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Carmen” by Georges Bizet libretto (German)

 Print-frendly
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt
Der Abdruck des deutschen Librettos erfolgt mit der
freundlichen Genehmigung des Bärenreiter-Verlages, Kassel.


ZWEITER AKT

In der Schenke bei Lillas Pastia
(Carmen, Mercédès, Frasquita, Leutnant Zuniga
und Moralès. Das Mahl ist beendet, und der Tisch
ist in Unordnung. Die Offiziere und
Zigeunermädchen rauchen. In einer Ecke des
Raumes klimpern zwei Zigeunermädchen auf der
Gitarre. Carmen sitzt und sieht ihnen beim Tanzen
zu. Ein Offizier spricht leise zu ihr, aber sie hört
ihm überhaupt nicht zu. Plötzlich steht sie auf und
beginnt zu singen.)


Nr. 11 Zigeunerlied

CARMEN
Was ist Zigeuners höchste Lust?
Wenn heimatliche Töne klingen,
Erinnerung mit leisen Schwingen
ein süß Gefühl weckt in der Brust.
Hört ihr der Tamburinen Klang?
Das Rauschen der Gitarresaiten,
wie lustig sie den Tanz begleiten;
dazu ertönt Zigeunersang.
Tra la la la la.
((Während des Refrains tanzen die
Zigeunermädchen. Mercédès und Frasquita singen
zusammen mit Carmen das
Tralalalala.)
Wie leuchten auf der Haut so braun
die Ringe und das Goldgeschmeide;
wie herrlich ist im bunten Kleide
das Zigeunermädchen anzuschaun.
Der Tanz wird vom Gesang belebt,

erst schüchtern, unentschlossen, leise,
dann immer mehr im Wirbelkreise
das Blut sich brausend in den Adern hebt.
Tra la la la la.
Zigeuner hält mit starkem Arm
den Leib der Tänzerin umfangen.
Wie glühen Augen ihr und Wangen,
ihm wird ums Herz so wohl und warm.
Wie hebet freudig sich der Sinn,
dem Klang der Instrumente lauschend,
im Gedränge sich wild berauschend,
der Zigeuner fliegt im Tanz dahin.
Tralalalala.

Rezitativ

FRASQUITA
Ihr Herren, Pastia sagt -

ZUNIGA
Was will er denn von uns, der gute Pastia?

FRASQUITA
Er sagt, der Herr Corregidor will,
daß die Schenke man schließe.

ZUNIGA
Nun denn, so gehen wir.
Ihr aber geht doch mit?

FRASQUITA
Nicht doch, wir bleiben hier!

ZUNIGA
Und du, Carmen, du folgst mir doch?

Du Schelmin, gesteh es nur ein,
daß du mir zürnst!

CARMEN
Ich Euch zürnen? Warum?

ZUNIGA
Der Soldat,
den für dich man damals eingesperrt!

CARMEN
Ach, was ist aus dem Armen geworden?

ZUNIGA
Heut verließ er die Haft.

CARMEN
Er ist frei! O wie schön!
Gut Nacht, ihr lieben, süßen Herrn.

CARMEN, FRASQUITA, MERCÉDÈS
Gut Nacht, ihr lieben, süßen Herrn!

Nr. l2 Chor

CHOR (draußen)
Hoch, ein Hoch dem Torero!
Es leb', es leb' Escamillo!

ZUNIGA
Seht, mit Fackeln man begleitet her
den Sieger des Zirkus von Granada!
(Escamillo erscheint.)
Er soll hier mit uns trinken

auf seinen letzten Sieg, und auf die Zukunft auch!

CHOR
Ein Hoch dem Torero! Es leb Escamillo!
Ja, bringt ihm ein Hoch!

Nr. l3 Torerolied

ESCAMILLO
Euren Toast kann ich wohl erwidern,
mit Euch, ihr Herrn, sind wir ja nah verwandt,
und der Torero reicht seinen Brüdern,
eilt er wie sie zum Kampf, die fröhliche Hand.
Sahet ihr wohl schon am heilgen Feste
den weiten Zirkus von Menschen voll?
Bis hoch hinauf sitzen die Gäste,
lärmen und schrein, ein Getöse ist es wie toll.
Mancher zittert, und mancher schweiget,
mancher blickt hinab mit wilder Wut,
's ist der Tag, wo sich der Tapfre zeiget,
und erprobt den wahren Mut.
Drum rasch voran, mit Mut voran! Ach! -
Auf in den Kampf, Torero!
Stolz in der Brust, siegesbewußt, wenn auch
Gefahren dräun, sei wohl bedacht, daß ein Aug
dich bewacht und süße Liebe lacht.
Sei wohl bedacht, daß süße Lieb' dir lacht.

ALLE
Auf in den Kampf, usw.
(Carmen füllt Escamillos Glas nach.)

ESCAMILLO
Plötzlich wie im Zauberkreise

ein bang Entsetzen sich in den Zügen malt,
's herrscht Totenstille rings in dem Kreise,
durch den Zwinger bricht
heraus der Stier mit Allgewalt.
Er stürzt vor, treibt in die Enge
ein stolzes Roß, es fällt, es begräbt den Picador.
„Ah, bravo, Toro!", heulet die Menge.
Wütend rennt der Stier im Kreis umher,
Kopf hoch empor.
Die wuchtigen Hörner, wild er senket,
es fließet rings das Blut, er brüllet fürchterlich.
Alles flieht, an den Pforten rüttelt -
da tret auf den Kampfplatz ich
mit Mut voran, mit Mut voran!
Ach! Auf in den Kampf, Torero!
Stolz in der Brust, usw.

ALLE
Auf in den Kampf, usw.

Rezitativ

(Alle trinken und schütteln dem Matador die Hand.
Die Offiziere machen sich zum Aufbruch fertig.
Escamillo ist an Carmens Seite.)


ESCAMILLO
Du Schöne, o sprich,
sag deinen Namen mir,
bei meinem nächsten Siege
will laut ich ihn nennen!

CARMEN
Carmen, Carmencita, mein Herr,
Euch zu dienen!

ESCAMILLO
Sag, wenn ich dich liebte, hätt ich Hoffnung?

CARMEN
Je nun, beim Warten ist nichts zu verlieren!

ESCAMILLO
Die Antwort ist wohl nicht sehr zärtlich,
doch ich lasse die Hoffnung nicht schwinden und warte.

CARMEN
Ich kann's Euch nicht verbieten, auch ist Hoffnung so süß.

ZUNIGA
Da du mir nicht folgst, holdes Kind, so komm ich wieder!

CARMEN
Wagt das nicht, rat ich Euch!

ZUNIGA
Bah! Ich komme doch!
(Zuniga und Escamillo gehen ab. Le Dancaïre und
Le Remendado treten auf.)


Rezitativ

FRASQUITA
Kommt herein, sagt, was gibt's Neues?

LE DANCAÏRE
's ist nicht so schlecht, was ich berichte.
Heut nacht noch sollen wir Waren schaffen
zur Stadt,
jedoch dazu brauchen wir Euch!

FRASQUITA, MERCÉDÈS, CARMEN
Ihr brauchet uns?

LE DANCAÏRE
Ihr müßt die Zöllner halten uns fern.

Nr. 14 Quintett

Ich hab ein Geschäft vorzuschlagen.

FRASQUITA und MERCÉDÈS
Ist's auch was Gutes, saget mir?

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Wunderbar und wird uns was tragen,
jedoch dabei sein müssen wir!

DIE FÜNF
Wie, wir?
Ja, ihr!

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Ja ihr! im Ernst, dabei sein müsset ihr!
Denn wir gestehn es in Demut ein,
wir sind dafür viel zu schwach allein;
ja, wir gestehn's in Demut ein.
Wo es sich dreht um Schurkerei,
Spitzbüberei und Prellerei, hat man gewonnen
sicher viel, ist so ein Weib mit in dem Spiel.
Wo das fehlt, der Mann sich nur quält
und bringt nichts von der Hand zustand!

FRASQUITA, MERCÉDÈS und CARMEN
Wo das fehlt, der Mann sich nur quält
und bringt nichts von der Hand zustand!

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Gesteht es ein, es muß so sein.

FRASQUITA, MERCÉDÈS und CARMEN
Wir sehn es ein,
es mag
so sein!

QUINTETT
Wo es sich dreht um Schurkerei, usw.

LE DANCAÏRE
Nun abgemacht, ihr seid dabei?

FRASQUITA und MERCÉDÈS
Nun denn, es sei!

LE DANCAÏRE
Doch allsogleich!

CARMEN
Ach, nur ein Wort, nur ein Wort!
Wenn ihr beide so wollt, geht fort.
Ich wünsch euch viel Glück auf die Reise;
doch ich bleib da, geht ohne mich!

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Carmen, wir bitten, komm mit uns!

CARMEN
Ich bleibe da, geht ohne mich.

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Hast du's bedacht?
Auf diese Weise läßt du uns im Stich!

FRASQUITA und MERCÉDÈS
Ach Carmen, komm mit uns!

CARMEN
Ich bleibe da, usw.

LE DANCAÏRE
Doch den Grund sage uns, Carmen,
den Grund, so sprich!

QUARTETT
Sag den Grund!

CARMEN
Ich will es ehrlich eingestehn!

QUARTETT
So sprich! Was ist's?

CARMEN
Warum ich nicht mit euch will gehen?

QUARTETT
Nun denn?

CARMEN
Weil ich so verliebt bin!

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Was sagst du da?

FRASQUITA und MERCÉDÈS
Sie spricht von Liebe!

QUARTETT
Sie ist verliebt!

CARMEN
Ja, ich liebe!

LE DANCAÏRE
Ach, geh! Carmen, wer da ernsthaft bliebe!

CARMEN
Bin verliebt mit rasender Glut.

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Ei! wunderbar, ich muß gestehn,
's ist drollig, wenn so Carmen spricht;
und ist ja öfters schon geschehen,
daß du vergessen Liebe wie Pflicht.

CARMEN
Ihr Freunde! ehrlich will ich's sagen,
ich geh mit euch heut abend nicht.
Ihr müßt darob euch nicht beklagen;
es gilt die Liebe mir mehr als die Pflicht.

LE DANCAÏRE
Das ist doch nicht dein letztes Wort?

CARMEN
Ei, ganz gewiß.

LE REMENDADO
Nur fort! Auf deine Freunde nimm Bedacht.

QUARTETT
O komm mit uns, Carmen, in dieser Nacht.

Auf dich wir zählen,
du darfst nicht fehlen,
wir sagen's frei.

CARMEN
Ich weiß es wohl und stimm euch völlig bei.

QUINTETT (Reprise)
Wo es sich dreht um Schurkerei, usw.

Rezitativ

LE DANCAÏRE
Sag, wen erwartest du?

CARMEN
Den Soldaten, von dem ich euch schon erzählt,
der sich, um mich zu retten,
selber einsperren ließ.

LE REMENDADO
Ha! Ha! der Spaß war gut!

LE DANCAÏRE
Wer weiß, ob der sich's
nicht überlegt, herzukommen;
bist du auch sicher, daß er kommt?

Nr. 15 Lied

JOSÉ (in weiter Ferne)
He, holla!
Halt! wer da!
Mann von Alcala!

CARMEN
Hört ihr ihn? Er ist da!

JOSÉ
Wo willst hinaus, du da?
Mann von Alcala?

CARMEN
So geh! Hinweg!

JOSÉ
Meinem Feind entgegen,
mit dem blanken Degen
in den Staub ihn legen.
Ist's so, in der Tat?
Dann passiert, Soldat!
Wo's die Ehre gilt,
wo ein holdes Frauenbild,
sind wir alle da,
wir von Alcala!

FRASQUITA
Er ist ein Dragoner.

MERCÉDÈS
Und wie hübsch er ist!

LE DANCAÏRE
Ha, das wär für uns ein wackrer Kamerad!

LE REMENDADO
Such ihn zu gewinnen!

CARMEN
Niemals folgt er uns!

LE DANCAÏRE
Den Versuch mache doch!

CARMEN
Sei's! Ich will's versuchen!
(Le Remendado geht hinaus. Ihm folgt Le Dancaïre
mit den Mädchen.)


JOSÉ (der Klang seiner Stimme ist viel näher)
He, Holla!
Halt! wer da?
Mann von Alcala!
Wo willst hinaus du da?
Mann von Alcala?
Treu im Tod und Leben
mit dem Liebchen eben,
dem ich mich ergeben.
Ist's so in der Tat?
Dann passiert, Soldat!
Wo's die Ehre gilt,
wo ein holdes Frauenbild,
sind wir alle da,
wir von Alcala!
(Don José tritt auf.)

Rezitativ

CARMEN
Bist du endlich da?

JOSÉ
Carmen!

CARMEN
Du kommst aus deiner Haft?

JOSÉ
Zwei Monate saß ich fest!

CARMEN
Du beklagst dich?

JOSÉ
Keineswegs!
Zu leiden galt's für dich!
Viel mehr noch würd ich dulden!

CARMEN
So liebst du mich?

JOSÉ
Ob ich dich liebe?

CARMEN
Hier waren heut Offiziere als Gäste,
es wurde auch getanzt!

JOSÉ
Du hast getanzt!

CARMEN
Ich will wetten, dich quälet Eifersucht!

JOSÉ
Gewiß! Liebt' ich dich sonst?

Nr. l6 Duett

CARMEN
Nur sacht, mein Freund, nur sacht!
Tanzen will ich zu eurer Ehr,
und ihr sollt sehn, mein Herr,
mich selber zu begleiten bin ich imstande.
Setzet euch, Don José! Carmen tanzet!
(Sie bringt ihn dazu, sich in einer Ecke hinzusetzen,
und fängt an zu tanzen. Sie summt und begleitet
sich mit ihren Castagnetten. José ist entzückt.
In der Ferne hört man, wie Trompeten zum Rückzug
blasen. José lauscht. Er kommt zu Carmen herüber
und bittet sie aufzuhören.)


JOSÉ
O halte ein, Carmen! einen Moment, mein Leben!

CARMEN
Und warum? Sprich was gibt's?

JOSÉ
Hörst du nicht? Das ist -
ja, es sind die Trompeten,
die das Zeichen geben,
zur Heimkehr naht die Frist.

CARMEN
Bravo! bravo! will's nicht behagen

dem Herrn, zu tanzen
nach der Castagnetten Schlägen,
ha, ha, so schickt zum Glück der Himmel
selbst die Musik.
(Sie nimmt ihr Lied wieder auf. Der Klang der
Trompeten kommt näher, zieht unter den Fenstern
der Herberge vorbei und verliert sich dann in der Ferne.)


JOSÉ
Nein, Carmen, du verstehst mich nicht,
es ist das Zeichen -
ich muß nun fort, nach Hause, ins Quartier,
zum Appell.

CARMEN
Ins Quartier? Zum Appell?
Ha! wie töricht ohnegleichen.
War doch mein gutes Herz,
mit Lachen und mit Scherz,
in voller Lust bereit
zu kürzen ihm die Zeit.
Ich sang! Ich tanzte!
Ich glaube, Gott bewahre,
ich verliebte mich beinahe!
Taratata!
Aber das Hornsignal ruft!
Taratata!
Springt er schnell in die Höh
und will fort - Nun so geh!
(wirft wütend seine Uniformmütze auf ihn)
Da nimm deinen Helm, den Säbel,
das Gehänge -

Nun, mein Junge, so geh, so geh!
In deine Kaserne!

JOSÉ
O Carmen, spotte nicht! Wie unrecht tust du mir.
Mir bricht das Herz entzwei, soll ich von dannen ziehen!
Noch hat kein Weib vor dir
erfüllt die Seele mir mit solchem heißen Glühen.

CARMEN
„Taratata! da ruft es zum Appelle!
Taratata! Ich komme noch zu spät!"
Ach, mein Kopf ist verdreht, hinweg! nur schnelle!
Ist das deine Liebe zu mir?

JOSÉ
Du zweifelst noch an meiner Lieb zu dir?

CARMEN
Laß mich!

JOSÉ
Wohlan! so hör mich an!

CARMEN
Nein, nein, ich will nichts hören!

JOSÉ
Carmen, hör mich an!

CARMEN
Geh nur, man wartet deiner!

JOSÉ
Carmen, hör' mich an!

CARMEN
Nein, nein, nein, nein!

JOSÉ
Ja, hör mich an!
Ja, ich will es so!
höre mich an!
(Er greift in seine Jacke und zieht die Kassienblüte,
die ihm Carmen im Ersten Akt zugeworfen hatte,
hervor.)

Hier an dem Herzen treu geborgen,
die Blume, sieh, von jenem Morgen,
entblättert, welk in Kerkerluft,
behielt sie noch den süßen Duft.
Ach, wie bange sind die düstern Stunden
dem geschlossnen Aug hinweggeschwunden!
Vom Duft berauschet, lag ich da -
in dunkler Nacht dein Bild ich sah.
Ich fluchte dir in wildem Grimme
und grollend sprach hier eine Stimme:
Warum doch fügt es das Geschick,
daß du erschienst vor meinem Blick?
Dann die bittre Lästrung beklagend,
dann bald hoffnungsvoll, bald verzagend,
durchbebt mein Herz der stille Schmerz.
Ich bat zu Gott mit heißem Flehn:
Ach, teures Mädchen, dich wiederzusehn.
Da standest du vor meinen Blicken,
klar fühlte ich, es war um mich getan,
du meine Wonne, mein Entzücken!
Dein ist mein Herz,
und ewig dir gehör ich an!
Carmen, ich liebe dich!

CARMEN
Nein, du liebst mich nicht!

JOSÉ
Ha, was sagst du?

CARMEN
Nein, du liebst mich nicht, nein, nein!
Denn von Lieb gerührt,
hättst längst
du mich hinweggeführt.

JOSÉ
Carmen!

CARMEN
Ja!...
dort in der Felsen wilde Klüfte
würdest du fliehen jetzt mit mir!
Auf einem Pferde flögst du schier
hin wie ein Sturmwind, brausend durch die Lüfte;
auf dem Sattel die Braut vor dir.
Dort gibt es in der Berge Ferne...

JOSÉ
Ach Carmen!

CARMEN
Heimlichen Aufenthalt für dich.
Du folgtest gerne, liebtest du mich!
Es hausen dort nur deinesgleichen,
kein Offizier, dem blindlings gehorchen du mußt,

dort tönt zum Appelle kein Zeichen,
das den Geliebten
reißt von der liebenden Brust!
Offen die Welt, nicht Sorgen drücken,
unbegrenzt dein Vaterland.
Nur dein Wille gilt als höchste Macht
und voran das seligste Entzücken, die Freiheit lacht!
ja, die Freiheit lacht!

JOSÉ
O Gott!

CARMEN
Dort in der Felsen wilde Klüfte, usw.

JOSÉ
Ha, schweige!

CARMEN
Komm, laß uns eilen fort von hier!
Heimlichen Aufenthalt für dich.
Du folgtest gerne, liebtest du mich!
ja, Lieb zu mir!

JOSÉ
Carmen, schweig, weh mir.
Nein, ich will nichts hören! o schweig!
Die Fahne verlassen, schnöde, feig?
Welche Schande! entehrt mich sehen,
nein, nimmermehr!

CARMEN
Nun wohl! geh!

JOSÉ
Ach Carmen, hör mein Flehen!

CARMEN
Nein, ich lieb dich nicht mehr!

JOSÉ
Höre mich!

CARMEN
Geh, ich hasse dich!
Du siehst mich nimmermehr!

JOSÉ
Wohlan, auf ewig lebe wohl!

CARMEN
So geh, hinweg!

JOSÉ
Carmen, auf ewig lebe wohl!

CARMEN
So geh! Hinweg!
(Don José eilt zur Tür; aber gerade als er sie
erreicht, klopft jemand.)


Nr. 17 Finale

ZUNIGA (draußen)
Holla! Carmen! holla, holla!

JOSÉ
Wer klopft? Wer ist da?

CARMEN
O schweig, o schweig!

ZUNIGA (bricht mit Gewalt die Tür auf)
Ich öffne selber und komme!
(sieht Don José - zu Carmen)
Ach, seht, da ist die Schöne!
Mit ihm find ich dich hier, 's macht wenig Ehre dir;
zu nehmen den Soldaten, wenn dir winkt der Offizier!
(zu Don José)
Du geh, entferne dich!

JOSÉ
Nein!

ZUNIGA
Du gehst im Augenblick!

JOSÉ
Ich weiche nicht zurück.

ZUNIGA (schlägt ihn)
Unverschämter!

JOSÉ (zieht seinen Degen)
Zum Teufel! es ist um euch getan!

CARMEN (wirft sich zwischen die beiden)
Halt ein, rühr ihn nicht an!
(ruft)
Zu mir! Zu mir!
(Zigeuner erscheinen von allen Seiten. Carmen
zeigt auf Zuniga. Le Dancaïre und Le Remendado
stürzen sich auf ihn und entwaffnen ihn.)


CARMEN
Mein Offizier; mein Offizier! es spielt die Liebe
euch fürwahr da einen schlechten Streich.
Denn, seht, ihr kommet heut zu ungelegner Zeit;
und leider sind gezwungen wir; soll nicht Verrat uns
drohen hier, ein Stündchen euch der Freiheit zu berauben.

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Mein lieber Herr, wir bitten sehr,
verlassen müssen wir dies Haus,
ihr wollt erlauben. Ihr geht doch mit sogleich,
wenn wir ersuchen euch?

CARMEN
Die Abendluft genießet.

LE DANCAÏRE und LE REMENDADO
Ihr willigt ein?

ALLE ZIGEUNER
Nun sprecht, was ihr beschließet?

ZUNIGA
Ei, ganz gewiß, um so mehr
als ihr höflich seid!
Und so gewichtgen Gründen widersteht man schwer.
Doch hütet euch, treff ich euch in spätrer Zeit.

LE DANCAÏRE
Du mein Gott! 's ist so Kriegsbrauch.
Doch, unterdess, mein Offizier!
Ist's euch gefällig, gehen wir!

LE REMENDADO und ZIGEUNER
Ist's euch gefällig, gehen wir!

(Der Offizier wird von vier, mit Pistolen bewaffneten
Zigeunern abgeführt.)


CARMEN (zu Don José)
Nun, bist du uns ganz zugewandt?

JOSÉ
Ja, weil ich muß!

CARMEN
Ach, das klingt nicht sehr galant.
Doch was liegt daran? Ganz unser du bist,
wenn du erst siehst:
offen die Welt, nicht Sorgen drücken,
unbegrenzt dein Vaterland.
Nur dein Wille gilt als die höchste Macht,
und voran: das seligste Entzücken,
die Freiheit lacht, die Freiheit lacht!

ALLE (zu Don José)
O folg uns in felsige Klüfte,
wilder, doch rein wehn dort die Lüfte.
Entschließ dich, mit uns zu gehen,
und du wirst sehn, du wirst mit Staunen sehn:
offen die Welt, nicht Sorgen drücken;
unbegrenzt dein Vaterland!
Nur dein Wille gilt als höchste Macht,
und voran: das seligste Entzücken,
die Freiheit lacht!
Dort keine Sorgen dich mehr drücken,
offen sich zeigt des Himmels Pracht,
unbegrenzt dein Vaterland.
Und voran: das seligste Entzücken,
die Freiheit lacht, die Freiheit lacht!

Zwischenspiel

 
Contents: Personen; Erster Akt; Zweiter Akt; Dritter Akt; Vierter Akt

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