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La traviata” by Giuseppe Verdi libretto (German)

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Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt
DRITTER AKT

VORSPIEL

Violettas Schlafzimmer.
Im Hintergrund ein Bett mit halb geschlossenen
Vorhängen; ein Fenster mit Innenläden: neben dem
Bett ein niedriger Tisch mit einer Wasserflasche, einem
Glas, verschiedener Medizin. Im Vordergrund ein
Toilettentisch, in der Nähe ein Sofa, ein weiterer Tisch
mit einem Nachtlicht, mehrere Stühle und andere
Dinge. Die Tür ist zur Linken, ihr gegenüber ein Kamin,
in dem ein niedriges Feuer brennt.

(Violetta liegt schlafend im Bett. Annina, die in einem
Stuhl am Kamin sitzt, ist eingenickt.)


VIOLETTA
Annina!

ANNINA
Was wünscht Ihr?

VIOLETTA
Hast du geschlummert, Ärmste?

ANNINA
Ja, vergebt mir.

VIOLETTA
Einen Tropfen Wasser.
(Annina gibt es ihr.)
Sag mir, wie spät ist es?

ANNINA
Sieben Uhr.

VIOLETTA
Laß ein wenig Licht herein.
(Annina öffnet die Läden und schaut auf die Straße
hinaus.)

ANNINA
Soeben kommt Doktor Grenvil.

VIOLETTA
O, er ist mir ein wahrer Freund.
Ich werde ihn empfangen.
(Sie erhebt sich, fällt zurück in die Kissen. Schließlich
erhebt sie sich gestützt von Annina und geht langsam
zum Sofa. Der Doktor tritt rechtzeitig ein, um ihr zu
helfen. Annina bringt Kissen und legt sie ihr in den
Rücken.)


VIOLETTA
Wie nett von Euch,
so früh an mich zu denken.

DOKTOR (fühlt ihren Puls)
Nun, wie fühlt Ihr Euch?

VIOLETTA
Mein Körper leidet,
doch mein Geist ist ruhig.
Gestern stärkte mich ein frommer Priester.
Ach, im Leiden ist Religion Labsal.

DOKTOR
Und diese Nacht?

VIOLETTA
Ich hatte einen ruhigen Schlaf.

DOKTOR
Faßt Mut, die Genesung
ist nicht mehr fern von Euch.

VIOLETTA
Ja, diese fromme Lüge
sei dem Arzte verziehen.

DOKTOR (Ihre Hand drückend)
Später komme ich wieder.

VIOLETTA
Wir seh'n uns niemals wieder!

ANNINA
(Leise, als sie den Doktor hinausbegleitet)
Wie geht es ihr, mein Herr?

DOKTOR
Sie hat nur wenige Stunden noch zu leben.

ANNINA
Faßt Euch ein Herz.

VIOLETTA
Ist heute ein Festtag?

ANNINA
Ganz Paris jubelt, 's ist Karneval.

VIOLETTA
O, unter diesem Jubel werden viele Leidende
bittere Tränen vergießen. Welch Summe
hast du noch in jenem Kästchen?
(zeigend)

ANNINA (Öffnet die Schublade und zählt das Geld)
Zwanzig Dukaten.

VIOLETTA
Zehn davon gib sogleich den Armen.

ANNINA
Nur wenig bleibt Euch noch -

VIOLETTA
O, für mich genügt es.
Dann frage bitte nach meinen Briefen.

ANNINA
Und Ihr?

VIOLETTA
Keine Sorge, beeil dich, wenn du kannst.
(Annina geht.)

VIOLETTA
(Zieht einen Brief hervor und liest.)
„Das Versprechen habt Ihr gehalten. Das Duell fand
statt: Der Baron ward verwundet, doch nicht
gefährlich. Alfredo ist auf fremdem Boden; von Eurem
Opfer hab' ich selbst ihm erzählt. Er kehrt zu Euch
zurück, um Vergebung zu erbitten. Ich werde ihm
folgen. Giorgio Germont."

Zu spät!
Vergebens warte ich, niemals seh' ich ihn wieder.
(Sie sieht sich im Spiegel an.)
O wie ich mich verändert habe,
aber der Doktor sprach mir Hoffnung zu.
Mein Leiden erstickt die Hoffnung im Tode.
Lebt wohl, ihr Gebilde, die einst mich umfangen,
verblüht sind die Rosen der Wangen.
O wär' nur der eine, wär Alfredo mir nahe,
daß Trost meine sterbende Seele empfange,
daß Trost sie empfange.
O gnädiger Himmel, sei du mit mir Armen,
und schenke dem Herzen Erbarmen.
Ach, alles, alles, alles schwand dahin!
KARNEVALSCHOR (von draußen)
Auf, gebet Raum dem gewaltigen Stiere,
dem wir die Hörner
bekränzet mit Reben.
Platz gebet unserm Herrn,
dem mächtigen Tiere!
Pauken und Pfeifen, laßt ihn willkommen heißen.
Es erschallen lustige Weisen,
den gekrönten Herrn zu preisen.
Auf jetzt und bringet
ihm festliche Gaben,
heut' muß allein sich um ihn alles drängen.
Lustige Masken, leichtfertige Knaben,
preiset ihn jubelnd
mit Spiel und Gesängen.
Es erschallen lustige Weisen,
den Gekrönten zu preisen.
Auf, gebet Raum dem gewaltigen Stiere,
dem wir die Hörner
bekränzet mit Reben.

(Annina kehrt hastig zurück.)

ANNINA (erregt)
Herrin!

VIOLETTA
Was ist geschehen?

ANNINA
Nicht wahr, Ihr fühlt Euch stärker?

VIOLETTA
Ja, warum?

ANNINA
Versprecht mir, gefaßt zu sein!

VIOLETTA
Ja, doch was willst du sagen?

ANNINA
Eine große Freude harret
auf Euch binnen kurzem.

VIOLETTA
Eine Freude! Rede!

ANNINA
Ja, Herrin -

VIOLETTA
Alfredo! Du sahst ihn?
Er kommt! O Freude!
(Annina nickt und geht die Tür öffnen.)
Alfredo!

(Alfredo tritt ein. Sie liegen sich in den Armen.)
Geliebter Alfredo! Welche Freude!

ALFREDO
Meine Violetta! welche Freude!
Wie schuldig bin ich, o Teure!

VIOLETTA
So bist du mir zurückgegeben.

ALFREDO
Fühlst du's im Herzen, wie ich liebe,
an deiner Seite nur kann ich noch leben.

VIOLETTA
Lebend hast du mich noch gefunden,
doch trag' ich den Keim des Todes in mir.

ALFREDO
Vergiß, o Engel, deine Leiden,
dem Vater verzeih und mir auch.

VIOLETTA
Was soll ich dir verzeihen?
Ich bin die Sünderin, die Verzeihung braucht.

ALFREDO, VIOLETTA
Nichts mehr auf Erden, mein teurer Engel,
soll mich jemals von dir trennen.

ALFREDO
O laß uns fliehen aus diesen Mauern.
O laß in schönere Auen uns ziehn.

Dort wird verschwinden dein Trauern,
und neues Leben wird dir erblühn!
Lichtstrahl und Odem wirst du mir sein,
uns ladet freundlich die Zukunft ein!

VIOLETTA
(wiederholt wie im Traum seine Worte)
O laß uns fliehen aus diesen Mauern,
o laß in schönere Auen uns ziehn.
Dort wird verschwinden dein Trauern,
und neues Leben wird mir erblühn!
Lichtstrahl und Odem wirst du mir sein, usw.

VIOLETTA
Und jetzt, mein Alfredo, gehn wir zur
heil'gen Stätte,
für deine Rückkehr Gott zu danken.
(Sie wankt.)

ALFREDO
Du erbleichst...

VIOLETTA
Du weißt, es ist nicht schlimm!
So große Freude hab' ich lange nicht empfunden,
sie muß mein leidend Herz erschüttern.
(Sie wirft sich erschöpft in einen Stuhl, ihr Kopf fällt
zurück.)

ALFREDO (stützt sie erschrocken)
Großer Gott! Violetta!

VIOLETTA (unter großer Anstrengung)
Es ist mein Leiden,
nur ein kleine Schwäche, bin wieder bei Kräften.
Siehst du, ich lächle.

ALFREDO
Grausames Schicksal!

VIOLETTA
Annina, reich mir das Kleid.

ALFREDO
Was willst du? Oh warte -

VIOLETTA
Nein, mit dir will ich gehen.
(Annina reicht ihr ein Kleid, das sie versucht
anzuziehen. Zu schwach dazu, ruft sie aus:)
Großer Gott, ich kann nicht!

ALFREDO
(Himmel, was seh' ich!)
(zu Annina)
Lauf zum Doktor.

VIOLETTA
Ach, sage ihm, daß Alfredo
meiner Liebe zurückgegeben ist.
Und sag ihm, daß ich leben werde.
(Annina ab. Dann zu Alfredo:)
Wenn auch du mich nicht retten kannst,
rettet mich auf der Welt niemand mehr.
Mein Gott, so bald soll sterben ich,
so jung von hinnen scheiden,
da ich dem Ziele so nahe mich
jetzt seh' nach so viel Leiden.
Der Hoffnung leeres Traumgebild'
hielt freudig mich umfangen,
mich fasset neues Bangen,
ach, mir vergehet all mein Mut.

ALFREDO
O deine Seufzer und Klagen
treffen mich mitten ins Herz!
Darf ich denn mit dir weilen
und kleinlich hier verzagen?
O fasse dich erhebe dich,
und laß den Mut nicht sinken;
ich seh' die Hoffnung winken,
verschließ' ihr nicht dein Herz.
Violetta, Gelibete, fasse dich,
und überwinde deinen Schmerz, fasse dich!

VIOLETTA
Alfredo! Mein schreckliches Ende naht
zerstöret unsre Liebe!
(Violetta sinkt aufs Sofa. Annina, Herr Germont und der
Doktor erscheinen.)


GERMONT
Ah, Violetta!

VIOLETTA
Ihr, mein Herr?

ALFREDO
Mein Vater!

VIOLETTA
Gedenkt Ihr meiner noch?

GERMONT
Was ich versprochen, halt ich,
als Tochter schließ ich dich ans Herz,
du edles Mädchen -

VIOLETTA
Weh, mir, Ihr kommt zu spät.
(Sie umarmt ihn.)
Doch ich bin Euch dankbar.
Dr. Grenvil seht, so sterb' ich,
umgeben von allen meinen Lieben.

GERMONT
Was sagt Ihr da!
(O Himmel, es ist wahr!)

ALFREDO
Siehst du sie, mein Vater?

GERMONT
Zerreiße mir nicht das Herz,
Reue foltert mir schon die Seele!
Wie ein Blitzstrahl zerschmettern mich die Worte,
O was hab' ich verbrochen,
jetzt erkenn' ich, was ich getan.

VIOLETTA
(Inzwischen hat sie unter großer Mühe ein Geheimfach
in ihrem Toilettentisch geöffnet. Sie nimmt ein
Medaillon heraus und gibt es Alfredo.)
Komm näher und höre,
mein geliebter Alfredo.

Teurer, nimm dieses Bild von mir
aus längst vergangenen Tagen;
wie ich es am Herzen getragen,
so sei das Bild Erinnerung dir.

ALFREDO
Du wirst nicht sterben, mein Engel,
neues Leben winkt dir schon,
es macht mein Herz erbeben,
denk ich an den nahen Tod.

GERMONT
Erhabenes Wesen, das sich
dem Opfertode geweiht,
und mir die Leiden gern verzeiht,
die ich ihrem Herzen zugefügt.

VIOLETTA
O weiht dir eine Jungfrau rein
des Herzens heiße Triebe,
laß sie dir Gattin sein;
versprich es, mir zuliebe!
Gib ihr dies Bild von mir,
tu meinen Wunsch ihr kund;
an Gottes Thron erfleh ich dann
Segen für Euren Bund!

GERMONT
Solang mein Auge Tränen weint,
so fließen sie für dich.
Mit Engeln bist du bald vereint,
Gott rufet dich zu sich.

ALFREDO
Es ist der Tod nicht, nein,
er ruft dich jetzt noch nicht!
O lebe, oder eine Gruft
deckt mich mit dir zugleich.

VIOLETTA (erhebt sich wie mit neuen Kräften.)
Wie seltsam!
Die Schmerzenswut, die mich durchwühlt, läßt nach
in mir,
das Leben kehrt wieder, erfüllt mich mit wunderbarer
Kraft!
Ja, gewiß, ich werde leben!
O Wonne!
(Sie fällt besinnungslos zurück.)

ENDE
 
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