erst Antwort auf meine Frage...

SHARPLESS
Ich bedaure... ich weiß nicht...
Niemals studiert' ich Ornithologie.

BUTTERFLY
Orni...

SHARPLESS
... thologie

BUTTERFLY
Ei, kurz und gut Ihr wißt's nicht.

SHARPLESS
Nein. Nun denn also...

BUTTERFLY
Ach, ja... Goro,
Sobald nur B. F. Pinkerton in See war,
Ließ keine Stunde Ruh' mir,
Mit Reden und Geschenken
Bald für diesen, bald für jenen
Mich zu werben.
Nun verspricht er Kleinodien
Im Namen eines Gecken...

GORO
... des reichen Yamadori!
Sie ist arm und kann's brauchen;
Von den Verwandten
Will niemand sie mehr sehen.
(Hinter der Terrasse sieht man Yamadori in einer
Sänfte kommen. von Dienern umgeben.)

BUTTERFLY
Aufgepaßt! Da kommt er!
Yamadori, so brennt
Der Liebe süße Pein
Euch noch im Busen?
Geht's an Leben Euch und Ehre,
Wenn den Kuß ich noch verwehre?

YAMADORI
Nichts im Leben ist so lästig
Wie dies Schmachten ohne Zweck.

BUTTERFLY
Nun, Ihr fandet doch gewißlich
Schon zu vielen Frau'n den Weg.

YAMADORI
Hab' sie allesamt geeh'licht,
Und durch Scheidung ward ich frei.

BUTTERFLY
Sehr verbunden...

YAMADORI
Doch würd' ich Euch
Ew'ge Treu geloben.

SHARPLESS
Oh, ich fürcht', in meiner Sache
Richt' ich heute nicht viel aus.

GORO
Villen, Diener, Schätze - in Omara,
Ein wahrhaft fürstlich Haus!

BUTTERFLY
Hab' den Gatten schon gefunden.

GORO und YAMADORI (zu Sharpless)
O sie hält sich für gebunden.

BUTTERFLY
Nein, ich halt' mich nicht, ich bin es!

GORO
Das Gesetz doch...

BUTTERFLY
Kenn' ich nicht.

GORO
„Wird die Ehefrau verlassen,
Achte man's der Scheidung gleich."

BUTTERFLY
Gesetz bei euch Japanern,
Doch nicht in meinem Lande.

GORO
Wo denn?

BUTTERFLY
In Nordamerika.

SHARPLESS
Oh, armes Wesen!

BUTTERFLY
Wenn hier die Tür man aufreißt
Und die Frau ohne weiteres hinausweist,
Redet man groß von Scheidung.
Dort in Amerika
Geht so etwas nicht.
(zu Sharpless)
Nicht wahr?

SHARPLESS
Wahr ist's... Jedoch...

BUTTERFLY
Da ist ein Richter,
Der ruft sich den Eh'mann,

Fragt ihn dann strenge:
„Ihr wollt die Gattin fliehn?
Sagt uns, warum?"
„Ich bin sie müde,
Hört meine Bitte!"
Drauf sagt der Richter:
„Flugs in den Kasten - drei Tage fasten!"
Suzuki, Tee!

YAMADORI
Ihr hörtet!

SHARPLESS
Die Verblendung erfüllt
Mit Kummer meinen Sinn.

GORO
Pinkertons Schiff
Ist schon im Hafen gemeldet.

YAMADORI
Sieht sie ihn dann erst wieder!

SHARPLESS
Er will sich hier nicht zeigen.
Ich komm' ja gerade,
Sie vom Wahn zu befreien...

BUTTERFLY
Euer Gnaden gestatten...
Was für lästige Menschen!

YAMADORI
Lebt wohl! Ich laß Euch nun
Mit schwerem Herzen.
Ich hoffe noch...

BUTTERFLY
Oh, bitte...

YAMADORI
Wenn ihr nur wolltet...

BUTTERFLY
(Yamadori geht, Goro folgt ihm.)
Nur schade, daß ich nicht will!

SHARPLESS
Hört mich an
Und setzt Euch her:
Wollt Ihr in Ruhe lesen
Hier den Brief mit mir?

BUTTERFLY
Gebt ihn.
(Sie nimmt den Brief, küßt ihn und hält ihn an ihr
Herz.)

Erst ihn küssen, ihn herzen...
O wie schön, daß Ihr heute gekommen!
Und nun beginnet.

SHARPLESS
„Mein Lieber, geh
Und sprich mit dem herzigen Mädchen."

BUTTERFLY
Steht das wirklich so da?

SHARPLESS
Ja, so steht da;
Doch wenn bei jedem Satze...

BUTTERFLY
O, ich schweige...
Kein Wort mehr!

SHARPLESS
„Ach, die Zeit ist schon ferne,
Drei Jahre sind vergangen."

BUTTERFLY
Wie genau er's behalten!

SHARPLESS
„Vielleicht denkt Butterfly
Kaum mehr an mich zurück!"

BUTTERFLY
Denk' nicht an ihn mehr?!
Suzuki, hör' doch, hör!
„Denkt kaum an mich zurück!"

SHARPLESS
Was hilft es!
„Doch wenn sie mich noch liebt,
Mich erwartet... "

BUTTERFLY
O die herzlieben Worte!
Du sei gesegnet!
SHARPLESS
„So bitte ich Euch dringend, ihr mögt die Gute zeitig
Und behutsam vorbereiten... "

BUTTERFLY
So kommt er!

SHARPLESS
„Auf alles... "

BUTTERFLY
Wann denn? Morgen! Morgen!

SHARPLESS (fürsich)
Vortrefflich.
Jetzt durchhau' ich den Knoten...
Nun sagt mir,
(zu Butterfly)
Madam' Butterfly,
Was Ihr wohl begännt,
Wenn er den Weg zur Rückkehr
Nie mehr fänd'?

BUTTERFLY
Zwei Dinge könnt' ich tun:
Die guten Leut
Erfreun mit Sang und Tanz...
Oder auch - besser - sterben.

SHARPLESS
Meinem Herzen tut es wehe,
Euch vom Wahne zu befrein...
Hört mich an: Was auch geschehe,
Nehmt den reichen Yamadori.

BUTTERFLY
Ihr! Ihr, mein Herr, Ihr sagt mir dieses! Ihr?

SHARPLESS
Großer Gott, was soll ich tun?

BUTTERFLY
Schnell, Suzuki, hurtig, hurtig,
Der Herr Konsul geht hinaus...

SHARPLESS
Ich verstehe...

BUTTERFLY
O ich bitt' Euch,
Alle Müh' wär' doch vergebens.

SHARPLESS
Ich war grausam,
Kann's nicht leugnen...

BUTTERFLY
Oh, Ihr tatet mir so wehe,
Tief im Herzen, ach so wehe!
Laßt nur, danke!
War dem Tode schon nah', doch geht's vorüber,
Wie die Wolk' überm Meer sich verzieht.
Ha! Er vergaß mich?
(In das innere Zimmer gehend, kommt sie dann mit
einem Kind auf dem Arm zurück.)

Und das? Und das?
Kann er das auch jemals vergessen?

SHARPLESS
's ist sein Kind?

BUTTERFLY
Sah man denn jemals
Bei Kindern hier in Japan blaue Äuglein?
Und die Lippe!
Und seines Haares gold'ne Löckchen?

SHARPLESS
Ohne Zweifel... Und Pinkerton weiß nichts?

BUTTERFLY
Nein. Nein. Es kam erst,
Als er schon drüben
In seinem großen Land war,
Doch Ihr nun müßt ihm schreiben:
Es erwartet ein süßer,
Kleiner Sohn Euch!
O, dann sollt Ihr mal sehn
Wie er hierher eilt,
Durch die Lande, über Meere!
Weißt du, was der Herr da
Zu denken sich nicht scheute?
Deine Mutter soll dich
im Arme tragen
Und so bei Regen und Sturm
Die ganze Stadt durchziehn,
Für dich um täglich Brot
Und Kleid zu bitten;
Soll vor den mitleidvollen Leuten
Schön tanzen, wie vor Jahren einst!
Wär's möglich?
Mit Dolchen im Herzen
Und mit Tränen im Auge könnt' ich armes Weib
Durch die Straßen ziehn in lachendem Gewerbe?
Wär' es wohl denkbar, daß Butterfly
Am Ende wieder Geisha werd',

Und im Takt der Gitarren
Wollüstig wieg' ihren Leib vor aller Welt?
Das frohe Lied, das dabei zu erklingen hätte.
Traurig würd's enden!
O nein! Das soll nicht sein,
Nicht dies Gewerbe
Nach so großem Glücke!
Sterben! Doch Geisha nie!
Viel lieber ging ich zehnmal in den Tod.
Ah! Sterben!

SHARPLESS (fürsich)
Wie mich's ergreift!
(zu Butterfly)
Ich muß Euch lassen...
Könnt Ihr verzeihen?

BUTTERFLY
Auch du, gib ihm dein Händchen!

SHARPLESS
Die schönen, blonden Haare!
Sag' mir, wie du denn heißest?

BUTTERFLY
So sage:
Heute noch heiß' ich Kummer.
Doch sagt meinem Vater im Briefe,
Daß ich bei seiner Rückkehr
Jubel heiße,
Jubel! So heiß' ich dann.

SHARPLESS
Dein Vater soll's erfahren, ich gelob dir's.
(Er eilt hinaus.)

SUZUKI (von draußen, schreiend)
Wespe! Giftgeschwoll'ne Kröte!
(Sie kommt herein, Goro gewaltsam mit sich ziehend.)

BUTTERFLY
Was ist?

SUZUKI
Der böse Vampyr
Flattert um uns,
Der alle Tage in alle Winde hinaus schreit,
Daß niemand weiß,
Wer unsers Knaben Vater!

GORO
Ich meinte bloß,
Daß dort in Amerika,
Wenn ohne Segen
Ein Kind zur Welt gekommen,
Es stets und allerwegen gemieden und verachtet!

BUTTERFLY
Ha! Du lügest, Scheusal!
Sag's noch einmal, so stirbst du!

SUZUKI
Nein!

BUTTERFLY
O pfui!
Wart ab, herziges Lieb,
Mein Weh und ach! mein Balsam...
Herzliebes Kind,
Du sollst sehen, dein Rächer kommt hierher.

Und führt uns hinweg
In sein Heimatland. Hinweg ins ferne Land.
(Kanonenschuß.)

SUZUKI
Die Kanone im Hafen!
Das ist sicher ein Kriegsschiff...

BUTTERFLY
Ein weißes... ein weißes...
Und das Sternenbanner wehet von den Masten.
Sieh, es drehet und gehet vor Anker.
(Sie holt ein Fernglas vom Tisch.)
Stütze meine Hand,
Damit ich den Namen lese,
Den Namen, den Namen...
Siehst du wohl: Abraham Lincoln!
Ihr habt gelogen, alle, alle!
Die Liebe trügt nicht!
Freut dich nun noch
Dein läppischer Zweifel?
Da ist er!
Da ist er gekommen,
Grad' an dem Tage,
Wo man mir sagte:
Weine, verzweifle!
O herrlicher Sieg meiner Lieb', meiner Treu,
O Sieg der Liebe:
Er ist gekommen!
Schüttle alle Zweige dieses Kirschbaums,
Ich will Blüten um mich.
All dieser Blüten duftender Regen
Kühle die Stirn mir.

SUZUKI
Herrin, beruhigt Euch, ihr weint ja!

BUTTERFLY
Nein. Sieh nur, ich lache!
Müssen wir noch lang seiner harren?
Was meinst du - ,ne Stunde?

SUZUKI
Wohl mehr.

BUTTERFLY
Vielleicht zwei Stunden.
Alles, alles sei voll von Blumen,
Sowie die Nacht
Von lichten Sternen.
Geh doch, geh!

SUZUKI
Alle Blumen?

BUTTERFLY
Was da blühet - alles, alles:
Pfirsich, Veilchen, Rosmarin,
Alles, was blüht
An Strauch und Bäumen rings umher.

SUZUKI
Winterlich kahl und trübe
Wird es ausschau'n allhier.

BUTTERFLY
Ja, denn der ganze Frühling, hold
Blüh' und dufte er hier!

SUZUKI
Winterlich kahl und trübe
Wird es ausschau'n allhier.
So nehmet, Herrin.

BUTTERFLY
Pflücke nur weiter.

SUZUKI
Wie oft sah'n Euch die Blumen
In Meeresferne spähn, Tränen im Auge,
Weil nie sein Schiff sich zeigen wollt!

BUTTERFLY
Nun ist er gekommen,
Nichts von der See mehr wünsch' ich.
Tränen gab ich dem Boden,
Gebe er Blumen mir.

SUZUKI
Das ist alles.

BUTTERFLY
Das ist alles?
Komm' und hilf mir.

SUZUKI
Rosen an der Türschwelle.

BUTTERFLY
Ja, denn den ganzen Frühling über
Hold blüh' und dufte es hier!

BUTTERFLY und SUZUKI
Sehen wir rings um uns April.

SUZUKI
Lilien?! Veilchen?!

BUTTERFLY
Streu sie allenthalben.
Hier sein Sessel
Sei mit Kränzen rings umwunden.

BUTTERFLY und SUZUKI
Mit vollen Händen streu'n wir
Veilchen und Tuberosen,
Geranien und Verbenen,
Alles, was wonnig blüht!

BUTTERFLY
Nun schmücke mir das Haar.
Nein! Erst bringe das Kind her.
Wär' ich wie damals!
Allzuviel Seufzer entsandte die Brust;
Mein Auge blickte wohl
Allzu starr in die Ferne!
Röt' mir die Wangen
Ein wenig mit dem Pinsel...
Und auch hier unserm Kleinen
Soll nicht sein Antlitz
Vom langen Wachen
Allzu blaß erscheinen.

SUZUKI
Nun haltet stille,
Sonst kann ich das Haar Euch nicht kämmen.

BUTTERFLY
Was sie nun sagen,
Die Herrn Verwandten...

Sah'n sie doch alle
Froh meinen Schaden!
Und Yamadori hat mich verloren!
Blamiert sind sie alle, blamieret,
Die mich so drangsalieret!

SUZUKI
Bin fertig.

BUTTERFLY
Das Gewand, das ich als Braut trug.
O, welch Erinnern!
Wenn er mich so,
wie damals, wiedersieht.
Eine rote Mohnblum' ins Haar.
Wonne wird's ihm sein, so recht.
In den Sho'si mach ich drei kleine Löcher,
Um durchzuspähn!
Wir warten stille, wie drei kleine Mäuschen,
Bis wir ihn sehn.
(Butterfly führt das Kind bis zum Shosi, in den sie drei
Löcher macht - eines oben für sich, ein anderes weiter
unten für Suzuki und ein drittes ganz unten für das
Kind, welches aufmerksam hinausblickt. Butterfly stellt
sich vor das oberste Loch und blickt regungslos, starr
wie eine Bildsäule, hindurch. Es ist Nacht, der Mond
scheint durch den Shosi. In der Ferne hört man
Stimmen.)


Summ-Chor

(Morgendämmerung. Butterfly, noch immer regungslos,
blickt hinaus; das Kind schläft auf seinem Kissen, auch
Suzuki schläft, in sich zusammengekauert. Stimmen
von Matrosen ertönen von dem Hafen unten.)


STIMMEN VON MATROSEN (von fern)
Oh eh! Oh eh! Oh eh!

SUZUKI
Schon Morgen!
Cho-cho-san.

BUTTERFLY
Er kommt - du wirst es sehn!

SUZUKI
So gehet nun hinauf und gönnt Euch Ruhe.
Sobald er kommt, weck' ich Euch auf.

BUTTERFLY
Schlummre, mein Liebling,
Sanft an meinem Herz.
Du bist beim Herrgott,
Und ich bei meinem Schmerz.
Bist hell umstrahlt
Von lautrem Gold,
Liebling mein, schlummre!

SUZUKI
Ach, arme Butterfly!

BUTTERFLY
Schlummre, mein Liebling,
Sanft an meinem Herz.

Du bist beim Herrgott,
Und ich bei meinem Schmerz.

SUZUKI
Ach, arme Butterfly!
Wer's sein mag?
Oh!
(Pinkerton und Sharpless kommen herauf.)

PINKERTON
Stille! Stille! Weck' sie nicht auf!

SUZUKI
Sie war wirklich todmüde!
Sie wartete auf Euch
Die ganze Nacht hindurch, mit dem Kinde.

PINKERTON
Doch wie erfuhr sie... ?

SUZUKI
Es läuft wohl seit drei Jahren
Kein Schiff in den Hafen ein,
Das Butterfly von weitem nicht
Auf Flagge und Herkunft prüfte.

SHARPLESS (zu Pinkerton)
Ich sagt' es Euch!

SUZUKI
Ich ruf' sie.

PINKERTON
Nein - noch nicht!

SUZUKI
Seht das Zimmer -
Sie wollt' gestern abend
Alles voll von Blumen.

SHARPLESS
Hatt' ich recht?

PINKERTON
O Pein!

SUZUKI
Wer ist da draußen im Garten?
Eine Dame!

PINKERTON
Stille!

SUZUKI
Wer ist's? Wer ist's?

SHARPLESS
Laßt sie alles erfahren.

SUZUKI
Wer ist's? Wer ist's?

PINKERTON
Sie begleitet mich...

SUZUKI
Wer ist's? Wer ist's?

SHARPLESS
Seine Gattin!

SUZUKI
Heilige Seele der Ahnen!
Für die Kleine
Verlosch der Tag!

SHARPLESS
Wir wählten ja die frühe Stunde,
Allein mit dir zu reden, Suzuki,
Und eine Stütze
An dir zu gewinnen,
In all dem Leid!

SUZUKI
Was hülf' ich? Was hülf' ich?

SHARPLESS
Ich weiß, für solch ein Leid
Fehlt der Trost, fehlt die Lind'rung.
Doch des Knäbleins Zukunft
Müssen wir zu sichern streben!

PINKERTON
Oh! Der bittre Duft
Dieser toten Blumen
Ziehet giftig mir ins Herz.
Rings umher ist noch alles wie
Dazumal.

SHARPLESS
Dies nicht waget,
Hereinzutreten,
Nimmt sich des Kindes
Voll Liebe an.

SUZUKI
Oh, ich Arme! Ihr verlanget,
Ich soll an eine Mutter...
Das Ansinnen stellen...

SHARPLESS
Wohlan denn, rede mit jener Guten
Und geleite sie her!
Wenn auch Butterfly sie säh!,
Was verschlüg' es?
Besser wär' es wohl gar, wenn ihr Anblick schon
Die Wahrheit ihr offenbarte...
Komm, Suzuki, hör!

PINKERTON
Doch weht ein Schauer hindurch.
Mein altes Bildnis!...
Drei Jahre sind vergangen,
Und von drei langen Jahren
Zählt sie alle Tage
Und jede Stunde!
Ich kann hier nicht verweilen;
Sharpless Ihr kommt wohl nach.

SHARPLESS
Sagt ich's nicht voraus?

PINKERTON
Bietet ihr was als hilfreiche Gabe;
Wie quält mich die Reue!

SHARPLESS
Ich sagt' es Euch schon damals,
Als sie die Hand Euch reichte:

Gebt acht, sie glaubt Euch im Ernste,
Und wahr hab' ich gesagt.
Taub für jede Warnung,
Harrte sie ihres Eh'gemahls;
Liebend verschloß ihr Herze
Der Wahrheit sich.

PINKERTON
Oh, wie ich mein Vergehen
Nun voll und ganz erkenne,
So fühl' ich auch schon
Die Qualen der Reue
Ewig lasten auf mir! Oh!

SHARPLESS
So gehet denn!
Die bitt're Wahrheit
Wird bald ihr offenbart.

PINKERTON
Leb' wohl, mein Blütenreich!
Teure Stätte, lebe wohl!
Ewig wird mir im Herzen leuchten,
Niemals verblassen ihr Bild.

SHARPLESS
Aber nunmehr ahnt schon
Dieses reine Herz... Ich sagt' es, usw.

PINKERTON
Mich faßt der Reue Qual,
Nennt mich feig - ich flieh' von hier!
Du ewig teure Stätte, leb' wohl!

SHARPLESS
Die bitt're Wahrheit wird ihr offenbart. (Pinkerton eilt
hinaus. Kate und Suzuki kommen vom Garten herein.)


KATE
Willst du's ihr sagen?

SUZUKI
Ich versprech's Euch.
KATE
Und willst du sie bewegen,
Mir zu vertrauen?

SUZUKI
Ich versprech's Euch.

KATE
Und ihr Kind sei das meine!

SUZUKI
Ich glaub' Euch, doch richtet's ein,
Daß ich ihr allein zur Seite...
In der schlimmen Stunde!
Ich nur! Sie wird weinen und jammern!

BUTTERFLY
Suzuki! Suzuki! Sag, wo bist du!
Suzuki! Suzuki! Sag, wo bist du!

SUZUKI
Bin hier -
Am Beten, bin hier und mache

Ordnung... nein-
hört doch - hört, ach, bleibet...

BUTTERFLY
Er ist hier, er ist hier...
Ist er verborgen?
Doch wo? Doch wo?
Der Herr Konsul...
Und wo denn? Wo nur?
Er ist nicht da!
Eine Dame? Was will denn die hier?
Niemand redet!
Weshalb dies Weinen?
Nein, ich will keine Antwort...
Stille!
Es könnt' mich zu Tode treffen im Augenblick.
Du, Suzuki, du treue und gute -
Ach, weine nicht -
Die du so an mir hängst:
Sag ja, oder nein, sag's leise:
Lebt er?

SUZUKI
Ja.

BUTTERFLY
Doch er kommt
Nicht mehr?
Du wirst wissen! Wespe! Antwort' mir auf der Stelle!

SUZUKI
Nie wieder!

BUTTERFLY
Er ist doch angekommen?

SUZUKI
Ja.

BUTTERFLY
Oh! Diese Dame!
Warum kommt sie zu mir?
Was sie wohl wünschet?

SHARPLESS
Sie ist die schuldlose Ursach'
All Eures Leides...
Ihr verstehet wohl...

BUTTERFLY
Ha! 's ist sein Weib!
Alles endet nun!
Für mich gibt es nichts mehr! Oh!

SHARPLESS
Faßt Mut!

BUTTERFLY
Nun kommt man und verlangt
Von mir mein Kind!

SHARPLESS
Bringet Ihr doch für sein Wohl dies schwere Opfer!

BUTTERFLY
Ach, arme Mutter, arme Mutter!
Verzichten . . .aufs eigene Kind!
Er ist der Herr!
Und ich muß mich fügen.

KATE
Ach, könnt Ihr mir vergeben, Butterfly?

BUTTERFLY
Unter dem Bogen des Himmels
Kann an Glück sich kein Weib
Euch vergleichen. Seid immer glücklich;
Tragt keine Sorge um mich!

KATE
Ach, die arme Kleine!

SHARPLESS
Es greift mir ans Herz!

KATE
Ob's Kind sie uns wohl läßt?

BUTTERFLY
Ihm selber kann ich es geben,
Wenn er's zu holen kommet.
Ich erwart' Euch
In einer halben Stunde.

SUZUKI
Wie dem gefang'nen Vöglein die Flügel,
Also schlägt das kleine Herz!

BUTTERFLY
Viel zu hell ist es hier,
Zu hell und zu viel Frühling...
Schließ doch.
Das Kind, wo mag's sein?

SUZUKI
Beim Spiele. Ich bring's Euch.

BUTTERFLY
Laß es nur beim Spiel,
Geh, leist' ihm Gesellschaft.

SUZUKI
Ich bleib' bei Euch.

BUTTERFLY
Geh, geh! Muß ich befehlen? (Suzuki verläßt weinend
den Raum. Butterfly zündet vor dem Reliquienschrein
ein Licht an und kniet nieder Dann nimmt sie den
Dolch und küßt ihn. Sie liest die Worte, die in die Klinge
geritzt sind.)

„Ehrenvoll sterbe, wer nicht länger mehr
Leben kann in Ehren."
(Sie setzt das Messer von der Seite an die Gurgel, da
öffnet sich die linke Tür und man sieht den Arm
Suzukis, der das Kind zu seiner Mutter hin ins Zimmer
schiebt. - Butterfly läßt das Messer fallen, stürzt ihrem
Kinde entgegen und umarmt und küßt es fast zum
Ersticken.)

Du? Du?
Du kleiner Herrgott!
Du Herrgott meines Lebens,
Schön wie Lilien und Rosen!
Sollst es nie erfahren:
Für dich,
Für deine reinen Augen
Stirbt Butterfly,
Daß übers Meer du kannst
Ins andre Land ziehn,
Ohne daß dich bekümmert,

Wie ich dich einst verlassen.
Der mir vom goldnen Throne
Des Himmels hergesendet,
Blicke mir fest ins Antlitz,
Ach, ins Antlitz deiner Mutter,
Daß noch eine Spur dir bleibe...
Sieh mich an!
Leb' wohl, mein Herze! Leb' wohl,
Mein einziges Lieb!
Geh, spielen...spielen...
(Sie nimmt das Kind, setzt es auf eine Matte, verbindet
ihm leicht die Augen. In die Hände gibt sie ihm ein
amerikanisches Fähnchen. Dann geht sie hinter die
spanische Wand. Man hört das Messer fallen. Butterfly
stürzt zu Boden. Halb streckt ihr Körper sich vor die
spanische Wand. Sie schleppt sich bis zu dem Kind,
umarmt es. Dann fällt sie neben es. In diesem
Augenblick ist von draußen die Stimme Pinkertons zu
hören.)


STIMME PINKERTONS
Butterfly! Butterfly! Butterfly!
(Auf den Ruf wankt Butterfly hinter dem Wandschirm
hervor und versucht, sich zur rechten Tür
hinzuschleppen, wie um sie zu öffnen. Sie schleppt sich
wirklich noch bis zur Türe, aber dann ist ihre letzte
Kraft zu Ende: sie fällt zu Boden und stirbt.)


ENDE
 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt

 Print-frendly

comments powered by HyperComments