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Un ballo in maschera” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
ERSTER AKT

Erste Szene

Ein Saal im Hause des Gouverneurs
(Im Hintergrund der Eingang zu seinen Gemächern. Es
ist früher Morgen. Deputierte, Stadtbewohner aller
Stände, Offiziere, Samuel und Tom mit ihren
Anhängern. Alle in Erwartung des Gouverneurs.)


OFFIZIERE, HÖFLINGE, DEPUTIERTE
Schlummre ruhig; es möge der Morgen
neuen Mut, neue Kraft dir verleihn;
für dein Walten und all deine Sorgen
wird das Land seine Liebe dir weihn!
Schlummre ruhig, usw.

SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER
Unsre Rache, sie folgt deinen Schritten,
täglich soll unser Haß sich erneu’n!
Was durch dich unsre Freunde gelitten,
nein, wir werden es nimmer verzeihn.

SAMUEL und TOM
Nein, nein!

OFFIZIERE, HÖFLINGE, DEPUTIERTE
Schlummre ruhig, usw.
(Oscar tritt ein.)


OSCAR
Der Gouverneur!

RICCARDO (tritt ein)
O meine Freunde, Soldaten!
(zu den Abgeordneten)
Ich harre eurer Bitten. Zu wachen
über euch bin ich hier, gerechte Wünsche
werde ich gerne erfüllen.
Tadel verdient die Macht,
wenn sie die Tränen
der Flehenden nicht rührt.
Stets sei sie bedacht, zum Glück euch zu führen.

OSCAR (zu Riccardo)
Leset hier die Gäste,
die zum Balle ich geladen.

RICCARDO
Du hast doch wohl keine
Schönheit hier vergessen?

OSCAR (überreicht ihm ein Blatt)
Da stehn die Namen.

RICCARDO (nach einem Blick darauf, für sich)
Amelia! Auch sie ist hier! Ha, auch sie! Wie bin ich
selig: sie, die Holde, soll mein Aug’ erblicken!
Ha, welche hohe Wonne
wird mir dies Fest gewähren!
Nun wird mir hold erklingen
der lang entbehrten Stimme süßer Ton!
Leuchtet, ihr goldnen Sterne,
mir bald aus blauer Ferne, ach!

Daß ich mir nah sie sehe,
sei meiner Sehnsucht einz’ger Lohn!

OFFIZIERE, HÖFLINGE und DEPUTIERTE
Der Großmut Hochgefühle
erfüllen seine Seele,
zum einz’gen Lebensziele
wird ihm des Landes Glück.

SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER
Wir bleiben fest in unserm Bunde,
doch nicht heut kann der Plan gelingen,
nicht günstig ist die Stunde,
drum ziehn wir uns zurück.

RICCARDO (zu Oscar)
Harr meines Winkes dort mit diesen Freunden.
(Alle ziehen sich zurück. Oscar begegnet Renato auf
der Schwelle.)


OSCAR (zu Renato)
Frei ist der Weg für Euch!

RENATO (zu sich)
Schmerz kündet sein Gesicht.

RICCARDO (zu sich)
Amelia!

RENATO
Durchlaucht...

RICCARDO (zu sich)
O Gott, es ist ihr Gatte.

RENATO
Betrübt scheint mein Gebieter, indes sein Name in
lautem Jubel rings widerhallet.

RICCARDO
Das mag Ruhm bedeuten, nimmer doch Glück!
Geheimer Kummer nagt mir am Herzen.

RENATO
Worüber?

RICCARDO
Nein, nein, nicht mehr!

RENATO
So nenn’ ich selber den Grund.

RICCARDO (zu sich)
O Himmel.

RENATO
Ich kenn’ ihn.

RICCARDO
Nein, nein!

RENATO
Ich kenn’ ihn. Verrat und Tücke lauern
selbst hier in diesen Mauern.

RICCARDO
Vollende!

RENATO
Von Euren schlimmsten Feinden seid Ihr hier rings
umgeben, bedroht ist Euer Leben!

RICCARDO (freudig)
Nur dies ist deine Sorge?
Sonst weißt du nichts?

RENATO
Wollt Ihr die Namen hören?

RICCARDO
Mitnichten! Ich verachte sie!

RENATO
Doch heischt es meine Pflicht.

RICCARDO
Schweige! Beflecken
müßt’ ich mich dann mit ihrem Blut!
Das meid’ ich, Renato! Des Volkes Liebe wird mich
beschirmen, es schütze mich der Himmel!

RENATO
Für dein Glück und für dein Leben;
von dem Glanze des Ruhmes umgeben,
steigt zu Himmels lichten Höhen
deines Volkes frommes Flehen.
Fielest du unterm Dolche deiner Feinde,
wehe dann dem Vaterland!
Wo du immer nur magst weilen,
ewig wachen deine Freunde,
um zu Hilfe dir zu eilen,
sich für dich dem Tod zu weihn!

O glaub, der Haß sucht seine Opfer,
will dich treffen mit blut’ger Hand.
Fielest du unterm Dolche deiner Feinde, usw.

OSCAR (tritt ein)
Der Erste Richter!

RICCARDO
Er komme.

OBERRICHTER
(überreicht dem Gouverneur einige Schriftstücke zur
Unterschrift.)
Durchlaucht!

RICCARDO
Was seh’ ich? Ein Weib wollt Ihr verbannen?
Weswegen?
Wie ist ihr Name? Was verbrach sie?

OBERRICHTER
Sie heißt Ulrica, ist dem
Negerstamme entsprossen.

OSCAR
In ihrer Hütte drängen sich täglich die Leute,
denn die Zukunft vermag sie zu verkünden.

OBERRICHTER
Nur zu schändlichen Taten
weiß sie zu raten, treibt im Dunkel der Höhle
nur Zauberei. Es strafet mit Verbannung
der Richter ihr Verbrechen!

RICCARDO (zu Oscar)
Nun, was sagst du?

OSCAR
Ich möchte für sie sprechen!
Mit starrem Angesicht
blickt sie nach oben,
man sieht im Dunkeln
ihr Auge funkeln.
Wenn sie den Frauen,
die ihr vertrauen,
Glück prophezeiet,
wird’s immer wahr!
Sie hält mit Luzifer,
ja, das ist klar!
Ach, sie hält mit Luzifer, usw.

RICCARDO
Ich muß gestehen,
ein schönes Paar!

OSCAR
Will man zu Schiffe gehn
nach fernen Zonen
oder den Kampf bestehn
bei den Kanonen,
sie weiß dem einen
sein Glück zu deuten;
sagt dann dem zweiten:
Dir droht Gefahr!
Sie hält mit Luzifer,
ja, das ist klar!
Ach, sie hält mit Luzifer, usw.

OBERRICHTER
Sie sei verbannt!

OSCAR (zu Riccardo)
Oh, laßt sie Gnade finden!

RICCARDO
Wohlan, laßt alle kommen!
(läßt die Abgegangenen wieder eintreten.)
Mein Plan wird euch bekannt.
Ihr Herren! Bei Ulrica
sehn wir uns heute wieder,
doch woll’n wir uns verkleiden;
ihr trefft mich dort.

RENATO
Auch Ihr! Auch Ihr?

RICCARDO
Der Scherz wird mir behagen.

RENATO
Bedenklich scheint die Sache!

RICCARDO
Warum sollt’ er’s nicht wagen?
Er wird sich dort zerstreun.

RENATO
Leicht kann an jenem Ort
Euch jemand sehen.

RICCARDO
Wie furchtsam!

SAMUEL und TOM (höhnisch lachend)
Der sucht mit klugem Rate
ihm warnend beizustehn!

RICCARDO (zu Oscar)
Und du, Oscar besorge mir
ein Fischerkleid.

SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER
Wer weiß,
ob dort nicht die Gelegenheit
zur Rache sich uns beut?

RICCARDO
Jeder Gram weiche heut dem Vergnügen,
Lust und Scherz soll den Kummer besiegen!
Ja, die Zauberin will ich befragen,
sie soll mir mein Geschick prophezein.

RENATO
Ob ihn dort auch Gefahren umgeben,
meine Treue beschützet sein Leben.
Nein, er kennt keine Furcht und kein Zagen,
darum will ich zur Seite ihm sein.

OSCAR
Ja, auch ich will die Zauberin fragen,
und sie möge mein Schicksal mir sagen!
Ob die Sterne sich günstig mir zeigen,
das verkündet ihr nächtlicher Schein.

RICCARDO
Jeder Gram weiche heut froher Lust.

RENATO
Darum will ich, darum will ich stets zur Seite ihm sein.

RICCARDO
Nun denn, wohlan, heut nachmittag, ihr Herrn,
erwart’ ich euch, incognito, im Verein
dort in dem Haus der Zauberin,
ihr tretet bei ihr ein.

ALLE
Wohlan, wir folgen gern;
incognito, im Verein
dort in dem Haus der Zauberin,
ihr tretet bei ihr ein.

RENATO
Ob ihn dort auch Gefahren umgeben, usw.

SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER
Doch wir andern gedenken der Rache,
bis die Stunde zum Handeln gekommen,
und vielleicht wird sie heute noch schlagen,
ihn dem sichern Verderben zu weihn!

RICCARDO
Jeder Gram weiche heut dem Vergnügen.
Lust und Scherz soll den Kummer besiegen.
Ja, die Zauberin will ich befragen.
Sie soll mir mein Geschick prophezein.

ALLE
Nach des Tages Müh und Last wollen
wir des heiteren Scherzes uns freun!
Nach des Tages, usw.

OSCAR
Mein Geschick, mein Geschick,
soll sie mir prophezein,
ja, mein Geschick, usw.

RENATO
Nein, er kennt keine Furcht und kein Zagen,
darum will ich zur Seite ihm sein.

SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER
Oh, vielleicht schlägt, usw.

RICCARDO
Um drei Uhr! Um drei Uhr!
Nun denn, wohlan, heut nachmittag, ihr Herrn,
erwart’ ich euch, incognito, im Verein
dort in dem Haus der Zauberin,
ihr tretet bei ihr ein.

ALLE
Um drei Uhr! Um drei Uhr!
Wohlan, wir alle folgen gern;
wir folgen gern unbekannt, incognito,
im Verein gehn wir zum Haus der Zauberin,
ihr tretet bei ihr ein.

Zweite Szene

Die Wohnung der Wahrsagerin.
(Über einem brennenden Feuer raucht der magische
Kessel auf einem Dreifuß. An einer Seite ist eine dunkle
Nische; eine Wendeltreppe führt zu einer Geheimtür;
der Haupteingang ist im Hintergrund. Hinten steht eine
Gruppe neugieriger Männer und Frauen. Ein junger
Mann und sein Mädchen wollen sich von Ulrica die
Zukunft deuten lassen.)


FRAUEN und KINDER
Stille! Man darf ihren Zauber nicht stören;
schon glaubt sie die Stimme des Geistes zu hören!

ULRICA
König des Abgrunds, zeige dich,
dich rufet meine Stimme,
doch schone meines Daches
in deinem wilden Grimme!
Schon dreimal seufzt die Eule
mit grausem Klageton,
und Salamander zischten laut
zum dritten Male schon,
und dreimal traf aus Grabesnacht
ein bang’ Gestöhn’ mein Ohr
(Riccardo, als Fischer gekleidet, dringt durch die Menge,
aber er hat noch niemand der Seinen gefunden.)

RICCARDO
Ich bin der erste.

BÜRGERINNEN
Was drängt sich der Rüpel? Zurück auf der Stelle!

ALLE
Seht, plötzlich schwindet des Tages Helle!

ULRICA
Er ist’s, er ist’s! Er nähert sich,
winket mit list’gen Blicken;
sein Flammenhauch durchschauert mich,
mich faßt ein wildes Entzücken!
Ich seh in seiner Linken
der Zukunft Fackel glühn.
O Freude, daß er erschienen
auf meinen Zauberruf.
Nichts, was die Zukunft andern verhüllet,
kann meinem Blicke sich entziehn.
DIE MENGE
Die Zauberin lebe!

ULRICA
O schweiget! - O schweiget!
(Silvano tritt ein, die Menge durchbrechend.)

SILVANO
Macht Platz, liebe Leute! Ich muß sie befragen.
Ich diene dem Grafen und bin sein Matrose;
oft mußt ich mein Leben im Kampf für ihn wagen,
ich sitze dem Glück fürwahr nicht im Schoße.
Seit Jahren schon hoff’ ich belohnet zu sein.

ULRICA
Du wünschest?

SILVANO
Zu wissen, ob unnütz mein Blut
ich vergossen.

RICCARDO (beiseite)
Der Bursch hat kein Blatt vor dem Munde.

ULRICA (zu Silvano)
Die Hand her!

SILVANO
Da ist sie.

ULRICA
Dein Herz mag sich freun!
Denn bald bist du reich und im Range erhöht.
(Riccardo zieht ein Blatt Papier aus seiner Tasche und
schreibt schnell etwas.)

SILVANO
Ihr scherzet!

ULRICA
Wirst sehen!

RICCARDO
(steckt Silvano unbemerkt das Blatt mit einer Geldrolle
in die Tasche)
Ihr Spruch werde wahr!

SILVANO
Welch herrlicher Spruch. reich belohnt soll er sein!
(Greift in die Tasche. Er zieht das Blatt Papier und die
Geldrolle hervor und liest.)
„Graf Riccardo seinem treuen Offiziere Silvano.“
Zum Henker ist’s Blendwerk? Die Rolle und Offizier?

CHOR
Es lebe Ulrica, die hohe Prophetin!
O preist ihre Weisheit und huldiget ihr!
(Man hört an der kleinen Tür klopfen.)

ALLES
Man klopft!

RICCARDO (zu sich)
Was seh ich? Amelias Diener!
Was mag der hier wollen?

DIENER
(leise zu Ulrica; Riccardo versteht was er sagt)
Vernehmet! Es harrt meine Herrin am heimlichen
Pförtchen, sie möcht einen Rat ganz geheim sich
erbitten von Euch.

RICCARDO (zu sich)
Amelia!

ULRICA
Sie komme! Die andern entfern’ ich.
(Diener geht ab.)

RICCARDO (zu sich)
Mich nicht!
(Riccardo verbirgt sich in der Nische)

ULRICA (zu den Anwesenden)
Eh ich euch meine Antwort kann sagen,
muß ich noch einmal den Dämon befragen.
Wohlan denn, entfernt euch und laßt mich allein!

ALLE
So kommt denn, entfernt euch und laßt sie allein!
(Amelia tritt ein)

ULRICA
Wie tief seid Ihr bewegt.

AMELIA
Geheimer Liebe Gram
lastet schwer auf mir

RICCARDO (beiseite)
Was hör’ ich!

ULRICA
Und Ihr verlanget?

AMELIA
Frieden! Bann aus meinem Herzen
den Mann, des meine Seele stets gedenket, ihn,
der mit starker Hand des Staates Schicksal lenket.

RICCARDO (zu sich)
Was hör’ ich! Oh, welch Entzücken!

ULRICA
Es gibt ein Mittel! Geheime Tropfen,
aus einem Zauberkraut gesogen,
die heilen Herzensweh. Wer es benötigt,
der muß es selbst mit eigner Hand zur
Geisterstunde pflücken an grauenvoller Stelle.

AMELIA
Und wo?

ULRICA
Ihr wolltet’s wagen?

AMELIA (entschlossen)
Ja, und wo’s auch sein mag!

ULRICA
Nun denn, so höret!
Dort, wo auf ödem Brachfeld
der Wall der Stadt sich endet,
dort, wo der Mond den bleichen Strahl
aufs Fluchgefilde sendet,
da kann das Kraut man sehen,
gleich wo die Pfähle stehen,
wo alle schwere Schuld gebüßt
im letzten Seufzerhauch!

AMELIA
Oh, welches Grauen!

ULRICA
Schon jetzt ergreift euch Schreck und banges Zagen?

RICCARDO (zu sich)
Ach, armes Herz!

ULRICA
Schon sinkt Eu’r Mut?

AMELIA
Ich schaudre!

ULRICA
Wollt Ihr’s wagen?

AMELIA
Ist Heilung dort zu finden,
soll auch mein Mut nicht schwinden.

ULRICA
Heut nacht?

AMELIA
Ja.

RICCARDO (zu sich)
Ein Schützer folgt
dir an jenen Ort.

AMELIA
Ach, laß mich nicht erliegen,
o Herr die Furcht besiegen.
O fände durch jene Zaubermacht
mein Herz sein voriges Glück!

ULRICA
O fasse Mut, es endet
deinen Schmerz der Zauber.
Er gibt durch seine Wunderkraft
die Ruhe dir zurück.

RICCARDO
Ich bleibe dir zur Seite.
Dich schützet mein Geleite,
Amelia! Und drohen dir Gefahren,
so teil ich dein Geschick!

STIMMEN (von außen)
Sei nicht so träge, Tochter der Hölle, öffne die Pforte
uns auf der Stelle!

ULRICA (zu Amelia)
Von hinnen!

AMELIA
Noch heute!
(ab durch die geheime Pforte)

RICCARDO (zu sich)
Ihr Schützer
will ich sein.

ULRICA
Auf, eilet.
(Ulrica öffnet den Haupteingang. Samuel, Tom mit
ihrem Anhang, Oscar, Kavaliere, Offiziere sind sämtlich
verkleidet. Riccardo mischt sich unter sie.)

CHOR
Weise Prophetin, sei nun bereit,
sag uns die Zukunft, gib uns Bescheid!

OSCAR
Wo ist der Graf?

RICCARDO (leise zu Oscar)
Schweig, denn die Zauberin darf mich nicht kennen.
(wendet sich schnell an Ulrica)
Weise Sibylle, laß mich nun hören,
ob die Planeten Glück mir bescheren.

CHOR
Auf, prophezeie! Auf, prophezeie!

RICCARDO
O sag, wenn ich fahr’
auf stürmischen Wogen,
ob mich nicht indessen
mein Liebchen betrogen?
Was harret mein nach der Fahrt auf dem Meere,
wenn froher Erwartung
zur Heimat ich kehre?
Das Segel in Fetzen,
den Sturm in der Seele
verfolg’ ich die Pfade,
die ich mir erwähle:
Des Himmels, der Hölle
lachet mein Mut! Laß, Alte, das Ende
der Reise mich wissen,
doch kann ich die See
für mein Leben nicht missen;
was Wellen und Stürme!
Ich lach’ ihrer Wut.

CHOR
Er mag seine Meere
fürs Leben nicht missen,
was Wellen und Sturm!
Er lacht ihrer Wut.

RICCARDO
Wie lieblich die Wogen
mein Schiff mir umkosen
und plötzlich mich heulende
Winde umtosen,
dann tönen zum Wetter
die heimischen Lieder,
die süßen Gesänge,
die sing’ ich dann wieder.

Die fröhlichen Klänge,
sie lassen mich wähnen,
als könnt’ in der Heimat
ihr Echo ertönen,
die schwindenden Kräfte
erneut der Gesang.
Nun, weise Sibylle, brich endlich dein Schweigen,
daß klar uns die künftigen Dinge sich zeigen.
O glaube, die Kunde
macht nimmer uns bang.

CHOR
O glaube, die Kunde
macht nimmer uns bang.

ULRICA
Glaub, du Prahler, der Spott deiner Worte
könnte bald sich in Schrecken verkehren;
wer der Seherin Ausspruch will hören,
meide Scherze, Verachtung und Hohn.
Frecher Spott muß die Geister empören,
er bereitet sich blutigen Lohn.

RICCARDO
Nun, zur Sache!

SAMUEL
Wer ist hier der erste?

OSCAR
Ich bin’s.

RICCARDO (reicht Ulrica die Hand.)
Laß mir diese Ehre!

OSCAR
Gerne, gerne!

ULRICA (die Hand betrachtend, feierlich)
Diese Hand hat im Kampfe gebieterisch
den Degen geschwungen.

OSCAR
So ist es die Wahrheit!

RICCARDO
O schweige!

ULRICA
Unglücksel’ger!
Geh, verlaß mich und frage nicht mehr!

RICCARDO
Nun, sprich weiter!

ULRICA
Nein! Lasse mich!

RICCARDO
Rede!

ULRICA
Oh, ich bitte -

CHOR (zu Ulrica)
Komm doch endlich zum Schluß!

RICCARDO
Ich befehl’ dir’s!

ULRICA
Wohlan - dein harrt der Tod!

RICCARDO
Auf dem Felde der Ehre, so freut mich’s.

ULRICA
Nein, von der Hand eines Freundes!

OSCAR
O Himmel!

CHOR
Welches Grau’n!

ULRICA
So ist’s oben bestimmt.

RICCARDO
Nur Scherze sind’s und Possen,
was ihrer Lipp’ entflossen;
des tollen Spruches lach’ ich nur,
die andern glauben dran.
Nur Scherze, usw.

ULRICA (zu Samuel und Tom)
Ihr findet es wohl glaublich,
was ich ihm jetzt verkündet,
ihr lacht nicht, denn ihr wisset wohl,
es ist kein leerer Wahn.

SAMUEL und TOM
Wie ihre Augen glühen
und Blitze auf mich sprühen! -

Ein Dämon aus der Unterwelt
verriet ihr unsern Plan!

OSCAR und CHOR
Soll so ein Leben enden?
und gar von Freundes Händen?
Wie der Gedanke mir das Herz
mit Angst und Schauder füllt.

RICCARDO
Bring deinen Spruch zu Ende,
sag mir, wer wird der Mörder sein?

ULRICA
Der erste, der heut zum Gruß die Hand dir reicht.

RICCARDO
Vortrefflich!
(Er bietet den Umstehenden die Hand; keiner wagt, sie
zu berühren.)
Wer will den weisen Spruch hier der offnen Lüge
zeihen? Nicht einer!
(Renato erscheint am Eingang. Riccardo eilt ihm
entgegen und drückt ihm die Hand.)
Da kommt er!

ALLE
Er ist es!

SAMUEL und TOM (zu sich)
Ich atme, der Zufall rettet uns!

ALLE
Wie falsch ist dein Orakel!

RICCARDO
Ja, die Hand, die jetzt ich drücke,
ist die des allertreusten Freundes!

RENATO
Riccardo!

ULRICA (den Grafen erkennend)
Der Graf ist’s!

RICCARDO (zu Ulrica)
Hat dein Dämon dir nicht entdecket
wer ich wohl sei; auch nicht, daß zur
Verbannung heut du verurteilt?

ULRICA
Ich?

RICCARDO (ihr eine Börse zuwerfend)
Sei ruhig, nimm dies hier!

ULRICA
Voll Großmut ist dein Herz!
Doch der Verräter ist dir nah, nicht bloß ein einziger.

SAMUEL und TOM (zu sich)
O Himmel.

RICCARDO
Genug!

CHOR (außerhalb)
Graf Riccardo lebe!

ALLE
Die Stimmen?

SILVANO
(erscheint auf der Schwelle, nach außen rufend zu den
Seeleuten und der Menge.)
Werfet mit mir euch alle ihm zu Füßen,
jubelnd erklinge unsrer Treue Lied.
Er ist’s! O eilet, eilet. Er ist’s!
Seht hier unsern Freund und unsern Vater!

CHOR
Dir, den wir hoch verehren,
dir, dem wir Treue schwören,
möge des ew’gen Herrschers Gunst
Heil dir, ja, Heil und Glück dir verleihn.

OSCAR
Die Herzen deiner Treuen,
die sich dir hebend weihen,
sie kann auf Erden nur allein
dein Ruhm, dein Glück erfreun.

RICCARDO
Soll ich des Spruches wegen
Argwohn im Busen hegen,
da tausend Herzen liebevoll
sich meinem Schutze weihn?

RENATO
Vorsichtig um sich schauen,
nie allzu blind vertrauen!
Oft schleichen mit der Treue Schein
Trug und Verrat sich ein, usw.

SAMUEL, TOM und IHRE ANHÄNGER (zu sich)
Sicher ist ihm das Leben,
hier von dem Volk umgeben;
doch soll er seines Glückes sich
nicht lange mehr erfreun, usw.

ULRICA
Er wollte mich nicht hören
und lachte meiner Lehren,
doch weh, ihm wird noch heute
der Tod beschieden sein! usw.

OSCAR
Ja, die Herzen deiner Treuen, usw.

RICCARDO
Ach, soll ich des Spruches wegen, usw.

 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt

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